Verden. Die Maßband-Rolle und die gelbe Kreide gehören in diesen Tagen zu den wichtigsten Utensilien von Marktmeister Rüdiger Nodorp. Seit Dienstag ist der Domweih-Aufbau in vollem Gange, am Sonnabend, 2. Juni, beginnt endlich die fünfte Jahreszeit in Verden. Getreu dem Motto „Die Großen zuerst“ hat Nodorp nach den erfolgten Straßensperrungen zuerst den großen Fahrzeugen ihren Platz zugewiesen. Am Mittwoch hat der „Domweih-Vater“ dann mit den Schaustellern gesprochen und die Standplätze an sie übergeben. „Bitte nicht über die gelbe Linie fahren, sonst müssen Sie sofort wieder abbauen“, scherzt er beim Rundgang durch die Budenstadt.
Die meisten Schausteller kennt der Marktmeister bereits seit Jahrzehnten. Gerade diese familiäre Atmosphäre ist das, was die fünfte Jahreszeit in der Allerstadt auszeichnet. „Solange Rüdiger Nodorp Marktmeister ist, stehe ich auch schon auf der Domweih“, erzählt Hans-Otto Bröckling (Timmys Zeitreise) aus Paderborn. Stimmt garnicht. „Es ist jetzt meine 19. Domweih, seit 2000 mache ich das. Du bist schon zwei Jahre länger mit dabei“, klärt Nodorp den Schausteller auf. Premiere bei den sechs tollen Tagen feiert hingegen Renato Heitkamp mit seinen holländischen Pommes. „Sieht gut aus“, sagt Nodorp, nachdem er kurz einen Blick hinter den Wagen geworfen hat. Die Strom- und Wasserversorgung steht. Heitkamp hat den blauen Schlauch an den nahen Hydranten angeschlossen, den „Saft“ (32 Ampere) liefern ihm hingegen die Verdener Stadtwerke. Aber es sind ja nicht nur die Fahrgeschäfte, Zelte und Buden, die Nodorp auf der Festmeile unterbringen muss, auch die Wohnwagen der Schausteller verschlingen jede Menge Platz. Sie stehen größtenteils auf dem Warwick-Platz und dem alten Parkplatz der Stadtwerke. Ganz geschickt macht es übrigens Hans-Otto Bröckling: „Ich habe mich auf einem Reiterhof einquartiert, fahre immer mit dem Fahrrad zur Domweih.“
Einige Meter weiter reinigt Henry Schmidt aus Oldenburg die Fassade seiner Schieß-Bude (Shooting Stars). Der Aufbau bereitet dem jungen Schausteller sichtlich Spaß. „Spüli-Wasser eignet sich am besten zum Putzen“, verrät er. Bei seinen Streifzügen über die Volksfeste der Region (unter anderem Bremen, Oldenburg und Bruchhausen-Vilsen) hat der Marktmeister eine neue Attraktion entdeckt – das Lauffahrgeschäft Big Bamboo. „Da gehe sogar ich rein“, versichert Nodorp und trifft sich zum kleinen Plausch mit Schausteller Robert Hempen aus Oldenburg. „Die Verdener identifizieren sich einfach mit ihrer Domweih. Schon beim Aufbau hatten wir hier sehr viel Publikumsverkehr. Das ist immer ein gutes Zeichen“, weiß Hempen. Urlaub auf der Domweih – das ist das Motto von Big Bamboo. Damit Südsee-Feeling am Allerstrand aufkommt, bringt Hempen sogar Animateure nach Verden mit. Sie laden die Besucher beispielsweise zum Limbo-Tanz an der Tiki-Tiki-Bar ein.
Ein weiteres Novum auf der Domweih ist das Hochfahrgeschäft Propeller No Limit. „Das geht über Kopf. Da gehe ich nicht rein“, gesteht Nodorp und schaut bei Sven „Sotti“ Sottorf nach dem Rechten. Der Verdener Gastronom ist unter die Schausteller gegangen und diesmal mit einer „doppelstöckigen Hütte“ auf der Domweih vertreten. Die trägt den vielversprechenden Namen „Sottis Platzhirsch“. „Oben können die Gäste sogar tanzen und vom Balkon winken“, verrät Sottorf. Einen kleinen Biergarten und Essensgelegenheiten gebe es auch. Nein, auch das dritte neue Fahrgeschäft auf der Domweih, den Voodoo Jumper, würde Nodorp selbst nie betreten. Warum? Weil sich die Gondeln drehen und die Arme des Fahrgeschäfts in die Luft emporschnellen.
Mix aus Pöttjer-Markt und Kirmes
Nach der erfolgreichen Premiere im vergangenen Jahr ist auch Karows grüne Küche aus Pinneberg wieder mit dabei. Pita-Brote als Bruschetta sowie andere vegetarische und vegane Speisen werden dort zubereitet. „Auf der Domweih macht sich langsam ein Generationswechsel bemerkbar“, hat „Domweih-Vater“ Rüdiger Nodorp beobachtet. Eine, die die persönliche Ansprache bei der Platz-Einweisung über alle Maßen schätzt, ist Kirsten Keese – die Frau, bei der mittlerweile schon die zweite Generation Domweih-Besucher Fische angelt. Auch Siggi Friedt (Zum Schinderhannes) zählt zu den Schausteller-Urgesteinen. An seinem Stand können sich die Domweih-Besucher eine „Grundlage“ in Form eines saftigen Schweinenacken-Steaks für den späteren Zeltbesuch schaffen. „Die Nähe zur City und die Mischung aus Pöttjer-Markt und Kirmes machen die Domweih einmalig“, findet er. Domweih oder Brokser Markt? – für manchen Rummel-Fan ist das ja eine Gewissensfrage. „Unsere Volksfest-Kultur zeichnet sich dadurch aus, dass jeder Markt sein Alleinstellungsmerkmal hat“, weiß Friedt, der sowohl in Broksen als auch in Verden Steaks brät.