Als Jutta Precht Anfang vergangener Woche zum Baufeld an der Bahnhofstraße in Baden kam, war ihr eigentlich schon nach einem kurzen Blick auf das Erdreich klar, dass hier ein durchaus seltener Fund gemacht wurde. Und ihr erstes Gefühl hat die Kreisarchäologin ganz offensichtlich nicht getäuscht. "Wir haben schwarze und graue Farbe in dem hellen Sand gefunden", berichtet Precht. Was für den Laien erst einmal nach nichts Besonderem klingt und auch nicht unbedingt ungewöhnlich aussieht, ließ bei der Expertin sofort die Alarmglocken klingeln. "Diese Verfärbungen deuten nämlich darauf hin, dass an diesen Stellen früher mal ein Feuer gebrannt hat."
Das Ungewöhnliche an der Stelle in Baden, wo derzeit eigentlich gerade Eigentumswohnungen gebaut werden, ist aber, dass über diese Verfärbungen hinaus praktisch keine anderen Funde wie etwa Scherben oder Ähnliches entdeckt werden konnten. "Das ist eher selten und weist auf die mittlere Steinzeit hin", ordnet Precht die Entdeckungen ein. Das bedeutet konkret: Die Funde sind zwischen 7000 und 9000 Jahre alt. "Das ist zumindest die wahrscheinlichste Datierung. Das wahre Alter erfahren wir erst, wenn wir die Proben ins Labor geschickt haben." Und auch dann muss Precht sich noch ein wenig gedulden, denn eine solche Prüfung könne etwa ein Vierteljahr dauern.
Fingernagelgroße Stücke
Darüber hinaus sollen die meist nicht größer als ein Fingernagel ausfallenden Holzkohlestücke auch einer Holzartbestimmung unterzogen werden. "Wir können dadurch sehen, welche Bäume damals hier gewachsen sind und welche fürs Feuermachen ausgewählt wurden", sagt Precht. Die Tatsache, dass neben den Holzkohlestücken keine Feuersteine oder Ähnliches gefunden wurden, spricht nach Ansicht von Precht auch dafür, dass die Stelle an der Badener Bahnhofstraße früher ein Ort war, wo die Jagdbeute möglicherweise geröstet wurde.
Solche Fundstellen wie die in Baden sind laut Precht sehr selten. "Vielleicht hat es sie früher häufiger gegeben, aber sie sind so schwer zu erkennen, dass sie oft übersehen werden." Auch Bauherr Christian Busch gibt zu, dass er die Verfärbungen im Boden vermutlich nicht entdeckt hätte. Bei der Einreichung seines Bauantrages hatte er vom Landkreis allerdings die Auflage bekommen, dass er sich bei der Kreisarchäologin melden muss, wenn der Baubeginn ansteht, damit sie vorab noch einmal einen Blick in die Baugruben werfen kann.
Verbrannte Knochen entdeckt
"Diese Stelle hier ist nämlich als historischer Ortskern bekannt und deshalb hatte ich erwartet, dass man hier vielleicht noch Spuren von mittelalterlichen Bauten findet", sagt Precht. Gefunden hat sie schließlich ja auch was, aber es waren keine mittelalterlichen Funde, sondern viel, viel ältere. Ein internationales Archäologen-Team der Firma ArchaeNord hat von Freitag an nun zwei Tage das Baufeld genau unter die Lupe genommen. 32 Fundstellen sind dabei herausgekommen. An einer weiteren wurden zudem verbrannte Knochen gefunden. "Die sind aber sicher jünger und haben nichts mit den anderen Funden zu tun", erklärt Precht. Vermutlich habe vor ein paar Tausend Jahren an eben jener Stelle eine Bestattung stattgefunden.
"Unsere jetzigen Funde sind in Mark und Pfennig zwar nicht wertvoll, aber sie haben einen hohen wissenschaftlichen Wert", erklärt Precht. Im Landkreis Verden habe sie in ihren fast 30 Berufsjahren bisher nur drei Funde "von einem solchen Kaliber" gehabt. Die anderen beiden seien die "Venus von Bierden" und die Grabhügel in Quelkhorn. Alle Fundstellen in Baden wurden in den vergangenen zwei Tagen nun fotografiert, gezeichnet, vermessen und textlich beschrieben. Darüber hinaus wurden je zwei Eimer mit Bodenproben von jedem Fund mitgenommen. "Das ist dann aber auch alles, was von einer solchen Ausgrabung übrig bleibt", sagt Precht. Schon heute kann Busch mit den Bauarbeiten für seine Eigentumswohnung weitermachen. Was ihm allerdings bleibt, sind die Kosten für die Ausgrabungen, die er als Bauherr tragen muss. Busch schätzt sie auf 5000 bis 7000 Euro.