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Wirtschaftsplan 2023 Kreiskrankenhaus rutscht in die Miesen

Das Osterholzer Kreiskrankenhaus hat jahrelang schwarze Zahlen geschrieben. Nächstes Jahr wird ein Minus von 585.000 Euro erwartet. Die Gründe des Defizits, heißt es aus dem Kreishaus, seien nicht hausgemacht.
22.12.2022, 06:00 Uhr
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Kreiskrankenhaus rutscht in die Miesen
Von Bernhard Komesker

Landkreis Osterholz. Alle Jahre wieder naht im Advent die Stunde des verbalen Schulterklopfens und Händeschüttelns: Wenn der Vorsitzende des Werksausschusses für das Osterholzer Kreiskrankenhaus dem Kreistag den Wirtschaftsplan des Eigenbetriebs vorlegt, dann werden Klinikleitung und Beschäftigte stets nachdrücklich mit Lob und Dank der Abgeordneten bedacht. So war es auch in diesem Jahr, als der Ausschussvorsitzende Wilfried Pallasch (Bürgerfraktion) das Zahlenwerk in die Haushaltsberatungen einbrachte.

Dennoch unterscheidet sich das Jahr 2023 gleich mehrfach von den vorangegangen. Mit dem altersbedingten Ausscheiden des langjährigen Leiters Klaus Vagt, der eine kriselnde Einrichtung in die Gewinnzone geführt hatte, endet in diesen Tagen eine Ära. Und ausgerechnet jetzt, erstmals seit zehn Jahren, rutscht das Kreiskrankenhaus absehbar zurück in die roten Zahlen.

585.000 Euro werden als Fehlbetrag im kommenden Jahr erwartet – bei einem Umsatz von mehr als 44 Millionen Euro. Zwar fehlen noch wichtige Planungsgrundlagen wie Landesbasisfallwert 2023 und Pflegebudget für 2022, doch angesichts der allgemeinen Teuerung scheinen die Zeiten vorerst vorbei, in denen das Osterholzer Kreiskrankenhaus gegen den bundesweiten Trend florieren konnte.

Investitionen in die Zukunft

Dabei haben Landkreis und Klinik entscheidende Einflussfaktoren nicht selbst in der Hand. Pallasch sagt, man könne schon zufrieden sein, wenn es am Ende nicht schlechter komme als erwartet, schließlich werde mit dem laufenden Anbau für die neue Intensivstation auch bereits in die Zukunft investiert. Der Landeszuschuss für die Anbau-Baustelle ist festgelegt. Er basiert auf den Preisen von 2021. Jede Steigerung belastet das Eigenkapital zusätzlich.

Vagts Nachfolgerin Doris Sonström trete kein leichtes Erbe an, so Pallasch. Die Leiterin der Zentralen Vergabestelle im Kreishaus war bereits im Sommer in die Klinikleitung gewechselt, um sich einzuarbeiten. "Dieser Wirtschaftsplan ist vielleicht kein so guter Anfang, aber wir sind guter Dinge, auch wieder andere Zeiten zu sehen", so der Ausschussvorsitzende. Entscheidend sei, dass das Kreiskrankenhaus seinen Versorgungsauftrag für die Region weiterhin uneingeschränkt erfüllen kann, und das sei allemal der Fall. "Wir haben ein tolles Krankenhaus mit tollem Personal." Die Verwaltung rechnet mit steigenden Einnahmen aus sogenannten Wahlleistungen, wenn der Anbau erst mal ganz fertig ist.

Pallasch sagt, dass der Mangel an Pflegekräften weniger stark ausfalle als in vielen anderen Krankenhäusern, liege nicht zuletzt an der angegliederten Pflegeschule. Von den 150 Schulplätzen sind 46 mit hauseigenen Auszubildenden besetzt; hinzu kommen Nachwuchskräfte aus Wittmund, Lilienthal, Achim und Verden. Betrieb und die Bindung ans Haus machten sich für die Einrichtung und die Region voll und ganz bezahlt, so der Abgeordnete.

Reform mit ungewissen Folgen

Eine wichtige Unbekannte in der Rechnung bleibe die geplante Reform des Bundesgesundheitsministeriums. Neben den bisherigen Fallpauschalen sollen bei den Krankenhaus-Einnahmen künftig die sogenannten Vorhaltekosten eine größere Rolle spielen, gestaffelt nach Einrichtungsgröße. Der Ausschussvorsitzende meint, es sei unklar, ob sich daraus für Osterholz eine Verbesserung ergeben werde. Am ersten Entwurf, den eine Regierungskommission am Nikolaustag vorgestellt hat, hätten augenscheinlich die Krankenkassen maßgeblich mitgeschrieben.

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Allerdings ist unter Fachleuten ebenso unstrittig, dass die Fallpauschalen ökonomische Fehlanreize setzen, während wichtige Behandlungen bisweilen als wenig lukrativ klassifiziert sind. "Profitmaximierung ist der falsche Weg", warnt auch Pallasch. Eine gewisse Fallzahl und -qualität werde das Kreiskrankenhaus auch künftig anbieten müssen, um das medizinische Know-how zu erhalten und nachzuweisen. Als Haus der Grundversorgung sei Osterholz natürlich nicht mit einer Uni-Klinik zu vergleichen. Es sei wichtig, dass die Reform dies auch berücksichtigen werde.

Inflation und Pandemiefolgen

Der Verwaltungsbericht für den Kreistagsbeschluss, der jetzt einstimmig gefasst wurde, nennt drei Einflussfaktoren, welche die Klinikfinanzen besonders belasten: Corona, Energie- und Personalkosten. Der Gas-Einkauf verteuert sich um mehr als das Dreifache, Strom wird beinahe doppelt so teuer und auch eine sechsprozentige Gehaltserhöhung fürs Personal ist im Plan vorsichtshalber eingepreist. Die Tarifverträge für Krankenhaus-Pfleger und auch -Ärzte sind zum Jahresende kündbar. Verdi wird ab Januar über 10,5 Prozent mehr im öffentlichen Dienst verhandeln, der Marburger Bund fordert einen Inflationsausgleich zuzüglich 2,5 Prozent.

Klinik-Managerin Sonström und die Beschäftigten haben auch damit zu tun, dass es keine staatlichen Corona-Hilfen wie Versorgungszuschläge und Freihaltepauschalen mehr gibt, aber weiterhin unverändert hoher Zusatzaufwand infolge der Pandemie getrieben werden muss. Die Verwaltung nennt Isolierungsvorgaben und -maßnahmen, verbunden mit der Beschaffung von Schutzkleidung und dem sogenannten Empfangsdienst, der ein Auge hat auf die Einhaltung der Besuchsregelungen und Kontrolle der Testverpflichtungen.

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