Reformen gibt es im Fußball immer wieder. Während sich vor Beginn der laufenden Saison 2021/22 die Auslegung der Handspielregel geändert hat, hat sich der Bundesjugendtag des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) nach einigen Jahren und zahlreichen Pilotprojekten nun einstimmig für die verbindliche Umsetzung der neuen Spielformen im Kinderfußball ausgesprochen. Das Zauberwort lautet hierbei Funino. Die Regelung soll mit Beginn der Saison 2024/2025 bundesweit in Kraft treten, teilt der DFB mit. Ab diesem Zeitpunkt sollen die veränderten Spielformen, die im Kern kleinere Mannschaftsgrößen auf kleineren Spielfeldern vorsehen, die bisherigen Wettbewerbe in der G-, F- und E-Jugend als feste Formate ablösen. Den offiziellen Beschluss dazu fasst der DFB-Bundestag am 11. März. Doch wie denken die hiesigen Nachwuchsvereine über Funino?
"Funino ist eine gute Sache", findet Stefan Schulz, Jugendwart des SV Hönisch. Bereits vor drei Jahren sei er auf einer Veranstaltung des Zweiligisten Hannover 96 gewesen, um sich zu informieren. "Anfangs habe auch ich mich mit der neuen Spielform schwergetan", gesteht Schulz, der auch die U10 des Kreisligisten trainiert. Er habe sich zunächst nicht von der ursprünglichen Spielform, dem Sieben-gegen sieben, loseisen können.
Stattdessen wird fortan beispielsweise im Zwei-gegen-zwei auf vier Minitore gespielt. Durch das kleinere Spielfeld fällt gleichzeitig auch die Position des Torwarts komplett weg. Einen Nachteil sieht Schulz darin nicht: "In jungen Jahren bieten die meisten Vereine – ausgenommen vielleicht die Profiklubs – kein Torwarttraining in den unteren Altersklassen an. Da geht der rein, der Bock drauf hat", erklärt Schulz. Ähnlich sieht es Thorsten Meyer, neuer Kreisjugendobmann des NFV-Kreises Verden. Eine Höhenreduzierung bei den normalen Toren bringe nichts, da die dortigen Torhüter eher Torsteher seien. "Man braucht keinen Torwart in diesem Alter. Tore können auch anderweitig verhindert werden."
Ziel: Spielintelligenz fördern
Meyer selbst sieht bei Funino unglaublich viele Vorteile. Beispielsweise werde die Spielintelligenz der Kinder früh gefördert und "das Allerwichtigste ist, dass alle Kinder spielen – eine Auswechselbank ist tabu", betont er. Es gebe stets Rotationsspieler, die zum Beispiel nach jedem Tor wechseln. "Hinzu kommt, dass auf einem normalen Fußballfeld insgesamt acht Funino-Spielfelder passen, wo zehn Kinder nonstop kicken können. Sprich: Insgesamt 80 Kinder, die zeitgleich spielen können", erklärt Meyer.
Zudem soll durch die Reform der Leistungsdruck minimiert werden und stattdessen die sportliche Entwicklung der Kinder stärker in den Vordergrund rücken. Deshalb werden in der G- und F-Jugend auch keine Meisterschaftsrunden ausgetragen. Das Wegkommen vom Leistungsgedanken fordert auch Meyer: "Gerade in den dörflichen Regionen, wo wir keine Nachwuchsleistungszentren der Bundesligisten haben, muss Fußball vielfältig reingebracht werden."
Nicht alle Vereine dafür
Jedoch gehen nicht alle Verantwortlichen mit Funino konform, wodurch auch innerhalb eines Vereins nicht immer Einigkeit herrscht. Gerd Adomeit, Jugendwart des FC Verden 04, begrüßt die Entscheidung: "Durch die Spielform haben die Spieler mehr Ballkontakte und das Spielerische rückt in den Vordergrund. In der Vergangenheit habe ich es immer öfter erlebt, dass auf die großen Tore rumgebolzt wird." Verdens U7/8-Trainer Alex Halinger, der selbst jahrelang Leistungsträger der ersten Herren war, ist gänzlich anderer Meinung: "Ich sehe derzeit davon ab. Ich bin anders aufgewachsen und trainiere auf normale Tore." Die neue Spielform sei für ihn Chaos, wodurch man kein Spielsystem aufbauen könne. "Besonders das positionsgerechte Aufstellen von Spielern ist nicht möglich", findet Halinger. Dadurch würden der Wettkampf und der Ehrgeiz bei den Spielern verloren gehen. Letztendlich liege es an jedem Trainer selbst, ob und wie er es umsetze, ergänzt Adomeit, dessen Verein bereits vier solcher Tore bestellt habe.
Dass nicht alle Übungsleiter oder auch Vereine mit der Spielreform einverstanden sind, weiß auch Thorsten Meyer. "Der Großteil der 33 Vereine – circa 20 – sind von Funino fest überzeugt. Sieben sind dagegen und der Rest bisher unschlüssig", berichtet der Kreisjugendobmann des NFV-Kreises Verden. "Alle 33 Vereine im Landkreis mit Jugendspielbetrieb sollen sich in den kommenden 18 Monaten damit intensiv auseinandersetzen", sagt er und verweist auf Schulungen.
Kosten für die Vereine
Auseinandersetzen müssen sich die Vereine auch mit der Beschaffung und der damit verbundenen Kosten der Tore. "Kostentechnisch ist es immer ein Thema", sagt Nils Kutsch, stellvertretender Jugendobmann und Torwart der ersten Herren des TSV Uesen. Sein Verein habe bei der Aktion des NFV mitgemacht, bei der man zwei Tore bestellen und vier bekommen konnte. Er selbst sei ein grundsätzlicher Freund von mehr Ballbesitz, der in dieser Spielform besonders gefördert werde, jedoch "bieten wir – wie auch andere Vereine – ein Breitensportangebot an. Durch den neuen Modus könnte die Gefahr bestehen, dass der ein oder andere wegbrechen könnte, da es mehr direkte Duelle gibt", gibt er zu bedenken.
Gedanken hinsichtlich der Finanzierung hat sich auch Andreas Blau, Jugendobmann des JFV Aller-Weser, gemacht. "Die Tore kosten natürlich viel Geld. Letztens gab es ein Angebot: vier Tore für 800 Euro. Aber letztendlich musst du es investieren, weil die G-Jugend diese benötigt", erklärt Blau. Die jeweiligen Stammvereine seien bisher gut ausgerüstet, sodass die Tore innerhalb des Klubs verliehen werden könnten. "Darauf wird es hinauslaufen." Dass die Reform bei einigen Vertretern auf Unverständnis stößt, versteht er nicht. "Die jetzigen Trainer wachsen mit dieser Spielform auf – für die ist dies völlig normal. Die derzeitigen F-Jugend-Trainer betrifft dies gar nicht mehr, da die herauswachsen", erklärt Blau weiter. "Lediglich die Trainer, die fest in der F-Jugend bleiben, müssen sich damit anfreunden."