Im Corona-Jahr 2020 ist die Zahl der registrierten Straftaten im Landkreis Verden insgesamt zurückgegangen. Auch die Häufigkeit von erfassten Wohnungseinbrüchen nimmt ab. Auf der anderen Seite sind die Beamten im Vorjahr deutlich häufiger mit Fällen häuslicher Gewalt konfrontiert worden. Das geht aus der Kriminalstatistik 2020 hervor, die am Mittwoch veröffentlicht wurde. Insgesamt blickt die Polizeiinspektion Verden/Osterholz nach eigener Einschätzung auf ein „sehr erfolgreiches Jahr 2020“ zurück.
Im Zuständigkeitsgebiet der Polizeiinspektion Verden/Osterholz wurden im Vorjahr 11.473 Straftaten erfasst. Das ist laut Polizei der niedrigste Wert seit zehn Jahren. Im Vergleich zu 2011 (15.510 Taten) ist die Zahl der bekannt gewordenen Straftaten um 26 Prozent gesunken. Im Landkreis Verden wurden 7037 Taten und somit 106 Taten weniger als im Vorjahr (2019: 7143) verzeichnet. Im Zehnjahresvergleich gingen im Landkreis Verden die Taten um 23 Prozent zurück. Die Aufklärungsquote der Polizeiinspektion Verden/Osterholz stieg um 2,3 Prozent auf knapp 66 Prozent an. Sie liegt damit knapp über der des Landes Niedersachsen (64 Prozent). Im Landkreis Verden liegt die Aufklärungsquote bei 67 Prozent. Sie nahm leicht zu auf den besten Wert seit zehn Jahren.
„Das Jahr 2020 stand merklich unter dem Einfluss der Corona-Pandemie. Täterinnen und Täter nutzen vermehrt die neuen Medien für sich ständig verändernde Begehungsformen. Durch die großen Einschnitte im öffentlichen Leben im vergangenen Jahr, inklusive der Lockdowns, wurde die Tendenz offenbar noch verstärkt“, bilanziert Ingo Jans, Leiter der Polizeiinspektion Verden/Osterholz. Daneben sei die Polizei vor die anfangs ungewohnte Aufgabe gestellt worden, die Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus zu überwachen. „Es war auch für die Polizei ein besonderes Jahr“, so Ingo Jans.
Eine deutliche Zunahme registrierte die Polizei im Vorjahr mit 451 Fällen bei der häuslichen Gewalt (2019: 350). Dies bedeutet eine Steigerung um knapp 29 Prozent. Auch im Vergleich der vergangenen zehn Jahre ist dies der höchste Wert. Allerdings spiegeln die Zahlen nur die Vorfälle wider, von denen die Polizei Kenntnis erlangt hat. „Ob die Ursache der höheren Fallzahlen an einer vermehrten Bereitschaft zur Erstattung einer Anzeige bei der Polizei oder vielleicht doch an der Corona-Pandemie liegt, können wir derzeit nicht mit Sicherheit sagen und daher nur vermuten. Die räumliche Nähe auf ungewohnt lange Zeit scheint aber nach unserer Einschätzung zu einer Gereiztheit innerhalb der Familien zu führen, wodurch mehr Gewalttaten entstehen“, schätzt Ingo Jans die Lage ein. In Zusammenarbeit mit anderen Behörden, beispielweise dem Frauenhaus oder der Beratungs- und Interventionsstelle (BISS), versuche die Polizei, den Menschen verstärkt zu helfen. Die Beamten gehen aber davon aus, dass die Gewalttaten mit der eintretenden Normalität des Alltags wieder sinken.
