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Auf Neubauten folgt Sanierung Berufsbildende Schulen Osterholz-Scharmbeck bleiben eine Baustelle

Die Berufsbildenden Schulen Osterholz-Scharmbeck bleiben eine Baustelle. Warum der Landrat trotzdem optimistisch ist.
10.09.2025, 05:00 Uhr
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Berufsbildende Schulen Osterholz-Scharmbeck bleiben eine Baustelle
Von Bernhard Komesker

Der Geruch von frischer Farbe, Holz und allerlei Kunststoff ist längst noch nicht verflogen, als Thorben Klöfkorn die geladenen Gäste durch den Schulneubau auf dem BBS-Gelände führt. Der Verwaltungsmitarbeiter leitet im Landkreis-Amt für Bildung das Sachgebiet Schule und Sport. Zur Einweihung der Erweiterungsbauten an den Berufsbildenden Schulen (BBS) lotst Klöfkorn die Besucher dutzendweise über die Baustelle und durchs Gebäude, das zu gut drei Vierteln eingerichtet scheint und vor zwei Wochen bezogen wurde: Schulverwaltung und -vorstand sowie die Jugendberufsagentur sind nun im Parterre anzutreffen, die angehenden Erzieher und Sozialassistenten nutzen den ersten Stock und die Pflegeberufe den zweiten.

Die Teilnehmer des Rundgangs – Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Verwaltung des Kreises und der Kommunen – zeigen sich beeindruckt. Alles wirkt freundlich-hell und großzügig, ist modern und natürlich nagelneu. Es gibt ungezählte Beamer und interaktive Displays sowie ergonomische Tische, Stühle und Sitzgelegenheiten, die sich in den sogenannten Studios und auf den Fluren flexibel anordnen und zu "offenen Selbstlernbereichen" gruppieren lassen.

Praxisräume für Musik, Theater, Psychomotorik und Kunst beziehungsweise für stationäre Pflege und Hauswirtschaft ziehen mit ihrem Inventar die Blicke auf sich. "In diesen Räumen fällt mir das Lernen viel leichter", soll eine Schülerin gesagt haben, die von Schulleiterin Daniela Thies am ersten Schultag nach ihren Eindrücken befragt wurde.

Bezugsfertig bis zum Jahresende

Das neue Gebäude unweit vom Südeingang, das die Planer ursprünglich mal als Baukörper M bezeichnet hatten, firmiert ausweislich der Beschilderung nun als Haus A. Für die Schüler ist es derzeit nur von der Sporthallen-Seite aus zugänglich, weil Anbau K und Neubau L noch nicht ganz fertig sind. Bis zum Jahresende sollen auch diese Arbeiten abgeschlossen sein – immerhin termingerecht und nach gut zwei Jahren Bauzeit, wie der Landkreis per Pressemitteilung betont.

Der Anbau beim Hauptgebäude wird dann die Produktionsklasse Ernährung und die Bäcker-Lehrlinge beherbergen. Im Neubau L ist neben den Theorieräumen der Produktionsklassen im Parterre bereits die Kfz-Werkstatt eingerichtet worden – mit einem neuen Schwerpunkt Elektromobilität sowie einem Diagnoselabor. Ins obere Stockwerk zieht in ein paar Monaten der Fachbereich Elektro- und IT-Technik ein.

Bevor die Führungen beginnen, würdigt die Leiterin der Berufsbildenden Schulen in ihrer Ansprache Mut, Einsatz und Durchhaltevermögen des Landkreises als Schulträger. 2016 entschied der Kreistag, den BBS-Hauptsitz "bedarfsgerecht und schrittweise" zu erweitern und zu sanieren, um die Zweigstelle an der Bahnhofstraße anschließend aufgeben zu können. Um Architektur und Pädagogik miteinander in Einklang zu bringen und fürs Digitalzeitalter fit zu machen, drehte die Planung für ein zukunftsweisendes Raumkonzept manche Ehrenrunde. Mitte 2022 begannen dann endlich die vorbereitenden Tiefbau- und Erdarbeiten, und ein knappes Jahr später wurde der Grundstein gelegt.

