Hambergen. Der Hauptzugang der Turnhalle ist noch mit Brettern versperrt. Es riecht nach Chlor vom nahe liegenden Hallenbad. Noch immer macht sich der Eindruck einer Baustelle breit: An der einen oder anderen Stelle fehlt noch eine Fliese, vereinzelte Säcke mit Baustoffen stehen herum, und oben auf der Empore fällt vor allem Beton ins Auge. Hier sollen noch Sitzplätze entstehen. Die Umkleideräume sind noch leer, die Möbel kommen noch. In der Halle selber mischen sich warme Farben vom Fußboden mit tiefem Blau der Wände. Tore sind auch noch nicht da. Nur die mächtigen Halterungen lassen erahnen, wo sie hin sollen. Trotzdem: Es sieht so aus, als nähere sich das Drama einem Ende.
Im Mai könnte es soweit sein, deutet Samtgemeindebürgermeister Gerd Brauns bei einer Besichtigung mit Politikern an. Festlegen mag er sich aber nicht. Zu viel sei bei der Sanierung der Turnhalle am Hambad schiefgegangen. Noch fehlt eine Freigabe. Das Ziel ist nahe, noch ist die Ziellinie aber nicht überschritten. "Ende Februar soll die technische Abnahme erfolgen", sagt Gerd Brauns. Dann folgten Prüfungen des TÜV und des Landkreises. Sollte alles gut gehen, könnte der Sportbetrieb dann vorab im März wieder beginnen. Auf die Besucherempore und den neuen Fahrstuhl kann dabei verzichtet werden, findet die Verwaltung.
Lange Zeit geschlossen
Bereits 2017 fiel die Entscheidung für die Sanierung der Halle. Sie sollte ein Leuchtturm in Sachen Energieeinsparung werden. Ein ganzes Paket an Maßnahmen sollte das Gebäude auf Klimaschutz trimmen. „Das kostet uns insgesamt 1,58 Millionen Euro“, sagte der ehemalige Samtgemeindebürgermeister Reinhard Kock damals. Dafür gab es dann auch Fördergelder in Höhe von 220.000 Euro.
Jetzt ist klar: Das Projekt kostet insgesamt rund 2,8 Millionen Euro. Davon geht die Fördersumme ab. Unter dem Strich musste die Samtgemeinde eine Million Euro mehr aufbringen als ursprünglich geplant. Was aber mindestens ebenso schmerzt, ist die lange Projektlaufzeit, in der die Halle weder den Schulen noch den Sportvereinen und anderen Gruppen zur Verfügung stand. Die Halle wurde im Dezember 2018 für den Sportbetrieb geschlossen. Schulen und Vereine müssen seitdem improvisieren und Ausweichquartiere nutzen. Ursprünglich sollte die Turnhalle 2019 in neuem Glanz erstrahlen. Doch daraus wurde nichts. Immer wieder wurde die Fertigstellung verschoben.
Verschiedene Ursachen
Anfangs soll eine komplexe Mischung aus Preissteigerungen gegenüber den Kostenschätzungen, höheren Anforderungen an Brandschutz, Lärmschutz und Statik sowie notwendige zusätzliche Arbeiten, die sich erst in der Bauphase herausstellten, für höhere Kosten und Verzögerungen gesorgt haben. Leitungen, die anders verlegt waren als erwartet, Materialien, die im Plan nicht verzeichnet waren, und weitere Überraschungen, die bei den Arbeiten aufkamen, brachten das Projekt ins Wanken. Die Halle stammt aus dem Jahr 1971. Jetzt gelten ganz andere Vorschriften, die berücksichtigt werden mussten. Auch der neue Turm mit Treppe und Fahrstuhl, der für einen barrierefreien Zugang der Tribüne sorgen soll, brachte höhere Anforderungen mit sich.
Einmal aus dem Takt, gab es am Ende Probleme mit den Handwerkern. Sie sind ausgelastet. Firmen zu finden, die Arbeiten übernehmen, wurde immer schwieriger, erzählt Gerd Brauns. Hauptbremse waren nach seinen Worten schließlich die Statikberechnungen. Dabei gehe es nicht nur um das Dach oder die Gebäudehülle. Überall spielten die Belastungsberechnungen eine Rolle. Ein externer Statiker hatte die nötigen Werte ermittelt. Die Hersteller lieferten meist die Anforderungen für ihre Produkte mit, die in den Plänen berücksichtigt wurden. Sie gehen über den Landkreis zu einem Prüfstatiker, der diese begutachtet.
Und dabei hätten sich unzählige Diskussionen entwickelt, schildert Holger Oberschelp von der Verwaltung. Beispiel Sicherung für die Tore: 14 Mal musste die Statik geändert werden, bis der Prüfer zufrieden war. Diskussionen gab es auch bei Klettergerüsten, die an den Wänden befestigt wurden. Wegen ihrer geringen Breite können sie nur von zwei Personen gleichzeitig genutzt werden, sagt Oberschelp. Mehr passten da nicht nebeneinander. Der Prüfstatiker habe aber eine Absicherung für die Nutzung durch zwölf Personen gefordert. Diese Abstimmungen hätten einfach zu viel Zeit gekostet.
Fast neue Halle
Eigentlich haben die Hamberger nun eine fast neue Halle, findet Brauns. Dass mit dem Kostenaufwand für die Sanierung tatsächlich eine völlig neue Halle zu finanzieren gewesen wäre, bezweifelt der Samtgemeindebürgermeister aber. Die neue Halle an der Integrierten Gesamtschule in Osterholz-Scharmbeck habe neun Millionen Euro gekostet. Die sei zwar länger, habe aber keine Tribüne und keinen Aufzug. Schließlich sei die Turnhalle mit dem Hallenbad verbunden, ein Abriss wäre wohl sehr komplex geworden.
Gerd Brauns hat aber noch ein Argument, das in der Öffentlichkeit nicht diskutiert wurde: graue Energie. Unter dem Begriff wird die Energie zusammengefasst, die für die Herstellung von Materialien, Produkten oder Gegenständen aufgebracht wird. Ein Neubau der Turnhalle hätte sicher mehr an grauer Energie verschlungen als die Sanierung und somit die Umwelt belastet, überlegt Brauns.