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Justizzentrum Verden Angeklagter muss im Gericht Alkoholtest machen

Einem sechsfachen Vater aus Verden wird in sechs Fällen gefährliche Körperverletzung zur Last gelegt. Beim ersten Verhandlungstag stand gleich seine Verhandlungsfähigkeit infrage.
17.01.2024, 17:15 Uhr
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Von Angelika Siepmann

Der Angeklagte machte nicht den frischesten Eindruck. Nachdem sich der Beginn des Prozesses gegen den 33-Jährigen schon wegen einer erforderlichen Umbesetzung in der zuständigen Strafkammer verzögert hatte, sah es im zweiten Anlauf zunächst sogar nach einem gänzlichen Stopp aus, zumindest für den Mittwoch. Der Verteidiger teilte mit, sein Mandant habe seit dem Vorabend Alkohol getrunken, es bestünden Zweifel an seiner Verhandlungsfähigkeit. Diese war aus Expertensicht aber doch gegeben, und so befasste sich das Verdener Landgericht am ersten von fünf geplanten Verhandlungstagen mit einigen der Taten, die dem vorbestraften Verdener zur Last gelegt werden.

Es geht um insgesamt sechs Fälle der gefährlichen Körperverletzung, die der Angeklagte bereits zwischen April und September 2020 begangen haben soll. Opfer war durchweg die junge Frau, die jetzt als Nebenklägerin auftritt und gleich zu Beginn ihrer Zeugenvernehmung verdeutlichte, Alkohol und Drogen hätten bei dem, was sie durch den Ex-Freund erlitten habe, stets eine besondere Rolle gespielt. Ehe die heute 25-Jährige aber an der Seite ihrer Anwältin schildern konnte, was ihr in der Beziehung zu dem anfangs angeblich abstinenten Mann widerfahren sein soll, musste der sich erst einmal einem Check durch den – schon hinzugezogenen – psychiatrischen Sachverständigen sowie einem Atemalkoholtest unterziehen.

Knapp dem Haftbefehl entgangen

Den Hinweis des Verteidigers, der Angeklagte habe offenbar im Vorfeld der Verhandlung dem Alkohol zugesprochen, hatte die 2. Große Strafkammer keineswegs auf sich beruhen lassen. Auf Nachfrage des Vorsitzenden, was und wie viel er denn konsumiert habe, war dann von „etwas Feiern“ so zwischen 3 und 4 Uhr morgens die Rede sowie reichlicher Zufuhr von Pfefferminzlikör: Den Inhalt einer 0,7-Liter-Flasche habe er geschluckt, dazu noch vier bis sechs Flaschen Bier. Zwecks Durchführung eines Atemalkoholtests bat die Kammer kurzerhand erfahrene Polizeibeamte ins Landgericht.

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Bis zu deren Eintreffen überprüfte der Sachverständige Johannes Pallenberg (Wunstorf) gesprächsweise den Zustand des müde wirkenden Angeklagten. Er gelangte zu der Feststellung: Bei dem an Alkohol gewöhnten Mann seien keine Anhaltspunkte für eine eingeschränkte Verhandlungsfähigkeit zu erkennen. Derweil hatte der Test außerhalb des Gerichtssaals schon einen Promillewert von 1,01 ergeben. „Da haben Sie Glück gehabt“, erklärte der Vorsitzende dem etwas unwirsch dreinblickenden kleinen Mann auf der Anklagebank. Wenn er gar nicht erst erschienen wäre oder sich in einen Zustand der Verhandlungsunfähigkeit versetzt hätte, wäre der Weg nach Hause erst einmal versperrt gewesen: „Dann hätten wir heute noch einen Haftbefehl erlassen." Dem 33-Jährigen wurde dringend empfohlen, künftig nüchtern zu den Terminen aufzutauchen.

Angeklagter äußert sich nicht

Wegen einer der zu beleuchtenden Taten war der Angeklagte schon Ende 2021 vom Amtsgericht verurteilt worden. Weil er seiner damals schwangeren Freundin im August des Vorjahres nach einer ausgiebigen Feier in Dörverden mit einer Flasche eine blutende Platzwunde am Hinterkopf zugefügt und ihr Tritte in die Bauchregion versetzt haben soll, war er zu vier Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Das Amtsgericht hatte auf vorsätzliche gefährliche Körperverletzung erkannt. Dagegen hatte der Mann, der mit seiner geschiedenen Ehefrau sechs gemeinsame Kinder hat, Berufung eingelegt. Das Verfahren wurde später mit dem verbunden, das nun besonders im Blickpunkt steht.

Dabei geht es um fünf ähnlich gelagerte Fälle, die sich unter anderem auf dem Rastplatz Goldbach sowie in der damaligen Wohnung des Verdeners zugetragen haben sollen. Mehrfach musste sich die Freundin laut Staatsanwaltschaft nach Schlägen mit „gefährlichen Werkzeugen“, etwa einem Revolver, in ärztliche Behandlung begeben. Der Angeklagte wollte sich bislang nicht zur Person und zu den Vorwürfen äußern. Der Prozess wird am 24. Januar in Verden fortgesetzt.

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