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BUND spricht von „Gärten des Grauens“ Landkreis Rotenburg geht gegen Schottergärten vor

Schotterbeete statt Pflanzen im Garten – das ist nicht nur schlecht für die Natur, sondern auch schlichtweg verboten. Darauf weist nun auch die Rotenburger Kreisverwaltung hin.
10.11.2019, 23:00 Uhr
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Von Johannes Heeg

Schotterbeete statt Pflanzen im Garten – das ist nicht nur schlecht für die Natur, sondern auch schlichtweg verboten. Darauf weist nun auch die Rotenburger Kreisverwaltung hin. „Die Diskussion um Schotterbeete reißt nicht ab“, heißt es in einer Mitteilung aus dem Kreishaus. Nicht nur gebe es aus Sicht des Naturschutzes „eine Reihe naturschutzfachlicher und ökologischer Gründe, die gegen das Anlegen eines solchen Beetes stehen. Zudem ist diese Art der Gartengestaltung rechtlich unzulässig.“ Der Landkreis habe bereits in einzelnen Fällen ordnungsbehördliche Verfahren eingeleitet.

Auf Nachfrage teilt der Landkreis mit, dass er nicht flächendeckend gegen Schottergärten vorgehe. Werde bei in Einzelfällen angeordneten Überprüfungen allerdings festgestellt, dass ein unzulässiges Schotterbeet angelegt worden ist, „wird dieser Verstoß aufgenommen“. Bisher habe es nur wenige Einzelfälle gegeben, der Landkreis habe das Thema aber vermehrt im Blick. Soweit Verantwortliche nicht auf freiwilliger Basis zur Umgestaltung bereit seien, würden gegebenenfalls rechtliche Schritte eingeleitet, um die Fläche ohne Schotterbeete zu gestalten. „Hier können beispielsweise Zwangsgelder angeordnet werden“, so eine Landkreis-Sprecherin.

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Schottergärten nicht erlaubt

Bereits im Mai hatte der Umweltverband BUND darauf hingewiesen, dass Schottergärten nicht zulässig seien. „Die Gemeinden sollen bitte schön die Bauordnung durchsetzen“, so Manfred Radtke, Vorsitzender des BUND-Kreisverbands Rotenburg. Er spricht von einem „schlimmen Trend“, wonach immer mehr Grünflächen großflächig mit Schotter oder Holzschnitzeln abgedeckt würden. Diese zu Recht als „Gärten des Grauens“ bezeichneten Grundstücke seien nämlich ökologische Wüsten: „Jede Biene, jeder Schmetterling macht um solche Flächen einen großen Bogen.“

Dabei seien Schottergärten gar nicht erlaubt. Gemäß der Niedersächsischen Bauordnung müssen nicht überbaute Flächen der Baugrundstücke zwingend Grünflächen mit Gras oder Gehölzen sein. Auch Pflasterungen und Plattenbeläge seien nur in geringem Maße zulässig. „Die Vegetation muss auf nicht überbauten Flächen eindeutig überwiegen“, so Radtke. Darauf habe das niedersächsische Umweltministerium in seiner Antwort auf die Anfrage einer Landtagsfraktion hingewiesen.

Radtke weiter: „Es gibt einen dramatischen Verlust an biologischer Vielfalt, das Insektensterben ist in aller Munde. Das liegt nicht nur an der heutigen Form der Landwirtschaft und dem permanenten Flächenverbrauch durch Bebauung." Blühende Grünflächen seien gerade auch in den Gemeinden unverzichtbar.
Die Kommunen sollten daher Haus- und Gartenbesitzer auf eine bienenfreundliche
Gestaltung hinweisen „und, wo nötig, die Bauordnung durchsetzen“. Leider seien sie es häufig selbst, die eigene Flächen mit Schotter abdeckten. Um Klarheit zu schaffen, fordert der BUND die Gemeinden auf, in jedem Bebauungsplan auf die rechtliche Regelung hinzuweisen.

Viele Nachteile durch Schottergärten

Der Umweltverband Nabu hat auf seiner Homepage einiges an Argumenten gegen das Anlegen von Schotterbeeten zusammengetragen. Schon die Anlage eines Schottergartens sei oft teurer als gedacht. Der Kies alleine könne schon mehrere hundert Euro pro Tonne kosten. Dazu komme, dass die Kiesel mit der Zeit Moos ansetzen, welches sie dreckig und ungepflegt wirken lassen. Daher müssten sie von Blättern befreit und regelmäßig mit dem Laubbläser oder Hochdruckreiniger gereinigt werden, doch diese Geräte sind laut, verbrauchten viel Energie und schadeten obendrein Kleinstlebewesen. Nach drei bis zehn Jahren müsse die ganze Fläche abgetragen, der Kies gewaschen, das Vlies unter dem Kies entfernt und erneuert und der saubere Kies wieder aufgelegt werden. „Das klingt alles andere als pflegeleicht und günstig“, so der Nabu.

Anders als in Steingärten nach alpinem Vorbild, die, wenn sie fachgerecht angelegt werden, vielen Insekten Nahrung bieten, seien viele Schottergärten nur spärlich oder gar nicht bepflanzt. Die Optik der Pflanzen stehe dabei im Vordergrund. Doch Bambus, Rhododendren oder einzelne Töpfe mit Buxbaum böten Insekten und Vögeln wenig bis keine Nahrung. Kleinsäuger finden hier keinen Unterschlupf. Auch Reptilien, die Wärme eigentlich lieben, fühlten sich auf diesen monotonen Flächen nicht wohl. In einigen Fällen würden zur Bekämpfung ungebetener Pflänzchen sogar Pestizide eingesetzt. Diese Gifte töten endgültig alles Leben auf der Fläche und im Boden, warnt der Nabu.

Im Sommer knalle die Sonne auf die Steine und heize sie auf. „Die sehr hohen Temperaturen grillen die spärliche Bepflanzung, die nicht an diese Wüstenbedingungen angepasst ist, und sorgen so dafür, dass die Pflanzen vertrocknen, egal, wie viel man sie gießt“, heißt es vom Nabu. Schon nach kurzer Zeit müssten sie ausgetauscht werden. Die Luft werde nicht durch Pflanzen abgekühlt, sondern auch in der Nacht durch die Steine erwärmt. Durch die fehlenden Blätter der Pflanzen könnten feine Staubpartikel nicht mehr aus der Luft gefiltert werden, Staub und Stickstoffdioxid reicherten sich an. Auch der Lärm der Autos werde durch den Schotter verstärkt.

Der Landkreis Rotenburg verweist auf eine Broschüre des Niedersächsischen Landesbetriebes für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz mit dem Titel „Insektenvielfalt in Niedersachsen – und was wir dafür tun können“. Diese könne als Printausgabe bestellt oder unter www.nlwkn.niedersachsen.de heruntergeladen werden.

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