Ein angekündigtes Bauprojekt für den Stadtteil Osterholz sorgt für Diskussionen in Osterholz-Scharmbeck. Ein Investor aus Sittensen hatte im Mai detailreiche Skizzen für einen größeren Neubau öffentlich vorgestellt. Die Idee: An der Rübhofstraße sollen 16 Wohnungen entstehen. Die Pläne verzückten nahezu alle Ausschussmitglieder. Nur Harry Schnakenberg vom Seniorenbeirat der Stadt kritisierte die Entwürfe und das Vorgehen. Nun stellt sich heraus, dass der Unternehmer seine Bauvoranfrage für das Grundstück schon vor Monaten zurückgezogen hatte, um die Pläne zu überarbeiten. Bislang liegt keine neue Bauvoranfrage zum Vorhaben vor, wie Sabine Schäfer von der Kreisverwaltung Osterholz auf Nachfrage erläutert. Was ist passiert?
Das will Poort-Bau
Die Firma Poort-Bau hatte öffentlich angekündigt, 16 neue Wohnungen an der Rübhofstraße 6 zu errichten. Zuvor sollte ein Altbau auf dem Gelände abgerissen werden. Angedacht war ein Rotklinker-Mehrfamilienhaus mit Tonnendachgauben, das den Effizienzhausstandard 40 und mit zusätzlicher Zertifizierung erfüllt. Die Wohnungen sollten zwischen 50 und etwa 80 Quadratmeter groß werden. Für den hinteren Teil des Grundstücks waren 20 Autostellplätze angedacht.

Wilder Wein umklammert scheinbar die Stahlpforte am Eingang zum Haus.
Nur ein Vertreter der Ü-60-Gemeinde sah die Sache kritisch. Der Vorsitzende des Seniorenbeirats, Harry Schnakenberg, stand mit seiner Kritik im Fachausschuss allein da. Dass der Altbau aus dem Jahr 1774 stammen könnte, spielte in der öffentlichen Beratung keine Rolle und war den Ratsmitgliedern offenbar unbekannt.
Das sagen Ratsmitglieder
Ausgesprochenes Lob für den "gelungenen Entwurf" gab es stattdessen von Daniel Kreschner (Grüne). Für seine Parteikollegin Anja Heuser ließen die Planungen "kaum einen Wunsch offen". Werner Schauer (SPD) hatte an den von Poort-Bau-Planerin Jana Heins präsentierten Ideen ebenfalls nichts auszusetzen. Ähnlich sahen es Politiker von Links- und Bürgerfraktion: Ratsmitglied Herbert Behrens (Linke) hielt "den Abgang alter Bausubstanz für sehr bedauerlich", sprach aber von "guter Gestaltung". Wilfried Pallasch (Bürgerfraktion) und Kristian Kugeler (CDU) lobten ebenfalls die Entwürfe.

An der Fassade zeigt sich die Aufschrift Anno 1774.
Das sagt die Landkreis-Sprecherin
Jetzt steht fest, dass der Neubau und der damit verbundene Abriss der Altimmobilie warten müssen. Der Grund? Die Osterholzer Kreisbehörde und das niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege haben ein Verfahren zur Prüfung der Denkmalwürdigkeit des möglicherweise 250 Jahre alten Bauernhauses eingeleitet. "Dieser Prüfprozess ist noch nicht abgeschlossen und kann erfahrungsgemäß einige Zeit in Anspruch nehmen", teilt die Sprecherin der Kreisverwaltung auf Anfrage mit.
Das sagt der Seniorenbeirats-Vorsitzende
Harry Schnakenberg dürfte sich in seiner Zurückhaltung bestätigt fühlen. "Mir geht das alles etwas zu schnell", sagte er noch am Mittwoch vor Bekanntwerden der Denkmalsprüfung im Redaktionsgespräch. Auch zur Geschichte des Abrisshauses sei wenig bekannt. Zuvor hatte Schnakenberg im Planungsausschuss bereits die – aus seiner Sicht – unnötig hohen Baukosten bemängelt, die durch den hohen Energieeffizienzhaus-Standard entstehen. Dies wiederum würde zu einem hohen Verkaufspreis der Wohnungen führen. Schnakenberg ist überzeugt, dass sich kaum ein Senior den Kauf der fertiggestellten Wohnungen leisten könne. Der vermeintlich hohe Kaufpreis sei in gewisser Hinsicht diskriminierend.
Die Ü-60-Vertreter monieren auch, dass die Pläne am Bedarf vorbeilaufen. „Wir brauchen bezahlbaren Wohnraum“, betont Schnakenberg. „Hier bleiben aber andere außen vor.“

Das Gebäude an der Rübhofstraße 6 wurde offensichtlich mehrfach umgebaut. Derzeit ist es unbewohnt.
Für Schnakenberg läuft die Entwicklung in Osterholz-Scharmbeck "in die falsche Richtung". Denn in Hamburg und in Bremen machten sich Investoren längst Gedanken darüber, wie man das Bauen durch abgesenkte Standards billiger machen könne, merkt er an. Gleiches geschehe auf Bundesebene. In Osterholz-Scharmbeck jedoch würden „hochtrabende Ideen einfach so durchgewunken“ – auch wenn die Erteilung der Baugenehmigung letztlich beim Landkreis verbleibt (Anmerkung der Redaktion). „Ich weiß nicht, ob wir uns damit einen Gefallen tun“, sagt der Vorsitzende des Seniorenbeirats.
Was sagt Poort-Bau?
Bei der Firma Poort-Bau war auf Nachfrage der Redaktion niemand zu einer Stellungnahme bereit. Auf telefonische Anfrage hieß es, dass die zuständige Bauplanerin im Urlaub sei. Und der Firmenchef stecke in den Urlaubsvorbereitungen und habe daher kaum Zeit, um eine Stellungnahme zum Sachstand des Bauverfahrens abzugeben. Eine weitere E-Mail an Poort-Bau blieb zudem unbeantwortet.