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71. Tarmstedter Ausstellung eröffnet Bauern werben um Vertrauen

Die Landwirtschaft steht vor großen Herausforderungen. Das war der Tenor auf der Eröffnungsfeier zur 71. Tarmstedter Ausstellung. Die sieht sich als Brücke zwischen Stadt und Land.
12.07.2019, 19:52 Uhr
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Von Johannes Heeg

Tarmstedt. Dunkle Wolken ballten sich zeitweise über Tarmstedt, wo am Freitag die 71. Tarmstedter Ausstellung feierlich eröffnet wurde. So mancher mag beim Blick in den Himmel ein Sinnbild für die Situation der Landwirte gesehen haben. Tatsächlich steige der gesellschaftliche Druck auf die Bauern, machte Messe-Geschäftsführer Dirk Gieschen bei der Begrüßung der rund 800 Gäste im Festzelt deutlich. Kritik an Tierhaltung und Überdüngung schlägt den Bauern entgegen, zudem soll die Branche weniger Chemie einsetzen, weniger Treibhausgase freisetzen und überhaupt viel nachhaltiger wirtschaften.

Die Themen Artenschutz, Klimaschutz und Enkeltauglichkeit, sie haben die Landwirtschaft erreicht. Und damit auch den wichtigen Branchentreff, mit erwarteten 100 000 Besuchern die größte Landwirtschafts- und Verbrauchermesse im Norden. Diese habe eine wichtige Mittlerfunktion zwischen Landwirten und Verbrauchern, zwischen Stadt und Land, sagte Gieschen. Die Auseinandersetzung über den künftigen Kurs sei wichtig, leider sei seit einiger Zeit der Ton rauer geworden.

Die Ausstellung sehe sich als Brückenbauer zwischen Erzeugern und Verbrauchern, die sich zunehmend für regionale und biologisch produzierte Lebensmittel interessierten. Deutlich werde dieser Anspruch unter anderem in der Bio-Genusshalle und in verschiedenen Gesprächsrunden. „Biokost für Kantinen und Unimensen, das könnte ein Konzept für unsere Landwirte und eine Perspektive für Hofnachfolger sein“, sagte Gieschen.

Landwirte sollen Teil der Lösung werden

„Teile der Landwirtschaft müssen ihre Wirtschaftsweise ändern, wenn wir die Klimaziele des Pariser Abkommens erreichen wollen“, mahnte Gerhard Schwetje, Präsident der Landwirtschaftskammer. Im Vergleich zu 1990 müsse bis 2030 ein Drittel der CO₂-Emissionen eingespart werden. Den Landwirten riet er, sie sollten Teil der Lösung werden. Auch sprach er sich für eine Deklaration beim Fleisch aus, damit der Verbraucher wisse, wo und wie die Tiere aufgewachsen sind.

Als Schaufenster der Innovation bezeichnete Festredner Hubertus Paetow, Präsident der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG), die Tarmstedter Ausstellung. Sie sorge für Überblick und Markttransparenz und bringe die Akteure der Branche zusammen. In seinem Festvortrag wies der in der Nähe von Rostock lebende Landwirt und Agrarfunktionär darauf hin, dass sich die Landwirtschaft in Deutschland in unruhigem Fahrwasser befinde. „Wenn wir unsere Entwicklung hin zu mehr Nachhaltigkeit in die richtigen Bahnen lenken wollen, müssen wir uns an der Gesamtheit der Ziele orientieren“, sagte Paetow. Es gehe nicht mehr nur um Ertrag und Milchleistung, sondern auch um Grundwasserschutz und Artenvielfalt. Wichtig sei nicht nur Kostenersparnis, sondern die ganzheitliche Betrachtung der Auswirkungen von Landwirtschaft auf Natur und Umwelt sowie Ernährungssicherung. Nur so könne die Branche das Vertrauen der Verbraucher zurückgewinnen.

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Landrat Hermann Luttmann, Schirmherr der Tarmstedter Ausstellung, gab sich zuversichtlich, dass es in den kommenden Jahren viele Fortschritte in der Agrarwirtschaft geben werde. Nachhaltigkeit und Fortschritt müssten also kein Widerspruch sein. Alle Landwirte müssten erkennen, dass es ein „weiter so“ nicht geben könne. Die Nitratbelastung der Grundwassers im Landkreis Rotenburg gehe nicht zurück, sondern stagniere auf hohem Niveau. Das Dilemma: Eine weitere Verschärfung der Düngeverordnungen werde den bürokratischen Aufwand für Landwirte und Behörden weiter steigern, außerdem wäre sie mit gravierenden Restriktionen für zwei Drittel aller Landwirte im Kreis Rotenburg verbunden.

Ausstellung auch für Verbraucher von großer Bedeutung

„Wir brauchen die Landwirtschaft in Niedersachsen, und sie gehört in die Mitte der Gesellschaft“, sagte die niedersächsische Ministerin für Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Barbara Otte-Kinast. Die Ausstellung sei ein Muss, hier treffe sich der ländliche Raum. Die Ministerin gratulierte den Verantwortlichen zum 40-jährigen Tierschau-Bestehen. „Nicht nur für die Landwirte und Züchter ist sie von großer Bedeutung, sondern auch für die Verbraucher. Hier können Familien die Tiere noch live erleben und anfassen“, sagte sie.

Die Tarmstedter Ausstellung ist bis kommenden Montag jeweils von 9 bis 18 Uhr geöffnet. An vier Messetagen präsentieren mehr als 750 Aussteller ihre Produkte und Dienstleistungen rund um Landwirtschaft, Tierzucht und erneuerbare Energien. Einen großen Bereich nehmen zudem Angebote rund um Haus, Garten, Freizeit und Genuss ein. Hinzu kommt ein umfangreiches Rahmenprogramm mit Fachvorträgen. Auf dem Tierschaugelände gibt es außerdem Shows mit Pferden und Hunden, Alpakas und Schafen sowie Zuchtschauen fürs Fachpublikum. Mehr als 1000 Tiere sind zu sehen.

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