Lilienthal. Wird Lilienthal demnächst zum Treff der rechten Szene? Genau das befürchten offenbar der Vorstand der örtlichen DLRG und 16 weitere Erstunterzeichner eines Offenen Briefes, mit dem sie sich jetzt "in großer Sorge" an Bürgermeister Willy Hollatz sowie an die Mitglieder des Lilienthaler Gemeinderates gewandt haben.
Anlass ihres Schreibens ist der Hinweis, dass der Sänger der Hooliganband "Kategorie C - Hungrige Wölfe", der Lilienthaler Hannes Ostendorf, der seit Anfang 2006 im Ort einen Baguetteladen betreibt, seinen Geschäftsbereich hier um Bekleidung und Schmuck erweitern könnte. Ostendorf bestreitet irgendwelche Erweiterungsabsichten und sieht sich durch derlei "frei erfundene" Geschichten als Privat- und Geschäftsmann beschädigt.
Auch wenn es derzeit keine konkreten Hinweise auf eine Gewerbeerweiterung etwa des Baguetteladens gibt, so erinnern sich die Unterzeichner des Offenen Briefes an Bürgermeister Hollatz offenbar an jüngste Geschehnisse in Bremen. Dort hatte Hannes Ostendorfs jüngerer Bruder Marten in seinem Laden "Sportsfreund" unter anderem Kleidung mit rechtsradikaler Symbolik vertrieben. Nach Protesten einer Initiative zog er aus der City nach Findorff, nannte seinen Laden dort "Gladiator", schloss aber dieses Geschäft nach weiteren Protesten und Kündigung des Mietvertrages Ende Juni. Soll es jetzt eine Neuauflage in Lilienthal geben?
Dass bei der Gemeinde tatsächlich die Anmeldung einer Gewerbeerweiterung vorliegt, bestätigte gestern auf Anfrage Bürgermeister Hollatz. "Das stand ja auch schon in der Zeitung", stellte er fest, verwies aber darauf, dass es aus ordnungsrechtlicher Sicht für die Verwaltung keinen Anlass gebe, tätig zu werden. Hannes Ostendorf habe an der Zinckestraße ein Mietverhältnis, ob er aber daran interessiert sei, weitere Flächen dazu zu mieten, sei ihm nicht bekannt. Sollte das der Fall sein, liege es in der Entscheidung des Vermieters, an ihn zu vermieten oder eben auch nicht. Dass der Offene Brief am Dienstagabend auch bereits Thema im Verwaltungsausschuss gewesen ist, bestätigte Hollatz zwar. Inhaltlich könne er sich dazu allerdings nicht äußern, da es sich um eine nichtöffentliche Sitzung gehandelt habe. Soviel aber machte der Bürgermeister deutlich: "Ich glaube, dass es wichtig ist, dass wir auch hier in Lilienthal über rechtslastige Dinge informieren, und wir täten gut daran - völlig losgelöst von Herrn Ostendorf - hier auch zu einer politischen Diskussion über dieses Thema zu kommen."
Die Verfasser des Offenen Briefes verweisen darauf, dass Hannes Ostendorf erst kürzlich im Zusammenhang mit einem "brutalen Überfall auf Werder-Fans" im Weser-Stadion im Jahr 2007 rechtskräftig verurteilt worden sei und dass seine Band seit längerem unter der Beobachtung des Verfassungsschutzes stehe. Die Texte seiner Lieder enthielten rechtsextremistisches Gedankengut, das geeignet sei, "verfassungswidrige Assoziationen beim Publikum hervorzurufen oder aber zu steigern". Die Texte hätten die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien veranlasst, eine CD der Gruppe "Kategorie C" auf die Liste jugendgefährdender Medien zu setzen, da der Inhalt geeignet sei, "Kinder und Jugendliche sozialethisch zu desorientieren".Vielleicht sind es aber gerade auch Einschätzungen wie die des Chefs des Bremer Verfassungsschutzes, Hans-Joachim von Wachter, die die DLRG-Aktiven und andere Bürger beunruhigen. Wachter hatte im April festgestellt, dass subtile Angebote wie rechte Kleidung und Musik, rechte Treffpunkte und soziale Kontakte die eigentliche Gefahr in der Bremer rechtsextremistischen Szene darstellten.
Nach Informationen dieser Zeitung stellte Ostendorf einen Antrag auf Gewerbeerweiterung zum 1. Dezember 2011. Danach soll er nun auch Bekleidung und Schmuck verkaufen wollen. Die Unterzeichner des Offenen Briefes zitieren den WESER-KURIER vom 25. November, wo es im Zusammenhang mit einem Bremer Auftrittsverbot für "Kategorie C" heißt, es scheine dabei "nicht ausgeschlossen, dass sich das geplante Sortiment auch auf Kleidung mit rechtsradikaler Symbolik bezieht", wie sie sein jüngerer Bruder Marten bereits im "Sportsfreund" und im "Gladiator" verkauft habe. Die Unterzeichner des Offenen Briefes weisen in diesem Zusammenhang zudem darauf hin, dass der ältere Bruder von Hannes und Marten Ostendorf, Henrik Ostendorf, ein bekannter Funktionär der rechtsradikalen NPD sei.
Den Unterzeichnern lägen Informationen vor, wonach für den neuen Zweck weitere noch leerstehende Räume in dem gleichen Gebäudekomplex, in dem sich der Baguetteladen befindet, angemietet würden. An Bürgermeister Hollatz und die Gemeinderatsmitglieder richten die Unterzeichner den Appell, "alles in Ihrer Macht Stehende zu tun, diese Gewerbeerweiterung und damit die Gründung eines Rechtsradikalentreffs mitten in Lilienthal zu verhindern". Sollten die Gesetze dafür nicht ausreichen, so bitten die Unterzeichner, umgehend Verbindung zum Besitzer der Immobilie aufzunehmen, um es erst gar nicht zu einer Verpachtung kommen zu lassen. "Zur Not könnte die Gemeinde die Räume anmieten." Die Unterzeichner kündigen zudem an, für eine weitere Unterstützung bei den Lilienthaler Vereinen und auch bei der Lilienthaler Bevölkerung werben zu wollen.
Hannes Ostendorf, den wir gestern Nachmittag zu den angeblichen Erweiterungsplänen für seinen Laden befragten, verneinte rundweg, irgendwelche Pläne dieser Art zu verfolgen. "Ich werde den Teufel tun und das Gleiche machen wie mein kleiner Bruder", sagte Ostendorf. Er betreibe seit fast sechs Jahren einen Baguetteladen, in dem Politik keine Rolle spiele, und er sei auf der anderen Seite Sänger der Band "Kategorie C", die nicht rechtsextrem sei und bei der es um Fußball und Gewalt, aber ebenfalls nicht um Politik gehe. Tatsächlich ist auf der Internetseite der Band zu lesen: "Kategorie C steht für Freundschaft, Zusammenhalt, Fußball und Gewalt". Den Fans wird versprochen: "KC bleibt weiter unpolitisch."
Neben seiner Baguetterie betreibe er einen Internetshop, über den er Merchandising-Artikel seiner Band vertreibe. Das eine habe aber mit dem anderen nichts zu tun. Schriftlich teilte uns Hannes Ostendorf gestern mit, "dass die Tatsachenbehauptung, ich würde Textilien in meiner Baguetterie verkaufen oder dies beabsichtigen, wahrheitswidrig ist".