Zwischen Baustaub und Kabelrollen

Der Bagger der Baufirma habe zunächst allerdings nichts ausgelassen, erinnert sich Landrat Bernd Lütjen: Mehrfach wurden in jenen Anfangsmonaten versehentlich Gas-, Strom-, Wasser- und Internet-Leitungen gekappt. Schulleiterin Thies findet, all das habe die Schule letztlich noch mehr zusammengeschweißt. Der Presslufthammer-Lärm und ein Labyrinth aus Umwegen taten ein Übriges. "Schule ist mehr als nur ein Gebäude", sagt die Oberstudiendirektorin rückblickend. "Sie funktioniert auch zwischen Kabelrollen und Baustaub." Sie danke dem Kollegium fürs Durchhaltevermögen sowie dem Wirtschaftszweig der Schule, der nun vorübergehend in den Altbau an der Bahnhofstraße umgezogen ist.

Damit wird am Hauptsitz Platz frei für eine Sanierung im Bestand. Die hätte nun eigentlich nahtlos in mehreren Etappen weitergehen sollen. Aber nach der Insolvenz des leitenden Architekturbüros PBR Anfang Juni müssen die weiteren Modernisierungskapitel zunächst neu ausgeschrieben werden. Problem dabei: Dem Landkreis ist es nach eigenen Angaben bisher nicht gelungen, an die nötigen Daten und Planungsgrundlagen der bisherigen Baubetreuer heranzukommen.

Verzögerung und Mehrkosten

Zwar wolle der Landkreis die baulich-energetische Sanierung baldmöglichst in Angriff nehmen und dann auch im Haupthaus offene Lernbereiche schaffen. Aber alle Versuche der Kontaktaufnahme mit dem Planungsbüro seien bislang ins Leere gelaufen, sagt der Landrat. Dennoch gehe er davon aus, dass die Neuausschreibung "voraussichtlich bald" starten werde, wobei man allerdings ans Vergaberecht gebunden bleiben werde.

Das gesamte Bauprojekt ist und bleibt für den Landkreis, wie Lütjen sich ausdrückt, "eine gemeinsame große Kraftanstrengung", die auch für die Wirtschaftskraft der Region einen Impuls gebe. Die Erweiterungsbauten zeigten bereits, dass der Landkreis in "Bildung auf der Höhe der Zeit" investiere – mit vielfältigen Schulformen und für zahlreiche Berufe. Die Schüler bekämen beste Bedingungen, um sich auf die Arbeitswelt vorzubereiten und um eigenständiges Lernen, Teamarbeit und Praxisnähe miteinander zu verbinden. "Darauf können wir stolz sein, auch wenn es ein bisschen teurer geworden ist und länger dauert", findet Lütjen.

Genauere Zahlen und Fristen als die gut elf Monate alte Kostenschätzung sind bisher nicht öffentlich geworden. Seinerzeit wurde das Gesamtprojekt, an dessen Ende in vier oder fünf Jahren der Alt-Standort Bahnhofstraße aufgegeben werden soll, auf rund 76 Millionen Euro taxiert.

Zur Sache

PBR-Anwalt sagt Prüfung zu
Für die Insolvenz in Eigenverantwortung hat das Planungsbüro PBR den Rechtsanwalt und Diplom-Kaufmann Martin Lambrecht aus Düsseldorf, als seinen Interessenvertreter bevollmächtigt. Der Jurist verweist auf die rechtlichen Vorgaben des Verfahrens, wonach die Masse eines Unternehmens grundsätzlich zu Gunsten der Gläubiger zu schützen und zu verwerten sei. Und gerade bei einem Architekturbüro bildeten Planungsunterlagen den wesentlichen Wert, denn darin steckten Kreativität, Know-how und Leistung. Ob die Herausgabe der Dokumente an den Landkreis Osterholz derzeit stockt, weil womöglich Leistungen noch nicht bezahlt seien, könne er ad hoc nicht sagen. Der Fall werde aber kurzfristig geprüft und entschieden. Aber dass sich jemand bei PBR "tot stellt“, wie bei der Einweihung hinter vorgehaltener Hand geargwöhnt wurde, "ist unzutreffend und liegt den Beteiligten fern".
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