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Experiment Greifvogel soll Flugrouten der Saatkrähen in Achim verändern

Falkner Olaf Wahle hat seine Wüstenbussarde schon an vielen Orten eingesetzt, um Krähen zu vertreiben. Einen Auftrag wie in Achim hat er aber noch nie bekommen. Er freut sich auf ein "spannendes Experiment".
23.02.2024, 14:39 Uhr
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Greifvogel soll Flugrouten der Saatkrähen in Achim verändern
Von Felix Gutschmidt

Jetzt kommt er doch. Falkner Olaf Wahle wird bald seinen Wüstenbussard im Stadtgebiet Achim kreisen lassen. Im Bereich des Dürings Parks sollen der Greifvogel seine Kreise ziehen. Bislang hatte sich die Stadt stets gegen so eine Maßnahme ausgesprochen. Von einem Sinneswandel kann jedoch keine Rede sein. Vielmehr haben sich die Stadt Achim, die Untere Naturschutzbehörde und Falkner Wahle darauf verständigt, einen neuen Ansatz im Umgang mit den störenden Saatkrähen auszuprobieren: Der Wüstenbussard soll die Krähen nicht aus dem Bereich des Parks verscheuchen, sondern versuchen, "die aktuell störende Route, die die Saatkrähen beim Anflug auf Dürings Park nehmen" zu verändern, teilt die Stadt mit. Olaf Wahle nennt es ein "spannendes Experiment". So etwas habe er selbst auch noch nicht gemacht.

Was genau passiert im Dürings Park?

In der kommenden Woche will Olaf Wahle nach eigenen Angaben erst mal die Situation vor Ort beobachten und analysieren. Auch der Greifvogel müsse sich zunächst mit der Umgebung vertraut machen. Ist das geschehen, soll der Wüstenbussard "in ausreichend großem Abstand" aufsteigen, "um nicht in die Krähenkolonie einzugreifen". Es gehe ausschließlich darum, zu erforschen und zu beobachten, ob sich die aktuell störende Route, die die Saatkrähen beim Anflug auf Dürings Park nehmen, aus Sicht der Stadt beeinflussen lasse, teilt die Verwaltung mit. Geplant ist ein Zeitraum von etwa vier Wochen. In dieser Zeit soll der Raubvogel regelmäßig in dem Gebiet fliegen und regelmäßig Foto- und Videoaufnahmen gemacht werden, um zu dokumentieren, ob sich die Flugroute der Krähen ändert.

Warum hat sich die Stadt Achim für dieses Vorgehen entschieden?

Sollte das Experiment gelingen und sich das Anflugverhalten der Saatkrähen durch den Einsatz des Falkners positiv beeinflussen lassen, ließe sich der Effekt vermutlich auch an anderen Stellen wiederholen, so die Überlegung der Beteiligten. So könnte im Idealfall dafür gesorgt werden, dass die Saatkrähen auf ihren gewählten Routen weniger Menschen stören. "Natürlich hoffen wir, dass dann dieser Effekt möglichst lange anhält", sagt ein Stadtsprecher. Zunächst einmal sei es aber ein Versuch mit völlig offenem Ausgang.

Warum verscheucht der Falkner die Krähen nicht mit seinen Greifvögeln?

Die Stadtverwaltung zweifelt weiter am Sinn einer Verscheuchung durch Greifvögel oder andere Maßnahmen. Bisher habe keine der Maßnahmen irgendwo zu einem nachhaltigen Erfolg geführt, heißt es auf der Homepage der Stadt. Zwar könne es kurzzeitig gelingen, die Tiere von einem Standort zu vertreiben. Aber die Saatkrähen würden schnell erkennen, dass ihnen keine wirkliche Gefahr drohe.

Die Folgen der Vertreibung von Saatkrähen könnten nach Angaben der Stadt gravierend sein, weil sich die Vögel einen anderen Baumbestand in der Nachbarschaft suchen würden. Die Kolonie könnte sich aufteilen oder insgesamt weiterwandern. "Das Problem wird nicht gelöst, sondern nur auf andere Bereiche des Stadtgebiets verschoben", gibt die Verwaltung zu bedenken.

Aber in Sottrum hat Wahle doch Erfolg gehabt mit seinem Einsatz.

Das stimmt. Der Falkner hat mit dem Einsatz von Greifvögeln im vergangenen Jahr eine Hunderte Tiere umfassende Kolonie nahe Stuckenborsteler Mühle in Sottrum dazu gebracht, sich neue Nistplätze zu suchen. "Das hat sehr gut geklappt", sagt Wahle. Auf Nachfrage bestätigt auch Kerstin Wendt, stellvertretende Gemeindedirektorin in Sottrum, dass die Saatkrähen aktuell nicht in der Zahl dort anzutreffen sind wie in den Vorjahren. Für eine abschließende Bewertung sei es jedoch noch zu früh. Erst in den nächsten Wochen würden die Tiere beginnen, ihre Nester zu bauen. Wendt hält es für möglich, dass die Wüstenbussarde den Bereich immer wieder anfliegen müssten, damit die Krähen nicht zurückkommen.

Was ist eigentlich das Problem mit den Krähen?

Die Tiere bringen aus Sicht der Menschen drei Probleme mit sich: Vor allem in den frühen Morgenstunden und am Abend stören sich mit ihren Rufen die Ruhe. Zudem verunreinigen sie mit ihrem Kot auch Orte, an denen sich Menschen aufhalten, etwa Parkbänke oder Spielplätze. In Sottrum, so berichtete es Bauamtsleiter Björn Becker im Oktober, hätten sich Anwohner Carports gebaut, nur um zu verhindern, dass der Krähenkot auf ihren Autos landet. Das dritte Problem ist der Dreck: auf der Suche nach Nahrung wühlen die Krähen in öffentlichen Müllbehältern oder reißen Gelbe Säcke auf. "Die Tiere werden als extrem störend empfunden und stoßen in der Bevölkerung auf geringe bis gar keine Akzeptanz", stellt auch die Achimer Stadtverwaltung fest. Regelmäßig erreichten daher Beschwerden der Bevölkerung die politischen Gremien sowie die Rathausmitarbeiter.

Wie viele Saatkrähen leben in Achim?

Das Rathaus gibt die Zahl der Saatkrähen im Stadtgebiet mit etwa 1000 an. Die Population ist seit Jahren konstant. Die größten Kolonien gibt es demnach entlang der Bahntrasse, Auf dem Born, und im Magdeburger Viertel.

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