Beschlossene Sache Tankrabatt: Benzin wird dank Steuersenkung ab dem 1. Juni um rund 35 Cent pro Liter billiger, Diesel etwa um 17 Cent pro Liter. Unter diesen Vorzeichen dürften manche, die nicht täglich auf das Auto angewiesen sind, noch einmal darüber nachdenken, wann sie das nächste Mal zur Tankstelle fahren. Betreiber erwarten, dass es Anfang Juni an den Zapfsäulen voll werden wird.
„Eine hohe Nachfrage der Autofahrer wird auf ein niedriges Angebot stoßen“, mutmaßte Duraid El Obeid, Vorsitzender des Bundesverbands Freier Tankstellen, in der "Rheinischen Post". Vorübergehende Engpässe an den Stationen seien "nicht komplett auszuschließen", erklärte Christian Küchen, Hauptgeschäftsführer des Verbands Fuels und Energie, der "Rheinischen Post". Die Tankstellenbetreiber würden mutmaßlich versuchen, ihre Bestände bis zum 1. Juni stark zu reduzieren, um danach so wenig hoch versteuerten Sprit wie möglich billiger weiterverkaufen zu müssen.
Die Benzin- und Dieselpreise waren bereits zu Jahresbeginn auf Rekordhöhe geklettert, mit dem Ausbruch des Ukrainekriegs stiegen sie weiter. Kostete der Liter Super im Jahresdurchschnitt 2021 noch knapp 1,58 Euro, liegt er mittlerweile bei einem bundesweiten Tagesdurchschnitt von gut 2,10 Euro. Vor Kriegsausbruch Ende Februar waren es 1,75 Euro. Mit der Steuersenkung will der Bund Autofahrerinnen und Autofahrer entlasten.
Bei der Hoyer-Unternehmensgruppe aus Visselhövede (Landkreis Rotenburg) blickt man sehr gespannt auf die nächsten Tage. „So eine Aktion wie den Tankrabatt hat es in der Form bisher ja noch nicht gegeben“, sagt Unternehmenssprecher Thomas Hartmann. Er spricht von „großen Herausforderungen“ für Stationsbetreiber und Mineralölhändler. Ein mögliches Szenario: „Am 30. und 31. Mai ist an den Tankstellen tote Hose, weil niemand mehr zum alten Preis tanken will“, sagt Hartmann, „und am 1. Juni wollen dann alle.“ Er rate jedem Autofahrer, aber auch den eigenen Großkunden, zu denen Speditionen und landwirtschaftliche Betriebe gehören, davon ab, den Tank zum 31. Mai leer zu fahren.
„Man sollte vor allem als Großabnehmer nicht darauf setzen, dass ab dem 1. Juni alle Tanks sofort wieder voll sein werden. Wir reden hier von Abnehmern, die dann von einem Tag auf den anderen 10.000 Liter und mehr benötigen. Da kann es durchaus zu zwei, drei Tagen Verzögerung kommen“, sagt Hartmann. Generell sollten Autofahrer ab Juni mehr Zeit fürs Tanken einplanen. „An den Tankstellen wird es voll sein, es wird Schlangen geben“, sagt Hartmann, „wer morgens pünktlich im Büro oder bei einem Termin sein muss, sollte nicht denken, dass er vorher noch eben auf die Schnelle tanken kann.“
Am 1. Juni werde es garantiert mehr Trubel an den Tankstellen geben als sonst, sagt auch Dierk Kiebler, zuständig für das Marketing beim Bremer Mineralölhandel (BMÖ), der 35 Stationen unterhält. Chaos oder Engpässe erwarte er jedoch nicht. Kieblers Ansicht nach ist außerdem das gleichzeitig anlaufende Nahverkehrsangebot eine starke Konkurrenz zum Spritrabatt: "Warum sollten die Leute sich das Neun-Euro-Ticket kaufen und ihr Auto volltanken?"
Wie hoch die Kosten für Benzin und Diesel Anfang Juni tatsächlich sein werden, ist offen. Die Preise an den Stationen haben in den vergangenen drei Wochen angezogen. Der Allgemeine Deutsche Automobil-Club (ADAC) kritisierte jüngst, das Preisniveau bei Benzin sei mit Blick auf die Rohölnotierungen "seit Wochen überhöht". Es bestehe "erhebliches Potenzial für deutliche Preissenkungen". Verbandspräsident Gerhard Hillebrand forderte außerdem, die Mineralölkonzerne sollten die steuerlichen Entlastungen beim Einkauf voll an die Verbraucher weitergeben.
Wer mit dem Monatswechsel ein schlagartiges Preisgefälle erwartet, könnte allerdings daneben liegen. Die Kunden sollten sich nicht wundern, wenn die Preise schon in den nächsten Tagen leicht runter gehen würden, sagt Hoyer-Sprecher Hartmann. „Wenn jeder, der nicht unbedingt tanken muss, es jetzt auch nicht tut, sinkt die Nachfrage und damit auch der Preis.“ Umgekehrt könnten die 17 Cent Steuerersparnis für Diesel und 35 Cent für Benzin am ersten Tag nicht gleich in vollem Maße spürbar werden, weil die Nachfrage plötzlich in die Höhe schießt. „Auch da kann es leichte Verzögerungen geben“, sagt Hartmann. Danach allerdings folge mit Sicherheit „eine Phase niedriger Preise“ – „vermutlich bis um 23:59 Uhr am 31. August. Und ab dem 1. September ist dann wieder gähnende Leere an den Tankstellen.“