Wilstedt/Tarmstedt. Mal eben für eine kleine Besorgung mit dem Auto von Wilstedt nach Tarmstedt oder umgekehrt, das war früher kein Problem. Seit die Wörpebrücke abgerissen und die Kreisstraße gesperrt ist, seit Oktober also, sind aus den bislang fünf Kilometern 15 oder mehr geworden. Das merken auch die Geschäftsleute.
Allerdings eher auf der Tarmstedter Seite der Wörpe, wie eine kleine Umfrage in Tarmstedt und Wilstedt ergab. Nils Krentzel von der Wilstedter Werkzeugkiste sagt: "Der Januar ist ohnehin ein eher ruhiger Monat, aber meine Kunden, die sich ein Gerät ausleihen wollen, kommen auch weiterhin aus Tarmstedt oder Hepstedt zu mir gefahren." Die Leute nähmen den Umweg halt in Kauf, sprächen im Laden dann "von ihrer kleinen Weltreise", die sie auf sich genommen hätten. Sein Silvestergeschäft mit Raketen und Böllern sei überhaupt nicht von der Brückensperrung beeinträchtigt gewesen, so Krentzel. Allerdings sei es in seinem Hermes-Paketshop spürbar ruhiger geworden.
Benstein will nicht jammern
Reiner Mahnken-Benstein betont: "Ich will nicht jammern." Das Jammern liege ihm nicht, er habe auch nicht gejammert, als vor Jahren Aldi, Edeka und Rewe ihre großen Supermärkte in Tarmstedt eröffnet hätten. "Damals habe ich gehandelt und mein Café eröffnet", sagt der Betreiber eines Lebensmittel- und Bäckerladens. Das Café habe er nach Corona wieder geschlossen. Aber er habe seine Stammkunden, die weiterhin in seinem Lebensmittelladen einkaufen. Und die Torten und Kuchen, die er nach wie vor selber backt, verkauften sich gut. "Dafür kommen die Leute auch aus Tarmstedt zu mir", berichtet er. Wobei ihm durchaus zugutekomme, dass in der Nachbarschaft eine gut gehende Hausarztpraxis liege. Unter den Patienten gebe es sicher etliche, die dann auch bei ihm einkauften. Und er fügt hinzu: Neulich, auf einer Versammlung der Wilstedter Gewerbetreibenden, habe sich keiner beschwert, dass wegen der Straßensperrung die Kundschaft wegbleibe.
Und aus dem Schuhhaus Wilstedt ist zu hören: "Uns betrifft das mit der Baustelle nicht", sagt Gudrun Ahrens, "die Leute kommen weiter zu uns." Was sicher auch daran liege, "dass wir nicht nur Schuhe verkaufen, sondern auch einen Schuhmacher im Haus haben".
Andere Antworten in Tarmstedt
Fragt man in Tarmstedt nach, verändern sich die Antworten. "Wir spüren das schon, dass weniger Leute kommen", sagt Monika Macht-Ammar von Buch und Papier Winter an der Wilstedter Straße. Insbesondere die Lotto-Kunden seien weniger geworden, "und überhaupt ist es jetzt ziemlich ruhig in der Straße". So mancher Kunde aus dem Bereich Wilstedt-Buchholz-Vorwerk stöhne über die weite Anfahrt.
Kathrin Volkersen vom Optikergeschäft im selben Haus sagt: "Die Menschen planen ihre Besorgungen besser, sie versuchen jetzt eben, mehrere Sachen zusammenzulegen. Die Terminvergabe ist nach wie vor gut." Im Großen und Ganzen profitiere ihr Geschäft von der hohen Kundenbindung, "denn wer von uns eine Brille bekommt, der kommt auch zum Service zu uns". Ihr Bruder und Mitinhaber Kai, der in Dipshorn wohne, gehe pragmatisch mit der Situation um: "Wenn es das Wetter irgendwie zulässt, fährt er mit dem Rad nach Tarmstedt." Was sie sich wünsche, seien mehr Informationen von offizieller Seite, was den Baufortschritt bei der Wörpebrücke angehe.
Bernd Schnakenberg, Filialleiter des Baumarkts Dietrich, findet "die megalange Bauzeit nicht toll". Denn aus dem Bereich Wilstedt-Buchholz komme seit Oktober "erheblich weniger Kundschaft". Er könne nur hoffen, dass sie sich nach der Öffnung der Kreisstraße wieder in Richtung Tarmstedt orientiere. Betroffen sei sein Betrieb auch in anderer Hinsicht: "Die Wege für die Auslieferung von Baustoffen nach Wilstedt und umzu sind jetzt auch viel länger als früher."
Ähnlich äußert sich auch Kriemhild Seifert vom gleichnamigen Elektrogeschäft in Tarmstedt. "Die Wege für unsere Monteure sind halt viel länger als früher. Früher sind wir mal eben nach Tarmstedt gefahren, um eine Lampe aufzuhängen. Jetzt versuchen wir, möglichst mehrere Aufträge zu bündeln." Ansonsten übe sie sich in Geduld: "Wir können ja alle nur abwarten und hoffen, dass es nicht noch länger dauert als geplant."