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Bußgelder 2023 auf Rekordhoch Geschwindigkeitsüberwachung: Kreis Osterholz kauft Blitzer-Anhänger

Die mobile Geschwindigkeitsüberwachung im Landkreis Osterholz zeigt Wirkung. Das zeigt die nun vorliegende Blitzer-Statistik 2023. Aus dem Bußgeld-Überschuss soll ein besonderer Anhänger finanziert werden.
20.02.2024, 05:00 Uhr
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Geschwindigkeitsüberwachung: Kreis Osterholz kauft Blitzer-Anhänger
Von Bernhard Komesker

Landkreis Osterholz. Steigende Bußgeldeinnahmen und eine sinkende Verstoßquote bei häufigeren Kontrollen: Mit seiner mobilen Geschwindigkeitsüberwachung sieht sich der Landkreis Osterholz auf dem richtigen Weg. Neben den drei Stativkameras, die in beide Fahrtrichtungen blitzen können, wird aus dem Einnahmeüberschuss in diesem Jahr für 130.000 Euro ein Anhänger beschafft. Er nimmt ein viertes, bereits bestelltes Messgerät auf sowie einen Akku mit bis zu zwei Wochen Laufzeit. Panzerung, GPS-System und Bewegungsmelder sollen den Trailer vor Vandalismus schützen.

Die Semistation reduziert einerseits den Personalaufwand für Auf- und Abbau und erhöht andererseits die Kontrolldichte, denn bisher dauert eine Messung selten länger als neun Stunden. Nach dem Vorbild des Landkreises Verden hat die Osterholzer Kreisverwaltung solch einen Kamera-Hänger im Vorjahr versuchsweise drei Monate lang genutzt (wir berichteten); im Verkehrsausschuss präsentierte sie jetzt die Auswertung.

Was besagt die Blitzer-Statistik 2023?

Von den knapp 850.000 Fahrzeugen, welche im Vorjahr die Landkreis-Lichtschranken passierten, waren gut 25.100 so viel zu schnell, dass mindestens ein Verwarngeld verhängt wurde. Das entspricht einer Verstoßquote von weniger als drei Prozent – ein Wert, der aus Sicht von Verkehrsdezernent Dominik Vinbruck "richtig erfreulich" ist. Ohne den Effekt des Mess-Anhängers hätte der Wert bei 3,3 Prozent gelegen und damit ungefähr im Bereich des Vorjahrs: 820.000 Messungen und 28.600 Überschreitungen ergaben 2022 eine Verstoßquote von 3,5 Prozent. "Natürlich ist die Quote nicht alles", sagt Vinbruck. "Unser Ziel ist es, dass die Menschen angepasst fahren." Die erzieherische Wirkung des Trailer-Betriebs sei offenbar enorm. 

Warum installiert der Landkreis keine Starenkästen?

Die CDU-Politikerin Marie Jordan findet, das sollte zumindest geprüft werden. Sie kenne einige gefährliche Stellen und Kreuzungen, die mit stationären Blitzern entschärft werden könnten. Sobald der Anhänger woanders postiert werde, sei wieder alles wie zuvor, argumentiert Jordan. Dezernatsleiter Vinbruck hält dagegen, die teilstationäre Lösung vereine das Beste aus zwei Welten. Wer an einem Montag den Anhänger-Standort passiere, fahre wohl auch für den Rest der Woche vorbildlich. Das habe der Probebetrieb erwiesen. Andererseits sollten die Verkehrsteilnehmer im Landkreis überall und jederzeit mit einer Kontrolle rechnen müssen. Ein fest installierter Blitzer brauche ein Fundament; er wirke ausschließlich im direkten Nahbereich und andernorts nicht. "Das ist klasse, wenn man Einnahmen von Ortsunkundigen erzielen möchte", räumt Vinbruck ein. Mittelfristig aber denke die Verwaltung eher über einen zweiten Anhänger nach – zumal zwei der drei Stativgeräte älteren Baujahrs sind und in absehbarer Zeit ohnehin ausgemustert werden müssen. "Damit könnten wir eine Flächenwirkung erzielen."

Wie verteilt sich die Messtätigkeit aufs Kreisgebiet?

Der Landkreis orientiert sich bei den Kontrollen an der Gemeindegröße und am Anteil innerörtlicher Straßen. Dort finden in der Regel etwas mehr Messungen statt (insgesamt 318) als außerhalb der geschlossenen Ortschaft (255); im Ostkreis lag 2023 der Fokus allerdings eher außerorts. Den kreisweit höchsten Anteil bei den Tempoverstößen gab es 2023 in der Gemeinde Grasberg: 3,7 Prozent. Dabei wurde dort seltener kontrolliert, sodass in absoluten Zahlen auch weniger Temposünder erwischt wurden. Die Kreisstadt wiederum hatte nicht nur die meisten Geschwindigkeitsübertretungen zu verzeichnen, sondern auch als einzige einen Anstieg der Verstoßquote (auf 3,2 Prozent). "Generell kann festgestellt werden, dass bei einer hohen Verkehrsdichte die Anzahl der Geschwindigkeitsverstöße geringer ist", so die Kreisbehörde.

Welche Besonderheiten fallen ins Auge?

