Keine Zeit zum Verschnaufen bleibt den Akteuren des Kunstvereins Fischerhude. Kaum ist die Ausstellung „Baum — Kunst und Natur“ erfolgreich beendet worden, da läuft auch schon die nächste Bilderschau in Buthmanns Hof (Im Krummen Ort 2). Anlässlich der 900-Jahr-Feier der Ortschaften Fischerhude und Quelkhorn widmet sich der Kunstverein seit Sonntag und noch bis zum 3. November in zwei Ausstellungen dem Fischerhuder Ortsbild im Wandel der Zeit. Im Zentrum steht dabei die Frage: "Wie blickten Maler und Fotografen auf das idyllische Künstlerdorf?" Rund 300 Exponate – Gemälde und Fotografien – sollen zur Aufklärung beitragen. Hauptakteure sind die Werke der Künstler Klaus Rohmeyer (1920 bis 2013) und Jochen Kallhardt (1955 bis 2001).
Im Giebel des Hauses ist der Heimatbund Fischerhude unter dem Titel "Lüüd ut de Hu'e" präsent. Die eindrücklichen Farb- und Schwarz-Weiß-Aufnahmen der "Leute aus Fischerhude" sollen einen intimen und berührenden Eindruck vom Leben im Dorf der 1960er- bis 1980er-Jahre geben. Zu sehen sind neben Aufnahmen von Bauern und Handwerkern, Alten und Jungen mit ihren Festen und Umzügen auch Dokumente und Alltagsgegenstände aus alter Zeit, die in zwei Vitrinen gezeigt werden.
Aalfang, Gänsezucht und Pooljagd
Fischerhude und Quelkhorn sind Orte mit vielen Facetten. Das Ortsbild ist vor allem geprägt durch seine Lage zwischen den Seitenarmen der Wümme und den abzweigenden Wasserarmen, den sogenannten Streeks, die die Höfe untereinander verbanden. Die Viehweiden und Heuwiesen befanden sich außerhalb der Wümmearme. Über den Wasserweg wurde die reiche Heuernte auf Stakbooten zu den Scheunen gebracht, um sie im Umland zu verkaufen, während die vollen Milchkannen von den Mägden über die Melkerstege und Brücken getragen wurden. Der Reichtum der Bauern stammte überdies auch vom Aalfang, der Gänsezucht sowie der Pooljagd im Winter.
Im Laufe der Zeit entstanden prächtige Höfe mit Entenhäusern und Bootsschuppen am Wasser. Besonders begüterte Fischerhuder bauten sich daneben villenartige Wohnhäuser wie die Säulenvilla an der Straße Im Krummen Ort, während sich reiche Bremer in der Surheide oder der Bredenau Wochenendhäuser errichteten. Durch den Zuzug von Künstlern Anfang der 1920er-Jahre entstanden Atelierhäuser.
Das besondere Interesse der Kunstschaffenden, etwa Heinrich Breling, Hermann Angermeyer, Wilhelm Heinrich Rohmeyer und Bertha Schilling sowie der Fotografen Rohmeyer und Kallhardt galt den ortstypischen Bauformen. Dazu gehörten Entenhäuser, Bootsschuppen, Brücken und Melkerstege, aber auch Höfe und Scheunen, die sich um die Wümmearme gruppieren. So unterscheidet sich Fischerhude durch sein Ortsbild, dessen Reiz von Malern und Fotografen seit Beginn der 1920er-Jahre festgehalten wurde, von vielen Dörfern in der Umgebung.
Werke von Rohmeyer und Kallhardt
Das fotografische Bild Fischerhudes wurde jahrzehntelang von Klaus Rohmeyer, Sohn des Fischerhuder Malers und Architekten Wilhelm Heinrich Rohmeyer, geprägt. In seinen Schwarz-Weiß-Fotografien hielt er den Ort, das bäuerliche Leben mit seinen Persönlichkeiten und vor allem die Wümmelandschaft in ihren tages- und jahreszeitlichen Erscheinungen einfühlsam fest. Nach einer Tischlerlehre hatte er sich, abgesehen von einem kurzen Besuch einer Fotoschule und der zeitweiligen Mitarbeit in einem Fotolabor, das Fotografieren autodidaktisch angeeignet. Zahlreiche Bildbände mit seinen Fotografien norddeutscher Landschaften sind erschienen.
Kallhardt konzentrierte sich ebenfalls auf die Landschaften und die Orte der Fischerhuder Umgebung. Besonders erfolgreich wurde er mit seinen Kalendern und Fotobüchern in Farbe. Sein gesamter Nachlass befindet sich im Besitz der Familie Kallhardt. In der Ausstellung sollen Gegenüberstellungen alter und neuerer Fotografien die Veränderungen an den Fassaden Fischerhuder Häuser und Höfe dokumentieren, um eine kritische Diskussion über den Zeitgeist anzuregen, der sich in den Modernisierungen manifestiert.