Landkreis Verden. Die jetzt vom Bund beschlossene „Corona-Notbremse“ hat auch für die Bürgerinnen und Bürger im Landkreis Verden spürbare Auswirkungen. Denn die Bundes-Notbremse und die damit einhergehenden Maßnahmen kommen zum Tragen, sobald ein Landkreis oder eine kreisfreie Stadt drei Tage am Stück eine 7-Tage-Inzidenz von mehr als 100 aufweist. Da dieser Wert im Landkreis Verden bereits seit knapp zwei Wochen überschritten wird, tritt die Notbremse bereits an diesem Sonnabend, 24. April, im Landkreis in Kraft. Die Kreisverwaltung hat auf Weisung dazu eine entsprechende feststellende Allgemeinverfügung erlassen.
„Wie erwartet, ist die Verordnungslage durch die Erweiterung des Infektionsschutzgesetzes weder einheitlicher noch übersichtlicher geworden“, kommentiert Landrat Peter Bohlmann die neue Situation. So seien die jetzt geltenden Regelungen des Bundes in einigen Punkten weitgehender, in anderen weniger weitreichend als die bisherigen Regelungen der Corona-Landesverordnung. Wichtig dabei sei, so Bohlmann, dass das Land oder der Landkreis die Bundesregelungen abhängig vom Infektionsgeschehen nur verschärfen könne, nicht aber abmildern. „Den Mindeststandard für umzusetzende Maßnahmen in Kommunen mit einer 7-Tage-Inzidenz von über 100 gibt jetzt der Bund vor“, erklärt der Landrat. Maßgeblich ist dabei die vom Robert-Koch-Institut (RKI) veröffentlichte Inzidenz.
Verschärfung bei den Schulen
Eine Verschärfung durch das Landesrecht gibt es in Niedersachsen im Bereich der Schulen. Hier will das Land die Bedingungen für den Schulbesuch unverändert lassen. Demnach bleiben bei einer Inzidenz von über 100 nur die Grund- und Förderschulen im Wechselunterrichtmodell, während an den weiterführenden Schulen – mit Ausnahme der Abschlussklassen – kein Präsenzunterricht mehr erteilt, sondern ins Distanzlernen gewechselt wird. Nach Bundesrecht muss dieser erst ab einer Inzidenz von 165 eingestellt werden.
Erleichterungen durch den Bund gibt es für den Einzelhandel. Terminshopping („click & meet“) ist bis zu einer Inzidenz von 150 im Kreisgebiet möglich. Allerdings müssen Kunden für den Zutritt ins Geschäft einen negativen Antigen-Schnelltest einer anerkannten Testeinrichtung vorlegen können, der nicht älter als 24 Stunden ist, oder vor Ort einen Selbsttest unter Aufsicht durchführen. Einem negativen Schnelltest gleichgestellt sind Personen, die seit mindestens 15 Tagen über eine vollständige Corona-Schutzimpfung verfügen. Die Testpflicht gilt zudem nun auch für einen Friseurbesuch und in der Fußpflege.
Unverändert durch die Bundes-Notbremse hingegen bleiben in Landkreisen mit einer 7-Tage-Inzidenz von über 100 die bestehenden strikten Kontaktbeschränkungen. Im Landkreis Verden dürfen sich daher Angehörige eines Haushaltes weiterhin nur mit einer weiteren Person treffen. Ab einer Inzidenz von über 100 sieht die Bundesregelung zudem eine nächtliche Ausgangssperre von 22 bis 5 Uhr vor. Joggen und Spaziergänge alleine bleiben bis Mitternacht erlaubt. Ansonsten dürfen sich nachts draußen nur Personen aufhalten, die eine begründete Ausnahme geltend machen können, wie beispielsweise berufliche Gründe oder Notfälle. Die Ausgangssperre gilt im Landkreis bereits an diesem Wochenende.
Erheblicher Kontrollaufwand
„Diese nächtlichen Einschränkungen bedeuten auch mit Blick auf ihre fragliche Wirkung nicht nur eine unnötige Einschränkung für die Bevölkerung, sondern sind gleichzeitig mit einem erheblichen Kontrollaufwand verbunden“, kritisiert Landrat Bohlmann. Es sei eine unverhältnismäßige Maßnahme, die nicht berücksichtige, ob es sich um Straßenzüge in Berlin-Kreuzberg oder ein Dorf mit 20 Häusern im Landkreis Verden handele.
Begründet werde die Maßnahme vom Bund damit, dass dann Kontrollen nächtlicher Treffen einfacher wären. Das sieht Bohlmann anders: „Im Kreishaus halten wir es für problematisch, so tiefe Grundrechtseinschränkungen mit Kontrollerleichterungen des Staates zu begründen.“ Aber auch bei der Frage, ob der Bund überhaupt als zusätzlicher Paragrafenproduzent und weiterer Verordnungsgeber auftreten dürfe, hoffe man beim Landkreis auf eine baldige gerichtliche Klärung. „So lange ein Urteil noch nicht vorliegt, müssen wir als Landkreis mit diesem Regelungswirrwarr so gut wie möglich umgehen“, sagt Bohlmann.