Lilienthal. Damit hätte Anke Gosch nie im Leben gerechnet. Plötzlich lag eine Pfändungsankündigung der Gemeinde im Briefkasten. „So was hab' ich noch nie bekommen“, sagt die alteingesessene Lilienthalerin. Die 75-Jährige hat es versäumt, die Hundesteuer rechtzeitig zu überweisen: 12,50 Euro. So forderte die Gemeinde 14,50 Euro, zwei Euro Mahngebühr inklusive.
Als die erste Mahnung von der Gemeindeverwaltung im Rathaus kam, nahm es die Lilienthalerin nicht so tragisch. Am nächsten Tag wollte sie das Geld überweisen. „Ich mach' Online-Banking“, erklärt sie der Redaktion. „Ich hab' gedacht, im Zweifelsfall kommt ja noch eine zweite Mahnung. Dann muss ich eben die Mahngebühren bezahlen.“ Früher sei das doch immer so gewesen, dass erst drei Mahnbescheide kamen: erste Mahnung, zweite Mahnung, dritte Mahnung. Aber eine Pfändung mit Gerichtsvollzieher? Undenkbar. Wo sie sich doch in ihrem Leben nichts zu Schulden hat kommen lassen.
Aus dem Bezahlen der offenen Rechnung wurde nichts. Am Tag nach dem Mahnbescheid aus dem Lilienthaler Rathaus stürzte Anke Gosch und brach sich das Bein. Die Seniorin landete im Krankenhaus. Da lag sie zwei Wochen. „Dass das so lange dauert, hab' ich auch nicht gedacht.“ Jetzt ist die 75-Jährige wieder zu Hause, sie sitzt im Rollstuhl.
Die offene Rechnung mit der Hundesteuer hat die Lilienthalerin noch am Tag ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus überwiesen, abends am Computer. Am nächsten Morgen staunte sie umso mehr, als sie das Schreiben der Gemeinde mit der Pfändungsankündigung in den Händen hielt.
„Wie geht die Gemeinde mit ihren Bürgern um?“, fragt die Seniorin. 33 Jahre lang sei sie früher bei einem Steuerberater tätig gewesen. „In der Vergangenheit war es so, dass man so was nach der dritten Mahnung bekam. Ich hätte es ja noch eingesehen, wenn es ein größerer Betrag gewesen wäre. Aber wegen 12,50 Euro?“
Die Gemeinde Lilienthal mahne schon seit Jahren nur noch einmal, sagt der Bürgermeister Kristian Tangermann der Redaktion. „Es besteht keine Verpflichtung, eine zweite oder dritte Mahnung zu machen. Schon die erste Mahnung setzt in Verzug. Das mag im Einzelfall unverhältnismäßig sein. Es tut mir leid, wenn das in diesem Fall für Verwirrung gesorgt hat.“ Rechnung, Mahnung mit Fristsetzung, Pfändungsankündigung: So geht die Gemeinde in allen Fällen vor. Bei drei Mahnungen wären der Verwaltungsaufwand und die Kosten höher.
Die Pfändungsankündigung habe sich erledigt, erklärt der Verwaltungschef. Der fällige Betrag sei auf dem Konto der Gemeinde eingegangen. „Das hat sich überschnitten. Als das Geld einging, war die Post schon raus“, berichtet Tangermann. „Aber warum greift sie nicht zum Telefonhörer und informiert uns? Das hätte sie doch tun können.“
Noch einfacher wäre es in Tangermanns Augen gewesen, wenn die Seniorin der Gemeinde eine Einzugsermächtigung oder Abbuchungserlaubnis erteilt hätte. Dann hätte die Verwaltung die fälligen Beträge stets rechtzeitig einziehen können. „Das wäre eine gute Möglichkeit“, findet der Bürgermeister. „Dann braucht sich die Dame um nichts mehr zu kümmern.“ Beim Lastschriftverfahren bleibe den Bürgern auch die Möglichkeit, einer Abbuchung hinterher zu widersprechen, wenn ihrer Meinung nach ein zu hoher Betrag eingezogen worden sei.
Auch für die Verwaltung ist das Lastschriftverfahren mit Einzugsermächtigung eine Arbeitserleichterung, das weiß Tangermann. „Wenn der Hund dann eines Tages abgemeldet wird, wird alles automatisch gelöscht.“