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Heizen im Landkreis Osterholz Wenn eine Wärmepumpe ins Haus einzieht

Wärmepumpen gelten als sparsam und klimafreundlich. Der Einbau ist allerdings aufwendig. Was dabei zu beachten ist und womit Hausbesitzer rechnen müssen.
16.09.2024, 11:22 Uhr
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Wenn eine Wärmepumpe ins Haus einzieht
Von Peter von Döllen
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Zu viert hieven die Monteure das schwere Gerät empor, stets die vier Schrauben im Betonsockel im Blick. Die müssen durch vier Löcher im Boden der Wärmepumpe bugsiert werden – nicht so einfach. 150 Kilogramm bringt die Pumpe auf die Waage. Noch schwieriger ist es, den wuchtigen Speicher im engen Wirtschaftsraum zu platzieren. Obwohl eigens die Türzarge und ein Stück der Wand entfernt wurden, geht es eng zu. Zwar gibt es nun ausreichend Spielraum, der Behälter ist fünf Zentimeter kleiner als die Lücke. Ein Problem aber sind die vielen Rohre, die sternförmig aus dem Behälter herausragen. Schließlich ist es geschafft. Eines hat sich klar gezeigt: Der Einbau einer Wärmepumpe ist eine andere Sache als der Wechsel einer Gastherme oder Ölheizung. Was sich auch im Preis niederschlägt.

Wie sieht der Markt aktuell aus

Der Markt ist eingebrochen, sagt Carsten Tietjen, Inhaber der Firma Tietjen Winterberg. Anfang des Jahres ging es spürbar zurück. Es sei richtig mau gewesen. Jetzt gehe es aber wieder bergauf, bemerkt Tim Kühlken, der für den Verkauf zuständig ist. Beide gehen davon aus, dass der Markt sich auf heutigem Niveau stabilisieren wird. Auch die Lieferzeiten haben sich eingependelt. "Es gibt keinen Grund, etwas übers Knie zu brechen." Wer jetzt eine Wärmepumpe kauft, macht das viel überlegter als noch vergangenes Jahr.

2022 war die Situation hochgekocht, erinnern sich Kühlken und Tietjen. Die Hausbesitzer seien verunsichert gewesen. Das führte zu einer hohen Nachfrage und zu langen Lieferzeiten – bei Wärmepumpen wie auch bei Gas- und Ölheizungen. 2023 hätten sie hauptsächlich die Aufträge aus 2022 abgearbeitet.

Wie viele Wärmepumpen werden im Landkreis eingebaut?

Wärmepumpen müssen beim Netzbetreiber angemeldet werden. Die müssten also wissen, wie viele Anlagen im Landkreis neu in Betrieb gegangen sind. Von Anfang 2023 bis jetzt seien den Osterholzer Stadtwerken rund 40 Wärmepumpen gemeldet worden, teilt das Unternehmen auf Nachfrage mit. Die EWE, die im anderen Teil des Landkreises das Netz betreiben, hat in diesem Jahr bisher 48 Anlagen registriert, wie ein Sprecher mitteilt. 2023 waren es 57 Pumpen. Die Firma Tietjen Winterberg hat nach eigenen Angaben in diesem Jahr rund 40 Anlagen eingebaut – allerdings auch außerhalb des Landkreises Osterholz.

"Die Wärmepumpe ist der richtige Weg", ist Carsten Tietjen überzeugt. Die meisten Häuser würden damit warm – auch mit herkömmlichen Heizkörpern. Letztlich ist es eine Preis-Frage. Wenn die Pumpe viel Strom verbraucht, weil die Immobilie unzureichend gedämmt ist, wird es teuer. Dann sei es besser, zuerst am Gebäude etwas zu tun. "Es kommt auf das Haus an", erklärt Tietjen. Eine gute Beratung sei wichtig. Dafür kommen etwa unabhängige Energieberater, Heizungsbauer oder die Schornsteinfeger infrage.

