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Verkehr Beinahe-Unfälle und Beleidigungen an der L156-Baustelle in Achim

Mit drastischen Mitteln versucht die Landesstraßenbaubehörde das Durchfahrverbot auf der Baustelle durchzusetzen. Doch einige Autofahrer wollen sich nicht einmal von einer Schranke aufhalten lassen.
09.08.2024, 17:06 Uhr
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Beinahe-Unfälle und Beleidigungen an der L156-Baustelle in Achim
Von Felix Gutschmidt

An der Ueser Brücke ist Schluss. Eine Schranke sorgt seit Mittwoch dafür, dass kein Autofahrer auf der L156 zwischen Achim und Thedinghausen fahren kann. Verboten ist das zwar wegen der laufenden Sanierung der Straße sowieso. Das hat aber wohl einige Autofahrer nicht davon abgehalten, es dennoch zu versuchen. Dabei ist es offenbar zu mehreren kritischen Vorfällen gekommen. Wie schwer es einigen fällt, die Vollsperrung der Straße zu akzeptieren, zeigt ein aktuelles Beispiel: Nach Angaben der Landesstraßenbaubehörde hat es gleich in der ersten Nacht Versuche gegeben, die Schranke zu manipulieren. "Das hatte aber keinen Erfolg", sagt Behördensprecherin Sheila Schönbohm.

Was ist auf der L156 passiert?

Es gibt Berichte über gefährliche Situationen im Bereich der Grundschule Uesen. Dort müssen Fußgänger und Radfahrer wegen der Bauarbeiten auf die für den Autoverkehr gesperrte Straße ausweichen. Weil dort trotz der Sperrung Autos fuhren, kam es zu Konflikten. "Ich habe gesehen, wie Kinder auf Fahrrädern in die Bremsen treten mussten, weil Autofahrer rückwärtsgefahren sind", sagt Martin Bormann, Leiter des Bereichs Straßen- und Tiefbau des ausführenden Bauunternehmens Winkler aus Bremen. "Das geht einfach nicht."

Ähnlich schildert es Sheila Schönbeck, Sprecherin der Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr. Auch sie bestätigt, dass es Anfang der Woche vor der Grundschule zu gefährlichen Situationen zwischen Schulkindern und Autofahrern gekommen ist. "Wenn sich alle an die Vollsperrung hielten, wäre es dort nicht gefährlich", sagt sie. "Doch unerwartet tauchten einige Autofahrer auf und kamen den Kindern, die sich ja autofrei wähnten, sehr nahe." Auch sie hält insbesondere die beobachteten Wendemanöver für brenzlich.

Aus diesem Grund hält Bormann auch die Mitte der Woche angekündigte Vollsperrung für die gesamte Bauzeit bis Ende Oktober und das Aufstellen der Schranke für sinnvoll. "Es geht um die Kinder und Radfahrer", sagt er.

Zu einer anderen Bewertung der Verkehrssituation zu Schulbeginn im Bereich der Grundschule Uesen kommt Schulleiterin Miriam Kruse. Sie hat keine Kenntnis von den geschilderten Fällen. Im Gegenteil: Sie und das Kollegium seien positiv überrascht gewesen, wie gut es lief, nachdem sie wegen der angekündigten Sperrung durchaus Bedenken gehabt hätten.

Was ist mit der Behauptung, die Arbeiter der Baustelle müssten geschützt werden?

Dass es im Bereich der für den Autoverkehr gesperrten Baustelle auch zu Konflikten zwischen Arbeitern und Verkehrsteilnehmern gekommen ist, bestätigt Bormann. Von Schilderungen, wonach Kollegen sogar zur Seite springen mussten, um nicht angefahren zu werden, hat er aber nichts gehört. Dennoch hält er die Situation im Bereich der Vollsperrung zu Wochenbeginn für untragbar, nicht zuletzt, weil sich seine Kollegen auch Beschimpfungen und Beleidigungen anhören mussten. Dass Bauarbeiter mitunter ein dickes Fell haben müssen, ist Bormann schon lange klar. Doch an der Baustelle L156 liegen die Nerven einiger Verkehrsteilnehmer offenbar besonders schnell blank. "Was da abging, das war schon krass", sagt Bormann.

Auch die Polizei hat ein Auge auf die Vorkommnisse der vergangenen Tage. Es sei grundsätzlich nicht ungewöhnlich, dass Verkehrszeichen und Absperrungen von einigen Verkehrsteilnehmern missachtet würden, sagt Sprecherin Fenja Land. Doch an der L156 habe eine Vielzahl von Verkehrsteilnehmern sich nicht an die Regeln gehalten. Dieses Ausmaß sei selbst langjährigen Mitarbeitern der Landesstraßenbaubehörde neu, sagt Sprecherin Schönbohm. "Die fest installierte Schranke ist schon eine drastische Maßnahme", sagt sie. Aber bei dieser Fülle an Missachtungen der Regeln sei das leider notwendig.

Warum kochen an dieser Baustelle die Emotionen so hoch?

Eine Erklärung könnte das hohe Verkehrsaufkommen sein. Laut einer Zählung aus dem Jahr 2021 fahren täglich mehr als 15.000 Fahrzeuge auf der Brückenstraße in Achim. Verkehrsplaner Stefan Schuster vermutet, dass die Zahl der Autos sich auf der Strecke mittlerweile leicht reduziert hat, weil mehr Menschen von zu Hause aus arbeiten. Dennoch bleibt die L156 eine wichtige Verkehrsader im Nordkreis Verden – und die offizielle Umleitung über Verden bedeutet einen Umweg von rund 30 Kilometern. Verstöße gegen das Durchfahrverbot hat es nach Angaben der Landesstraßenbaubehörde auch im ersten Bauabschnitt im Bereich Lunsen gegeben – allerdings nicht in dem Maße wie nun in Achim.

Vielleicht hat die Vollsperrung für die ganze Bauzeit auch etwas Gutes, und die Sanierung kann schneller vorangehen?

Einen schnelleren Baufortschritt will die Landesstraßenbaubehörde auf Nachfrage nicht kategorisch ausschließen. "Wenn auch die ursprünglich halbseitig geplanten Pflasterarbeiten nun unter Vollsperrung durchgeführt werden, ist es eventuell möglich, dass sie schneller beendet werden können", sagt die Sprecherin. "Ich möchte aber an dieser Stelle betonen, dass die Verlängerung des Durchfahrverbots nur beschlossen wurde, da sich eine Minderheit rücksichtslos verhalten hat." Das bekomme nun bedauerlicherweise die Mehrheit zu spüren.

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