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AfD und Rechtsextremismus Beirat Vegesack positioniert sich gegen faschistisches Gedankengut

Wegen eines Treffens von AfD-Mitgliedern mit Rechtsextremisten, bei dem über Deportationen gesprochen wurde, fordern Bürger und Politiker ein Parteiverbot. Der Beirat distanziert sich, aber nicht einstimmig.
17.01.2024, 18:00 Uhr
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Beirat Vegesack positioniert sich gegen faschistisches Gedankengut
Von Elias Fischer

Der Beirat Vegesack hat am Montag auf eine konspirative Zusammenkunft im November von AfD- und CDU-Mitgliedern mit Rechtsextremen in Potsdam reagiert. In einem Dringlichkeitsantrag – eingebracht von der SPD-Fraktion – sprach sich das Gremium gegen den beim Treffen vorgestellten Plan aus, "der die Deportation von Flüchtlingen, Migranten und unliebsamen Deutschen nach Afrika vorsieht". Dies sei klar rassistisches und faschistisches Gedankengut. Widerstand gegen den Antrag gab es seitens des Parteilosen Heiko Werner.

Das Recherchezentrum Correctiv berichtete in der vergangenen Woche von einem Geheimtreffen in Potsdam von AfD-Mitgliedern, Mitgliedern der Werteunion und einem führenden Aktivisten der "Identitären Bewegung" (IB), dem rechtsextremen Österreicher Martin Sellner. Unter den Mitgliedern der AfD war auch der damalige Referent von Alice Weidel, Roland Hartwig. Bei dem Treffen hinter verschlossenen Türen in Potsdam präsentierte Sellner laut Correctiv einen Masterplan, in dem es um die massenhafte Deportation von Asylbewerbern, Ausländern mit Bleiberecht und deutschen Staatsbürgern, die nicht angepasst seien, ging.

"Das sind Stasi-Methoden"

Heiko Werner missbilligte den Dringlichkeitsantrag. "Ich möchte ihn ablehnen, weil er sachlich falsch ist", begann der Parteilose seine Ausführung. "Correctiv ist eine pseudojournalistische Anstalt, die nicht unabhängig und objektiv ist." Der Bericht sei eine "Strohmanngeschichte". Einen nicht öffentlichen Austausch über Politik hält Werner für üblich. Die Zusammenkunft sei – anders als von Correctiv dargestellt – kein Geheimtreffen gegeben. "Es gab schließlich eine Einladung, die in Kopie auch dem Medium vorgelegen hat." Werner kritisierte Correctiv vor allem für die Art der Informationsbeschaffung. Man habe sich als Journalisten verkleidet, Richtmikrofone genutzt, sagte er. "Das sind Stasi-Methoden."

Zudem kritisierte Werner, dass die Autoren des Berichts "Remigration" in Anführungszeichen setzten, "Masterplan" allerdings nicht. "Remigration" bedeute nichts anderes als "Rückführung oder auch Abschiebung", urteilte er. Dass im Antrag von "Deportation" und "unliebsamen Deutschen" geschrieben wird, ist seiner Ansicht nach eine falsche Wiedergabe von Sellners Präsentation. Davon habe der IB-Aktivist nie gesprochen. Das wären "eindeutig faschistische Ideologien", sagte Werner. Er distanziere sich von faschistischem Gedankengut.

Unmittelbar vor der Abstimmung das parteilose Beiratsmitglied stichelte gegen die Antragsteller: Er würde zustimmen, wenn sich die SPD-Fraktion im Gremium von den "faulen Äpfeln ihrer Partei lossagen würden". Bereits bei seinem Plädoyer gegen den Antrag zitierte er unter anderem Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) aus einer Spiegel-Ausgabe aus dem Oktober 2023: "Wir müssen konsequent abschieben." Beiratssprecherin Heike Sprehe äußerte sich entsetzt "über die Verharmlosung" von Heiko Werner. "Was Correctiv beschrieben hat, wird auch von der AfD nicht bestritten."

Der Fall Marvin Mergad

Thomas Pörschke sieht insbesondere im Wort "Remigration" als Beschwichtigungsversuch. Solche Verharmlosungen zur "rechtlichen Absicherungen" habe es auch zu Zeiten der Nationalsozialisten gegeben. "Dass gerade Herr Werner, der sonst nie lange redet, jetzt lange spricht", fand der Grünen-Fraktionssprecher kaum überraschend und verwies auf dessen Vergangenheit. Das ehemalige Mitglied von "Bürger in Wut" trat im Vorlauf der 21. Bremischen Bürgerschaftswahl aus der Wählervereinigung aus, weil bekannt wurde, dass er Kontakte in die Neonazi-Szene hatte.

Pörschke erinnerte das Gremium an einen ähnlichen Fall, der den Beirat 2017 beschäftigte. Damals nahm Marvin Mergad, ehemaliges Beiratsmitglied und AfD-Poltiker, an einer IB-Demo in Berlin teil. Der Unterschied zum Treffen in Potsdam: Damals habe sich die Partei gefragt, ob eine solche Aktion mit den eigenen Statuten vereinbar sei, sagte Pörschke. "Diesmal hat die AfD nicht darauf reagiert." Die rechte Hand von Alice Weidel, Roland Hartwig, habe angekündigt, der Parteispitze vom Austausch in Potsdam zu berichten. Während der Sitzung des Beirats vermeldeten erste Medien, dass sich die AfD-Chefin und der Jurist auf die Auflösung seines Arbeitsvertrages geeinigt hätten.

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Geänderter Antrag angenommen

Die CDU-Fraktion forderte neben einer sprachlichen Präzisierung eine Aktion, die über ein Lippenbekenntnis hinausgehe. So solle die Bürgerschaft gebeten werden, den Rechtsextremismus in der AfD aufzugreifen. Nach der Verlesung der ersten Fassung des Dringlichkeitsantrags hatte Andreas Kruse (CDU) noch infrage gestellt, ob das Thema nicht zu allgemein sei, um im Beirat behandelt zu werden. Die Änderungswünsche nahm das Gremium ohne Gegenstimme auf, dem endgültigen Antrag stimmte nur Heiko Werner nicht zu.

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