Warum ein Umdenken nötig ist

Während draußen das Gerät aufgestellt wird, wird drinnen der wuchtige Speicher angeschlossen. Wärmepumpe funktionieren in vielen Bereichen anders als Gas- oder Ölheizungen. Das erfordert ein Umdenken – bei Nutzern und bei Handwerksbetrieben. Früher wurden die Anlagen gerne großzügig dimensioniert, um auf der sicheren Seite zu sein. Bei Wärmepumpen ist das anders. Ein Faktor für ihre Haltbarkeit sind die Starts der Anlagen. Die Kapazität sollte deshalb möglichst gut an die individuelle Situation angepasst werden. Wichtig ist insbesondere die Leistung, die möglichst genau berechnet werden sollte. Stichwort: Heizlastberechnung. Dabei wird ermittelt, wie viel Energie fürs Beheizen eines Hauses benötigt wird. Die Größe der Wärmepumpe sollte entsprechend gewählt werden, damit sie möglichst lange läuft und wenige Stopps und Neustarts braucht.

Wie sparsam sind Wärmepumpen?

In den meisten Fällen ist eine Wärmepumpe sparsamer als eine Gas- oder Ölheizung – was aber nicht unbedingt auch wirtschaftlicher ist. Sie funktioniert im Prinzip wie ein umgekehrter Kühlschrank und nutzt die Wärme aus der Umwelt. Heißt: Aus einer Kilowattstunde (kWh) Strom liefert sie ein Vielfaches an Wärme – je nach Pumpe und Haus etwa drei bis vier Mal so viel. Manchmal ist der Wirkungsgrad auch höher. Selbst wenn die Pumpe "nur" das doppelte an Wärme liefert, ist sie sparsamer als andere Heizungen. Allerdings ist Strom derzeit teurer als beispielsweise Gas. Wirklich günstiger wird es erst, wenn die Wärmepumpe mindestens das Dreifache an Wärme liefert.

Wie kann man erkennen, wie sparsam eine Wärmepumpe ist?

Es gibt verschiedene Kennzahlen, mit denen die Hersteller diesen Wirkungsgrad angeben. Einer davon ist der Cop (Coefficient of Performance), der die Leistung angibt. Er ist allerdings von der nötigen Vorlauftemperatur und den Außentemperaturen abhängig. Für einen Vergleich taugt er deshalb kaum. Aussagekräftiger ist die Jahresarbeitszahl (Jaz), die den Stromverbrauch und die erzeugte Wärme eines Jahres in Verhältnis setzt. Der Bundesverband Wärmepumpe stellt im Internet unter https://www.waermepumpe.de/jazrechner/ einen Rechner zur Verfügung, mit dem die Jaz verschiedener Wärmepumpen berechnet werden kann. Die ermittelten Werte sind rein theoretischer Natur, können aber Anhaltspunkte liefern.

Beispiel zur Berechnung: In einem Einfamilienhaus beträgt der jährliche Wärmebedarf 7.500 kWh. Der Strombedarf der Wärmepumpe beträgt über das Jahr gerechnet 2.500 kWh. Dann liegt die Jahresarbeitszahl bei 3,0. Je höher die Jaz, desto sparsamer läuft die Wärmepumpe.

Werden Wärmepumpen billiger?

Manche spekulieren darauf, dass Wärmepumpen billiger werden, weil die Nachfrage eingebrochen ist. Ob es so kommt, weiß niemand. Carsten Tietjen ist eher skeptisch. Einige Anbieter hätten die Preise jüngst sogar noch angehoben, sagt er

Muss der Sicherungskasten umgebaut werden?

Die Elektrik kann höhere Kosten verursachen als gedacht. Normalerweise brauchen Wärmepumpen einen Starkstromanschluss mit 400 Volt. Hinzu kommen Leitungen zur Versorgung der Pumpen, Regler und mehr. Die Kabel müssen auch nach draußen zur Außeneinheit gelegt werden. Kein großer Aufwand, könnte man denken. Aber: In älteren Häusern steht nicht selten der Austausch der Sicherungsfelder an, weil diese zu klein sind. Dann können durchaus 3000 bis 6000 Euro oder auch mehr zusammenkommen.

