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Landgericht Verden Opfer verlieren mehrere Zehntausend Euro an "falsche Polizisten"

Zehntausende Euro haben Betrüger von Opfern aus Thedinghausen und Ritterhude erbeutet. Ein Mann, der das Geld abholte, steht nun vor Gericht. Die Polizei hatte ihn auf frischer Tat ertappt.
06.06.2025, 12:20 Uhr
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Von Angelika Siepmann

 Die Polizei warnt immer wieder vor Trickbetrügern, die ihre Opfer in oft stundenlangen Telefonaten mit Schauergeschichten und geschickter Gesprächsführung dazu bringen, Bargeld und Wertsachen herausrücken – damit diese vor vermeintlichen Übeltätern sicher sind. Gern geben sich die Anrufer als treu sorgende Polizeibeamte oder andere Amtsträger aus. Hat die fernmündliche Manipulation geklappt, kommt bald ein angeblicher Kollege zum Einkassieren der Beute. Als "Abholer" bei jeweils zwei Fällen im Oktober 2021 in Ritterhude und Thedinghausen soll ein 27-jähriger Bremer fungiert haben, der sich jetzt vor dem Landgericht Verden wegen schweren Betrugs verantworten muss.

In den ersten beiden Fällen soll ein 78-jähriger, inzwischen schon gestorbener Mann in Ritterhude auf eine der gängigen Maschen der Telefonbetrüger hereingefallen sein. In der Nähe sei gerade eine rumänische Räuberbande im Gange, die mit zwei Mitarbeitern der Sparkasse gemeinsame Sache mache. Man habe es auch auf sein Vermögen abgesehen. Der gutgläubige Senior, immer wieder per Festnetznummer und Handy unter Druck gesetzt, deponierte erst rund 25.000 Euro in einem Pappkarton vor der Haustür, am nächsten Tag sogar noch einmal 35.000 Euro.

Aufmerksame Bankmitarbeiter

Aufmerksame Mitarbeiter der Kreissparkasse (KSK) Osterholz-Scharmbeck sorgten dafür, dass der bereits eingefädelte dritte Coup der Täter misslang. Die mitnichten mit denen unter einer Decke steckenden KSK-Angestellten benachrichtigten die Polizei. Der schon reichlich "abgezockte" alte Herr war bereits im Begriff gewesen, nunmehr 45.000 Euro lockerzumachen. Nachdem man ihm die Augen geöffnet hatte, nahm er davon Abstand. Der Angeklagte und mindestens ein weiterer Tatbeteiligter sollen aber nicht davon Abstand genommen haben, ein weiteres aktenkundiges Opfer zu schröpfen.

Der zweite Tatkomplex, den die 2. Große Strafkammer des Landgerichts zu beleuchten hat, bezieht sich auf zwei ganz ähnlich gelagerte Fälle, die sich knapp zwei Wochen später in Thedinghausen zutrugen. Dass sich die Polizei mit ihren Präventionsmaßnahmen und Warnungen vornehmlich an ältere Menschen wendet, bedeutet nicht, dass junge Leute gegen die fiesen Machenschaften der Trickbetrüger gefeit sind. Diese bittere Erfahrung musste der mittlerweile Mittzwanziger machen, der am zweiten Verhandlungstag als Zeuge aussagte. Er hatte damals den Anruf entgegengenommen, der eigentlich seinen Eltern gegolten hatte. Aber Mutter und Vater befanden sich im Urlaub, und so geriet der Sohn ins Visier.

Allerdings hat der angehende Handwerksmeister auch erheblich dazu beigetragen, dass wenigstens dem per Taxi aus der Hansestadt angereisten Angeklagten das Betrugshandwerk gelegt wurde. Nachdem der Zeuge schon 28.000 Euro eingebüßt hatte, der Anrufer aber längst noch nicht Ruhe geben wollte, dämmerte ihm, "dass die mich verarschen". Er tat das Richtige und rief bei der "echten Polizei" an. Mit Unterstützung dreier Beamter gelang es am nächsten Tag, den Mann am Telefon zu täuschen und dem "Abholer" eine Falle zu stellen. Diesmal wurde ein Fake-Päckchen an der seitlichen Haustür bereitgelegt: Der Umschlag enthielt lauter Zeitungspapier im Geldscheinformat sowie einen gültigen Zehner obendrauf.

Auf frischer Tat ertappt

Als der nichts ahnende Angeklagte, der eine für die Zeit nicht ungewöhnliche Corona-Schutzmaske trug, die vermeintliche neue Beute ergriffen hatte und gerade das Grundstück verlassen wollte, traten die Polizeibeamten auf den Plan und nahmen den Mann fest. Der Bremer wurde aber noch am selben Tag wieder auf freien Fuß gesetzt. Bis zur Anklageerhebung sollte es noch gut zwei Jahre dauern, und nun wird dem 27-Jährigen der Prozess gemacht. Nicht sein erster. Im Tatzeitraum stand er zweifach unter laufender Bewährung, und wie sich das Dasein in einer Justizvollzugsanstalt gestaltet, hat er auch schon erfahren. Nach Angaben seiner Verteidigerin droht momentan ein Bewährungswiderruf, ein weiterer könnte folgen.

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der Angeklagte in allen vier Fällen auftragsgemäß im Einsatz war. Dem hat der Bremer energisch widersprochen. Er sei lediglich im letzten Fall tätig gewesen. Und er will auch nicht gewusst haben, "um was es da ging". Ein ehemaliger Arbeitgeber habe ihm mal einiges Geld geliehen und Schuldenerlass in Aussicht gestellt, wenn er bei dessen säumigen Kunden Abschlagszahlungen abhole. Das habe er geglaubt, aber nur einmal gemacht – in Thedinghausen. Der mutmaßliche Tatbeteiligte könnte sich dem Vernehmen nach im Libanon aufhalten.

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