Hingegen hat die Polizei im Landkreis Verden eine Abnahme bei den Körperverletzungen registriert. Im Jahr 2020 wurden 644 Delikte und somit 29 weniger als im Vorjahr (2019: 673) verzeichnet. Die Anzahl der schweren und gefährlichen Körperverletzungen sank im Zehnjahresvergleich mit 164 erfassten Delikten auf den niedrigsten Wert. Ein ähnliches Bild ergibt sich auch bei den leichten Körperverletzungen. Hier sank die Anzahl von 491 (2019) auf 480 Taten. Weniger angezeigte Fälle gab es im Vergleich der vergangenen zehn Jahre nicht. Alkohol spielt bei den Gewaltdelikten weiterhin eine große Rolle. Allerdings sind auch hier die Zahlen rückläufig. Im Jahr 2020 waren die Tatverdächtigen bei 137 Taten alkoholisiert. Dies entspricht einem Anteil von rund 21 Prozent. An Schulen haben die Beamtinnen und Beamten insgesamt 32 Körperverletzungen registriert (2019: 27).
Ebenfalls ein Rückgang ist bei den erfassten Diebstahlsdelikten zu verzeichnen, womit die Polizeiinspektion Verden/Osterholz weiterhin einem landesweiten Trend folgt. Bei den schweren Diebstählen im Landkreis Verden verzeichnen die Beamten einen deutlichen Rückgang um 21 Prozent auf 903 Fälle (2019: 1144). Auch die Anzahl der einfachen Diebstähle sank, nämlich um 14,8 Prozent von 1223 (2019) auf 1042. Die Aufklärungsquote im Landkreis Verden lag insgesamt bei 32 Prozent. Ursachen für die Abnahme der Taten ist laut Polizei zum einen, dass die Bewohner wegen der Pandemie mehr zu Hause sind. Zum anderen hätten sich Täter verstärkt auf Computerkriminalität verlegt. Das belegen auch steigende Zahlen in diesem Bereich: im Jahr 2020 auf 921. Das bedeutet eine Steigerung um 5,8 Prozent, seit 2013 der höchste Wert im Zuständigkeitsbereich der Inspektion.
Neben der Internetkriminalität bleiben ebenfalls die Straftaten zum Nachteil älterer Menschen auf einem hohen Niveau - auch wenn insgesamt weniger Fälle als im Vorjahr bekannt wurden. „Gerade im Hinblick auf die Delikte wie Enkeltrick oder 'Falscher Polizeibeamter' sind zum Teil internationale Ermittlungen und eine enge Zusammenarbeit mit anderen Strafverfolgungsbehörden unerlässlich. Neben der Strafverfolgung wollen wir den Phänomenen aber auch mit einer regelmäßigen und zielgruppenorientierten Präventionsarbeit begegnen“, berichtet Joachim Steinmetz, Leiter des Zentralen Kriminaldienstes.
So wurde im Dezember 2020 ein Flyer über „Gefahren am Telefon und an der Haustür“ in Zusammenarbeit mit dem Präventionsrat und dem Seniorenbeirat der Stadt Verden an alle Haushalte in Verden ausgeteilt. Hierauf befand sich unter anderem ein QR-Code mit einem Link zu einem Kurzfilm, in dem eine Seniorin über ihre negativen Erfahrungen mit solchen Täterinnen und Tätern spricht.
Im Landkreis Verden nahm die Anzahl der erfassten Wohnungseinbrüche im Vergleich zum Vorjahr (2019: 164) leicht zu auf 167, wobei die Anzahl der vollendeten Delikte auf 87 sank (2019: 95). Die Zahl der Versuche lag im Jahr 2020 bei 80 (2019: 69). Während die Anzahl in Achim auf 57 (2019: 52) und in Thedinghausen auf 24 (2019: elf) stieg, wurde in den Gemeinden Ottersberg (11) und Oyten (17) ein Rückgang verzeichnet. In Verden gingen die Taten von 45 im Jahr 2019 auf 28 im Jahr 2020 deutlich zurück, wohingegen in den Gemeinden Dörverden (7), Kirchlinteln (9) und Langwedel (14) ein leichter Anstieg festzustellen ist. Der Anteil der versuchten Wohnungseinbrüche an der Gesamtanzahl der Taten stieg hingegen leicht an. Einen Grund für den Anstieg der Versuche sieht die Polizei unter anderem in verbesserten technischen Sicherungen von Wohnungen und Häusern. Der Diebstahl von Fahrzeugen sank deutlich von 60 Delikte auf nur noch 16 Fälle im vergangenen Jahr.