Überraschende Kosten

In den meisten Fällen ist nach einem Umstieg von einer Gasheizung auf eine Wärmepumpe kein Erdgas-Anschluss mehr notwendig. Dieser muss beim Betreiber gekündigt werden. Die EWE berechnet für die Stilllegung derzeit knapp 1000 Euro. Bei den Osterholzer Stadtwerken wird für den Zählerausbau, Material und Dokumentation eine Bearbeitungsgebühr in Höhe von 119,52 Euro fällig. Allerdings denken auch die Stadtwerke über eine Anpassung nach.

Wie lange dauert der Einbau?

Wie lange der Einbau dauert, hängt von den konkreten Plänen ab. Mehrere Tage sollten aber eingeplant werden. Neben dem Aufstellen der eigentlichen Pumpe müssen ein oder mehrere Wasserspeicher aufgestellt werden, dazu muss der elektrische Anschluss erfolgen und ein Durchlass durch die Hauswand geschaffen werden. Während der Arbeiten wird es immer mal Zeiten geben, in denen das Wasser komplett abgestellt werden muss. Da sollte ein Vorrat an Trinkwasser angelegt werden. Zu bedenken ist außerdem: Auf warmes oder gar heißes Wasser muss bis zum Start der Wärmepumpe meist verzichtet werden.

Kredite von der KfW

Neben der Förderung gibt es bei der KfW auch Kredite für die Anschaffung einer Wärmepumpe. Sie werden über die Hausbank vergeben. Eine Nachfrage lohnt sich, wenn die Wärmepumpe finanziert werden muss. Informationen gibt es im Internet unter https://www.kfw.de/inlandsfoerderung/Privatpersonen/Bestehende-Immobilie/Heizungstausch/W%C3%A4rmepumpe/.

Lesen Sie auch

Anmeldung beim Netzbetreiber

Eine Erlaubnis ist in den meisten Fällen nicht notwendig. Die Wärmepumpe muss aber beim Netzbetreiber (im Landkreis Osterholz sind das die Osterholzer Stadtwerke oder die EWE) angemeldet werden.

Zur Sache

Wärmeplanung im Landkreis

Die Kommunen des Landkreises Osterholz haben diese Woche in einer gemeinsamen Veranstaltung den Stand ihrer Wärmeplanung öffentlich vorgestellt. Fazit: Mit baldigen konkreten Ergebnissen können die Bürger nicht rechnen. Jens Clausen vom Borderstep Institut riet den Anwesenden, zu prüfen, ob der Einbau einer Wärmepumpe möglich sei. Das gehe in vielen Fällen. Clausen präsentierte Lösungen, die Hauseigentümer realisiert haben.

Ein Beispiel ist das 1965 gebaute Haus von Enrico Mischnick aus Osterholz-Scharmbeck, das er mit einer Wärmepumpe ausgerüstet hat. Viele hatten ihm davon abgeraten. Er hat sich selber darum gekümmert und akribisch Informationen gesammelt. Jetzt betreibt er die Wärmepumpe erfolgreich, regelt sie auch selber und hat viel Zeit investiert. Reine Zahlen sagen eben nicht alles über ein Haus aus, findet er. Es spielten so viele Faktoren eine Rolle, die bei der Frage mitspielen, ob es mit einer Wärmepumpe funktionieren kann. Mischnick findet, es müsse im Landkreis eine zentrale Beratungsstelle geben, die berät. Nicht jeder könne sich so intensiv mit dem Thema beschäftigen, sondern müsse sich auf Fachleute verlassen können. Das geht aktuell nicht immer – es fehle mitunter ausreichend Erfahrung mit Wärmepumpen.

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