Zwischen den Regalen der Verdener Stadtbibliothek am Holzmarkt 7 werden schon seit Jahren nicht mehr nur Bücherwürmer fündig. Bibliotheken, sagt Leiter Stefan Kaplon, müssten schließlich mit der Zeit gehen und sich modernem Medienverhalten anpassen. So finden sich neben einem weitreichenden Angebot an Literatur, Zeitungen und abonnierter Zeitschriften sowohl Gesellschaftsspiele als auch eine stetig wachsende Auswahl an digitalen Medien.
Was gibt es neu im Angebot?
Ganz neu hat die Stadtbibliothek sogar eine Wärmebildkamera im Sortiment. Das hätten nicht mal die zahlreichen Streamingdienste zu bieten, von denen selbst die modernsten Bibliotheken vor allem in den Bereichen Film und Musik immer weiter abgehängt würden, so Kaplon.
Wie haben sich die Ausleihzahlen entwickelt?
Nach Angaben des Leiters werden die Ausleihzahlen von der Entwicklung hin zu digitalen Medien nicht negativ beeinflusst. Stattdessen konnte die Stadtbibliothek im vergangenen Jahr insgesamt 283.000 Ausleihen verbuchen, das sind immerhin 33.000 mehr als in dem Jahr davor. Doch wer den Wert oder Erfolg einer Bibliothek einzig und allein an den Ausleihzahlen ermisst, ist für Kaplon ohnehin ein hoffnungsloser Fall. Er versteht die Bücherei vielmehr als einen Ort des Zusammenkommens, an dem die Gemeinschaft im Vordergrund steht. "Mir fällt zum Beispiel der Wochenmarkt ein," erklärt er. "Die Menschen dort könnten auch einfach im Supermarkt einkaufen, aber es geht ums Erlebnis."
Was bietet die Bibliothek noch?
Um die Bibliothek von einem Ort der reinen Medienausleihe zu einem lebendigen, kreativen Raum der Begegnung zu verändern, werden zahlreiche Möglichkeiten des gemeinsamen Austausches oder der gemeinsamen Kreativität geschaffen, beispielsweise durch Lesungen, Poetry-Slams oder oder andere Aktionen. Bei Veranstaltungen für Erwachsene sei allerdings nie einschätzbar, wie viele Besucher tatsächlich kommen würden, ganz egal, wie ausgewählt das Programm oder wie populär der lesende Autor ist. Völlig anders verhalte es sich stattdessen erst bei regelmäßigen Veranstaltungen, so Kaplon. "Sobald sich das etwas rumgesprochen hat, steigen die Teilnehmerzahlen kontinuierlich."
Welche Veranstaltungen gibt es?
Inzwischen ist das Veranstaltungsangebot der Stadtbibliothek so breit gefächert, dass so gut wie jeden Tag irgendein Event stattfindet. Dabei kann es sich um verschiedene Arbeitsgemeinschaften, Leseabende oder Zusammenkünfte wie beispielsweise den Smart Treff handeln. Dieser bietet eine Anlaufstelle für Fragen rund ums Smartphone sowie andere digitale Geräte und findet generationsübergreifende Beteiligung. Auch das Programm der Lesepaten trägt zu dem Gemeinschaftsgeist in der Stadtbibliothek bei. Die Ehrenamtlichen lesen sowohl in Kindergärten, Grundschulen als auch Altenheimen und bieten inzwischen an festen Tagen Leseangebote für verschiedene Gruppen an. Für Kinder fällt auch das sonstige Programm nicht gerade knapp aus. Von Bilderbuchkinos über den Leo Lesepilotenschein bis hin zu Führungen zur Identifikation von Fake News im Internet oder Recherchetraining, egal ob Kindergartenkind oder Oberstufenschüler, reicht das Angebot. Um Kinder und Jugendliche fürs Lesen und für Bücher zu begeistern, beteiligt sich die Stadtbibliothek Verden seit vielen Jahren alljährlich am Julius-Club.
Welche Zukunftspläne gibt es?
Für Pläne, das Programm auszuweiten, fehle zwar momentan das Personal, doch Kaplon berichtet optimistisch von den Möglichkeiten, die eine sogenannte Open Library eröffnen könnte. Diese basiere auf einem Selbstbedienungsmodell, sodass Besucherinnen und Besucher zu ausgewiesenen Zeiten auch ohne Anwesenheit der Angestellten alle Angebote der Bibliothek nutzen könnten und das Bibliothekspersonal somit einen größeren Teil seiner Zeit in die Organisation von Veranstaltungen investieren könnte. Doch auch mit dem aktuellen Angebot, der ständigen Ausweitung der Medienauswahl und ihrem gemütlichen Charme, geht Kaplon davon aus, dass die Einrichtung weiterhin ein beliebter Ort des Austauschs, des Lesens und des Lernens bleiben wird.