Mit dem am Freitag beginnenden neuen Jahr ist bei vielen Menschen die Hoffnung verbunden, dass alles besser werden möge. Neben privaten Problemen gilt dies vor allem für die Corona-Pandemie, die seit März auch den Landkreis Verden in Atem hält. Mittlerweile haben sich seitdem mehr als 2200 Menschen im Kreisgebiet mit dem Virus infiziert – das sind 1,6 Prozent der Personen, die insgesamt im Landkreis Verden leben (137 000). Seitdem die Pandemie angekommen ist, sind 28 dieser Kreisbewohner am oder mit dem Coronavirus gestorben (Stand Mittwoch, 8 Uhr).
„Wir befinden uns noch immer inmitten der Corona-Krise, die uns länger einschränkt und ängstigt, als wir im März noch hofften“, resümiert Landrat Peter Bohlmann. Auch der anstehende Jahreswechsel werde von der Hoffnung geprägt sein, „dass das neue Jahr ein besseres als das alte werden wird“. Zumindest bei der Bekämpfung der Pandemie werde dies in erster Linie durch den Beginn der Impfungen, aber auch durch die weiteren Kontakteinschränkungen sowie eine laut Bohlmann „hohe Effizienz bei der Erfassung und Rückverfolgung des Infektionsgeschehens“ der Fall sein.
Doch er weist auch darauf hin, dass die Krise nicht mit ihrer medizinischen Eindämmung erledigt sein wird. „Noch lange werden uns ihre Folgen beschäftigen: die Vereinsamung gerade von älteren und kranken Menschen, die eingeschränkten Bildungschancen für unsere Kinder, die Arbeitslosigkeit und die wirtschaftliche Gefährdung ganzer Branchen“. Auch mit Blick auf die anstehenden Herausforderungen bedankt sich Bohlmann bei den Mitarbeitern des Gesundheitsamtes und allen beteiligten Akteuren sowie denen, „die am Kranken- und Pflegebett, in den Hilfsorganisationen, in Supermärkten und an vielen anderen Orten im Rahmen der Pandemiebewältigung in der vordersten Reihe standen und weiter stehen werden“.
In dieser vordersten Reihe steht auch das Gesundheitsamt des Kreises, das bereits im Februar im Krisenmodus war. „Die Wahrscheinlichkeit, dass auch im Landkreis jemand erkrankt, steigt“, prognostizierte zu diesem Zeitpunkt Gesundheitsamtsleiterin Jutta Dreyer. Am 9. März war es dann soweit: Ein Ehepaar, inzwischen zurückgekehrt, hatte sich während eines Skiurlaubs in Norditalien angesteckt. Landrat Peter Bohlmann bat die Menschen, nicht in Panik zu verfallen und keine Hamsterkäufe zu tätigen. Der erste Todesfall im Zusammenhang mit der Pandemie ereignete sich am 1. April.
Um die Hausärzte zu entlasten, rüstete der Landkreis die Container auf dem Kreishaus-Parkplatz zu einem Abstrichzentrum um, das die Kassenärztliche Vereinigung (KV) betrieben hat. Nahezu zeitgleich häuften sich die Absagen von Veranstaltungen, Gruppentreffen, Sportereignissen und es gab wie in Oyten sogar Rathaus-Betretungsverbote für Reiserückkehrer aus den Risikogebieten. Mitte März erfolgte dann der erste bundesweite Lockdown, der auch im Landkreis Verden dazu führte, dass diverse Hilfsangebote insbesondere für ältere Menschen entstanden. Parallel nahmen die Anträge auf Kurzarbeit der Unternehmen im Kreisgebiet drastisch zu – während aufgrund von weniger Tatgelegenheiten die Kriminalität laut Polizei abnahm. Einen Monat lang gab es keinen Präsenzunterricht in den Schulen und auch die Kindertagesstätten waren geschlossen.
