Osterholz-Scharmbeck. Als der Ball im Netz zappelte, da brachen alle Dämme. Es lief bereits die zweite Minute der Nachspielzeit, als sich der überragend aufspielende Marlo Burdorf noch einmal ein Herz fasste und das Leder aus 20 Metern perfekt traf. Flach neben dem Pfosten schlug die Kugel ein, und Spieler, Ersatzleute, Trainerteam – alle rasteten komplett aus, hatte der VSK Osterholz-Scharmbeck doch innerhalb von acht Minuten eine Partie gedreht, in der wohl nur noch die wenigsten der rund 160 Zuschauer auf die Hausherren gesetzt hatten. Kurze Zeit später pfiff der stark pfeifende Schiedsrichter Bilel Bourkhis ab – und der VSK hatte den FC Worpswede im Derby der Fußball-Bezirksliga Lüneburg 3 mit 2:1 (0:1) besiegt.
"Die Jungs haben bis zum Ende an sich geglaubt und sich endlich mal belohnt für eine starke Leistung", brachte es VSK-Trainer Thorsten Westphal nach einer intensiv geführten Partie mit insgesamt sieben Gelben Karten auf den Punkt. Dabei schien es für sein Team zunächst genau so zu laufen wie schon so oft in der bisherigen Saison. "Ich glaube, das war das zehnte Tor, das wir auf diese Weise kassiert haben", sagte Westphal mit Blick auf den Rückstand. Innenverteidiger Hussain Taha ging zum Entsetzen seiner Mitspieler in der 16. Minute als letzter Mann völlig unnötig ins Dribbling mit Derrick Ampofo und vertändelte den Ball an den Worpsweder Stürmer, der daraufhin aus Nahdistanz ungehindert einschieben konnte.
VSK klar tonangebend
Doch trotz dieses Nackenschlags übernahmen die Kreisstädter anschließend die Initiative. Besonders das VSK-Zentrum mit Marlo Burdorf und Louis Melzer strahlte deutlich mehr Präsenz aus als das Worpsweder Mittelfeld. Einen Freistoß von Tim Bormann konnte FC-Keeper Jakob Reiter im Nachfassen parieren (20.), ein Melzer-Schuss strich aus 20 Metern knapp über das Worpsweder Gehäuse. Kurz vor der Pause parierte Reiter dann noch einen schönen Kopfball von Marlo Burdorf im Anschluss an einen Freistoß von Tobias Stöhr. Die Worpsweder, die mit einer defensiven Dreierkette vor allem die Flügel stark gemacht hatten, blieben vor allem im Vorwärtsgang wie schon beim 2:4 gegen Hülsen einiges schuldig.
"Wir haben das Spiel offensiv nicht so prägen können, wie wir es uns vorgenommen hatten", sagte Trainer Gerd Buttgereit hinterher. Zudem sahen sich er und sein Trainerkollege Oliver Schilling in der 60. Minute dazu gezwungen, den gelb-rot-gefährdeten Winterneuzugang Yassin Bekjar vorzeitig vom Feld zu holen. Das war doppelt ärgerlich, weil die Worpsweder in den zehn Minuten nach der Pause deutlich besser dagegen hielten und es so schien, als könnte der Titelkandidat die Partie in ruhigere Bahnen lenken. 20 Minuten lang passierte praktisch nichts in den beiden Strafräumen, dann prüfte Juri Kiekhöfer Worpswedes Schlussmann mit einem Kopfball (67.), auf der Gegenseite lenkte VSK-Keeper Malte Vollstedt einen Flachschuss von Jan-Henrik Kück zur Ecke.
In der Schlussviertelstunde erhöhte der VSK dann noch einmal den Druck, ohne allerdings wirklich zwingend zu werden. Ein Distanzschuss von Melzer war leichte Beute für Jakob Reiter. Dafür machte der Keeper dann aber vor dem Ausgleich nicht die allerbeste Figur, als ein langer Flankenball von Marc-Patrick Hatke durch den Fünfmeterraum segelte und schließlich bei Juri Kiekhöfer landete, der am zweiten Pfosten mit dem Kopf zum umjubelten 1:1 vollendete (84.). Die Hausherren wollten nun aber noch mehr, spielten voll auf Sieg – und wurden in der Nachspielzeit schließlich belohnt. Marlo Burdorf traf den Ball perfekt und schickte seine Mitspieler damit in den kollektiven Jubelrausch.
"Ehrlich gesagt ist mir das vollkommen egal, ich wäre auch ohne diesen Sieg sehr stolz auf die Leistung der Jungs gewesen", sagte Thorsten Westphal hinterher. Gleichwohl merkte der VSK-Coach natürlich auch, wie viel aufgestauter Frust sich mit diesem Last-Minute-Sieg entlud. Und der FC Worpswede? Der kann mit einem Sieg in seinem Nachholspiel die Tabellenführung zurückholen, hat seine ziemlich optimale Ausgangssituation aber innerhalb von zwei Wochenenden nahezu komplett verspielt. "Und wenn wir Spiele so einfach herschenken wie letzte Woche gegen Hülsen und auch heute wieder, dann werden wir definitiv nicht dort oben bleiben", sagte Gerd Buttgereit, der mit seinem Team nun am kommenden Wochenende im Heimspiel gegen Fischerhude-Quelkhorn unbedingt in die Erfolgsspur zurückkehren muss.