"Das ist ein klarer Fall von Diskriminierung", schimpft der Kreisbehindertenbeauftragte Michael Schumacher. Dass bei der Sanierung des denkmalgeschützten Kaffee Worpswede nicht an ein Behinderten-WC gedacht worden sei, ist nach seinen Worten ein vorsätzlicher Verstoß gegen die auch von Deutschland ratifizierte UN-Konvention aus dem Jahr 2009, wonach behinderte Menschen selbstverständlichen Anspruch auf Teilhabe besitzen. Besonders ärgert sich Schumacher über den Rechtfertigungsversuch der Kreis-Kulturstiftung Osterholz, wonach es einen "unverhältnismäßigen Eingriff in die Bausubstanz" bedeutet hätte, eine Rollstuhltoilette vorzusehen. So hatte es die Stiftungsgeschäftsführung erklärt, nachdem auch der Worpsweder Gemeindeseniorenbeirat das Fehlen einer barrierefreien Sanitäranlage moniert hatte.
Die Folge: Behinderte Menschen müssen, wenn sie mal müssen, das Gebäude verlassen und auf die Kunstschau im Roselius-Gebäude ausweichen – oder aber das nach Sperrung wieder funktionstüchtige Toilettenhäuschen an der Bergstraße nutzen, das allerdings ziemlich schmale Türen und enge Radien aufweist, die nicht der DIN-Norm 18040-1 entsprechen. "Damit erhalten Menschen, die einen Rollstuhl oder Rollator benötigen, keinen Zugang zum sozialen und kulturellen Leben", folgert Schumacher mit Blick auf das Kaffee Worpswede. Er betont, in Sachen Zugänglichkeit der Infrastruktur sei aus seiner Sicht jeder Aufwand gerechtfertigt, denn: "Gleichberechtigung bemisst sich nicht nach Aufwand."
"Landkreis hätte Vorbildfunktion"
Besonders enttäuschend sei, dass der Landkreis als Immobilieneigentümer den Behindertenvertreter in keiner Weise an der Bauplanung beteiligt habe, denn dann wäre das Problem sicher aufgefallen. Der Landkreis Osterholz sollte seiner Vorbildfunktion gerecht werden – und er hätte reagieren können, hat Schumacher auf der jüngsten Sitzung des Behindertenbeirats erklärt: "Wer Inklusion sucht, findet Wege; wer sie nicht sucht, findet Ausreden." Den Vorwurf, eine Chance vertan zu haben, müssten sich Kulturstiftung und Kreisbehörde nunmehr gefallen lassen.
Mit dem Vorsitzenden des Kreisseniorenbeirats ist sich der Sprecher des Kreisbehindertenbeirats außerdem darin einig, dass es generell ratsam wäre, Beiratsvertreter als feste Mitglieder in allen Kreistagsgremien hinzuzuziehen. "Die Kreisverwaltung sieht dafür bisher aber keine Notwendigkeit." Auf Kreisebene sitzt somit weiterhin nur im Sport- und im Sozialausschuss ein Mitglied des Behindertenbeirats jeweils ohne Stimmrecht mit am Beratungstisch.