Wenn innerorts gemessen wird, dann vor allem auf Schulwegen, Schleichwegen und in Tempo-30-Zonen. Vor 16 verschiedenen Schulen, Heimen, Kitas und Kliniken fanden im Vorjahr 83 Messungen statt. Außerorts postiert der Landkreis seine Blitzer vor allem in Tempo-70-Bereichen. In den allermeisten Fällen fuhren die erwischten Verkehrsteilnehmer insgesamt höchstens 20 Kilometer pro Stunde schneller als erlaubt. Als ein neuralgischer Punkt hat sich 2023 die Oldendorfer Straße in Axstedt (innerorts) gezeigt. Laut Verwaltung waren dort bei einer Messung nach Abzug der Toleranz zwei von sieben Autos zu schnell. Die Verwaltung sagt, sie nehme Bürger-Vorschläge für neue Blitzer-Standorte gerne auf, doch nicht an jeder Stelle seien gerichtsverwertbare Messungen möglich. Alternativ behelfen sich Landkreis und Kommunen mit Smiley-Displays, die als mahnend erhobener Zeigefinger wirken können.

Wie hoch ist der Bußgeld-Überschuss?

Nach Abzug aller Personal- und Sachkosten, darunter auch der Ersatzkauf eines neuen Messfahrzeugs, verfügt die Kreisbehörde in diesem Jahr über einen Betrag von 1,02 Millionen Euro. Dabei handelt es sich um einen Rekordwert, denn Verwarn- und Bußgeld für Geschwindigkeitsübertretungen bis 20 Kilometer pro Stunde sind bei der Novelle des Strafenkatalogs im November 2021 verdoppelt worden. Und auch für ausgesprochene Raser sind die Strafen empfindlich erhöht worden. Ein Soll-Ist-Abgleich hat darüber hinaus gezeigt, dass die Straßenverkehrsbehörde die Haushaltsfolgen der Bußgelderhöhung bisher unterschätzt hat.

In der runden Million ist zudem ein Ausgabe-Rest von 110.000 Euro enthalten; dabei handelt es sich um nicht abgerufene Mittel der Vorjahre.

Zur Sache

Geld dient vor allem dem Radverkehr

Kreispolitik und -verwaltung haben sich festgelegt: Der Überschuss aus den Bußgeldeinnahmen ist zweckgebunden zu verwenden: unter anderem für Verbände, die Schulungen zum Verhalten im Straßenverkehr oder andere Maßnahmen anbieten. Gefördert wird zudem die Verkehrssicherheitsarbeit von Institutionen, die kreisweit auf dem Gebiet der Hilfeleistung tätig sind. Auch ein Umbau von Verkehrsflächen, der unmittelbar der Verkehrssicherheit dient, wird unterstützt.

Der Verkehrsausschuss ist jetzt dem Behördenvorschlag gefolgt, die Mittel von gut einer Million Euro auf rund zwei Dutzend Projekte zu verteilen. Der Löwenanteil entfällt mit 550.000 Euro auf die Sanierung von Radwegen an Kreisstraßen; üblich waren bisher zwischen 100.000 und 200.000 Euro. "Da ist einfach Handlungsbedarf", erklärt Dezernatsleiter Dominik Vinbruck und verweist darauf, dass auch das Umweltamt personell verstärkt werde, um mehr für den Radverkehr zu tun. Hinzu kommen weitere 100.000 Euro als Förderung für andere Baulastträger, die damit Radwege in Schutzgebieten in Schuss halten sollen.

Von 90.000 auf 180.000 Euro aufgestockt wird zudem der Topf für Verkehrsberuhigung in den kreisangehörigen Kommunen. Für die Umgestaltung von Straßen und Wegen können die Rathäuser weiterhin einen 50-Prozent-Zuschuss erhalten; der ist ab diesem Jahr doppelt so hoch wie bisher und beträgt bis zu 24.000 Euro je Projekt. Damit trage man den gestiegenen Baukosten Rechnung, so Vinbruck. 44.000 Euro sind bereits gebunden durch Zusagen für Querungshilfen in Beckedorf, Lüninghausen und an der Worpsweder Insel.

Mehr Geld gibt es in diesem Jahr nun auch für Kindergärten und Spielkreise (nun 15.000 Euro) sowie Grundschulen (ebenfalls 15.000 Euro). An den Schulen werden Fahrradparcours, Kinderräder, Roller, Helme bezuschusst; die Kitas, deren Zahl sich erhöht hat, sollen Materialien für die spielerische Verkehrserziehung kaufen können, darunter eigens angefertigte Polizei-Handpuppen. Weitere 10.000 Euro sind traditionell reserviert für den Kauf gelber Warnwesten, die an Erstklässler ausgehändigt werden. Laut Verwaltung komme man in den nächsten Jahren wohl mit weniger Geld dafür aus.

Die übrigen Zuschüsse sollen fließen wie beantragt und wie teils seit Jahren zugesagt. Nutznießer sind mit meist niedrigen vierstelligen Beträgen die DLRG-Ortsgruppen und die Rettungshundestaffel, die Jägerschaft und der DRK-Kreisverband, ADFC und ADAC, Kreisfeuerwehr, Landvolk und Verkehrswachten. Der Bau von vier weiteren Rad-Reparatur-Stationen an stark frequentierten Routen ist außerdem geplant. Vom Kreis bisher bezuschusst wurden private oder gemeinnützige Betreiber in Worpswede (Dorfplatz), Grasberg (Rathaus) und Lübberstedt (Mühle); weitere Standorte finden sich bereits in der Kreisstadt.

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