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Kabarett im Kasch „Wir leben in spannenden Zeiten“

Er kommt wieder nach Achim: Florian Schroeder: Mit im Gepäck hat er sein Programm „Ausnahmezustand". Im Interview verrät er, was die Besucher im Kasch erwartet.
27.01.2019, 14:06 Uhr
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„Wir leben in spannenden Zeiten“
Von Ivonne Wüsthof
War das vergangene Jahr 2018 ein ergiebiges Jahr fürs Kabarett?

Florian Schroeder: Für einen Satiriker ist jedes Jahr ergiebig, das ist ja das Tolle! Ich befasse mich immer mit dem, was ist und nicht was war oder hätte sein können. Daher fange ich nicht an, mit anderen Jahrgängen zu vergleichen. Hinzu kommt aber, dass wir im Moment tatsächlich in besonders spannenden Zeiten leben: Brexit, Trump, AfD, die verbale und emotionale Aufrüstung, die Eskalationsbereitschaft online und offline haben zugenommen, das spielt alles eine Rolle.

Aus der Sicht eines Kabarettisten: Was war ihr Höhepunkt 2018?

Merkels Rückzugsankündigung war schon das unvorhergesehene Highlight – und dann alles, was da dran hing bis zur Kurzzeitkandidatur des oberen Mittelschichtspiloten aus dem Sauerland, der nicht genau weiß, ob er sich als Millionär bezeichnen soll oder nicht. Wer auf dieser Reiseflughöhe unterwegs ist, kann schon mal den Überblick verlieren.

Lässt sich denn Annegret Kramp-Karrenbauer genauso gut durch den Kakao ziehen wie Angela Merkel?

Das hängt vom Material ab, das sie bietet. Das kann nur die Zeit zeigen. Ich habe wenig Sorgen.

2019 wird ein intensives Wahljahr. Was denken Sie: Geben die Landtagswahlen und die Europawahl ausreichend Stoff für das politische Kabarett?

Drei Landtagswahlen im Osten, wo die AfD bis zu 25 Prozent hat, das wird nicht spurlos an uns vorüberziehen. Das hat Potential für ein Erdbeben. Mal sehen, wer nächstes Jahr um diese Zeit noch da ist.

In Ihrer Show „Ausnahmezustand", mit der Sie am 17. Februar im Achimer Kasch auftreten, geht es um das hochphilosophische Thema „Gut gegen Böse“. Lässt sich die Welt denn aus Ihrer Sicht so leicht einteilen?

Keinesfalls. Die Diagnose ist: Es gibt eine ungeheure Renaissance dieser Begriffe, die Welt wird wieder genau in diese Kategorien eingeteilt, vielleicht auch eine Antwort auf das ,Anything goes' der letzten Jahrzehnte, die Predigt der unendlichen Möglichkeiten, der wachsenden Unübersichtlichkeit. Jetzt ist wieder voraufklärerische Einfachheit gefragt. Das ist hochgefährlich, weil man sich selbst verpanzert und immer für den Guten hält. Und das interessiert mich: Wo kippt das Gute ins Böse und umgekehrt.

Können Sie schon einen kleinen Vorgeschmack auf das geben, was das Achimer Publikum erwarten wird?

Es geht von der Weltpolitik über die Frage: Sind soziale Medien böse, nur weil da jeder seinen Quatsch in die Welt blasen kann. Ebenso geht es aber auch über mein Leben im Prenzlauer Berg, wo man gut sein muss, sonst darf man dort nämlich gar nicht wohnen. Aber auch über die Interpretation von Helene Fischer-Texten und der Frage, warum wir plötzlich nur noch die Sprache ändern, statt die Welt zu ändern.

Was macht aus Ihrer Sicht gelungenes Kabarett aus?

Es bringt die Welt in Gags und Pointen auf den Punkt, ohne zu belehren, im besten Falle irritiert es das Publikum und zerstört Selbstverständlichkeiten, sodass am Ende mehr Unsicherheit als scheinbare Gewissheiten bleiben. Das ist heute, in einer Zeit, die sich nach nichts mehr sehnt als nach Eindeutigkeit, ihre vielleicht wichtigste Aufgabe.

Und wo ziehen Sie beim Kabarett die Grenze?

Naja, es gibt ein paar Leitlinien: Nach oben treten, nicht nach unten, das sind aber Fragen des Stils. Die Frage ist: Habe ich gelacht, hatte ich einen schönen Abend? Ich versuche, in meinen Programmen einen Fokus auf aktuelle, relevante Themen zu setzen. Genregrenzen zwischen Kabarett und Comedy ist was für Leute, die die Welt in Gut und Böse aufteilen.

Wahrscheinlich schon tausendmal gefragt und mindestens genauso oft beantwortet: Was reizt Sie so am Kabarett bzw. an der Satire?

Die Tatsache, dass ich eine journalistische Arbeit machen kann, dabei aber alles sagen und zuspitzen kann, ins Absurde drehen kann, mit Analogien arbeiten kann. Mit anderen Worten: Dass ich spielerisch sein kann, ohne unpräzise zu werden.

Die Süddeutsche Zeitung schrieb einmal, dass ihr Hauptberuf Provokateur sei. Können Sie dem so zustimmen?

Provokation gehört punktuell dazu, ist aber kein Selbstzweck. Wichtiger ist es, über den Mechanismus des Witzes den einen oder anderen Gedanken in den Zuschauern wachzurufen, der zuvor vielleicht verborgen schlief. Wäre ich pathetisch, würde ich sagen: Ich bin im sokratischen Sinne Mäeutiker, gedanklicher Geburtshelfer. Zum Glück bin ich aber nicht pathetisch, sondern nur der Clown.

Das Interview führte Ivonne Wüsthof.

Zur Person

Zur Person

Florian Schroeder (39)

ist nicht nur Kabarettist, sondern auch als als Autor, Kolumnist und Moderator tätig. Mit 14 Jahren hatte er seinen ersten kurzen Auftritt in Harald Schmidts Fernsehsendung Schmidteinander im Jahr 1993, in dem er Prominente parodierte.

Info

Zur Sache

Vorverkauf

Florian Schroeder tritt am Sonntag, 17. Februar, um 19 Uhr mit seinem Programm „Ausnahmezustand“ im Achimer Kasch auf. Karten sind ab 19 Euro im Vorverkauf unter www.kasch-achim.de erhältlich.

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