Landkreis war zeitweise Hotspot
Mitte April lag die offizielle Zahl der Infizierten im Kreis Verden bei 111 Menschen, zu diesem Zeitpunkt waren 80 Menschen wieder genesen. Wo sich sonst knapp drei Mitarbeiterinnen um den Infektionsschutz kümmern, waren nun etwa 25 Personen im Gesundheitsamt – darunter vier Ärztinnen und eine ärztliche Honorarkraft – mit Aufgaben im Rahmen der Corona-Krise befasst. „Die Zahlen verdeutlichen die enorm hohe Personalbindung, die solch ein Virusgeschehen mit sich bringt“, erklärte Jutta Dreyer seinerzeit. Mitte Juni schnellte die Zahl der Infizierten nach oben, da es einen Corona-Ausbruch in einem Oytener Pflegeheim gab – das war der erste Corona-Hotspot im Landkreis Verden. Das Technische Hilfswerk und das Deutsche Rote Kreuz hatten Dekontaminationszelte vor der Einrichtung aufgebaut. Nun hatte der Landkreis Verden sogar niedersachsenweit die meisten Corona-Fälle pro 100 000 Einwohner vorzuweisen. Die 7-Tage-Inzidenz lag bei 40 neuen Infektionen.
Mitte Juli waren knapp 250 Menschen infiziert und 200 genesen. Das Gesundheitsamt musste einen gesamten Gebäudekomplex am Niedersachsenring in Verden unter Quarantäne stellen, in dem es zum Corona-Ausbruch gekommen war. 100 Bewohner wurden abgestrichen. Zu diesem Zeitpunkt gab es acht Todesfälle im Kreisgebiet. Das Testzentrum in Verden war bereits geschlossen worden, die hausärztlichen Praxen übernahmen die Corona-Tests.
Die Zahl der Infizierten explodierte Ende Oktober: Gab es am 20. Oktober rund 500 Infizierte kreisweit, lag diese Zahl bereits Anfang November bei 1000 Infizierten und Mitte November schon bei über 1500 Infizierten. In dieser Phase war auch die Kurve der aktiven Infektionsfälle (Differenz Infizierte/Genesene) am höchsten: Sie schoss zeitweise bis auf 500 Menschen hoch. Es kam vermehrt auch zu Infektionen in Kindertagesstätten und Schulen. In der Aller-Weser-Klinik stießen vor allem die Beschäftigten auf den Intensivstationen an ihre Grenzen – Ärzte und Pflegepersonal arbeiteten bereits am Limit. Ebenso das Gesundheitsamt, das in den Schichtbetrieb wechselte, während parallel die Planungen für das Impfzentrum vorangetrieben wurden. Im Dezember kam es zu positiven Coronafällen in Altenheimen in Achim und Langwedel.
Der Landkreis Verden durchbrach mit seinem Inzidenzwert erstmals am 20. Oktober die Schallmauer des national festgelegten Schwellenwertes von 50 Neuinfektionen innerhalb der letzten sieben Tage bezogen auf 100 000 Einwohner. Ihren Höchststand erreichte die Inzidenz Mitte November, inzwischen nähert sie sich mit aktuell 67,8 dem Schwellenwert von 50 wieder an. Und während für die Impfungen vor Ort, wie berichtet, im Containerdorf am Kreishaus ein Impfzentrum geschaffen worden ist, erfordert die Bewältigung des Infektionsgeschehens immer noch den gleichbleibend hohen Einsatz des Gesundheitsamtes: Pro Tag waren und sind laut Landrat Peter Bohlmann bis zu 500 Anrufe erforderlich, um Kontakte von infizierten Bürgern nachzuverfolgen und Massenausbrüche zu verhindern. „Den Mitarbeitern des Gesundheitsamtes ist es zu verdanken, dass das bisher so erfolgreich im Landkreis Verden gelang“, betont Bohlmann.
Tagesaktuelle Corona-Zahlen
Im Landkreis Verden gibt es bisher 2223 (plus 20 zum Vortag) laborbestätigte Coronavirus-Fälle. 2005 (plus 28 zum Vortag) Covid-19-Patienten sind laut Kreisverwaltung wieder genesen und aus der häuslichen Quarantäne entlassen. 190 Personen im Landkreis, in dem rund 137 000 Menschen leben, sind aktuell mit dem Coronavirus infiziert. Es befinden sich weitere 152 Personen in Quarantäne, acht Menschen werden stationär im Krankenhaus behandelt. Der Wert der kumulativen Inzidenz der vergangenen sieben Tage (bezogen auf 100 000 Einwohner) liegt bei 67,8 (alle Angaben Stand Mittwochmorgen, 8 Uhr).