Während die Achimer Tafel bereits ihre Pforten geschlossen hat, versuchen die ehrenamtlichen Helfer, den Betrieb an der Verdener Ulanenstraße aufrecht zu halten. Auch wenn die traditionelle Lätare-Spende auf dem Verdener Rathausplatz am 23. März wegen dem Coronavirus abgesagt werden musste, halten Verdens Bürgermeister Lutz Brockmann und Bäcker Michael Baalk an einem liebgewonnenen Brauch fest – der Tafelspende. Baalk hat Tafel-Vorsitzendem Michael Graf und seinem Team am Donnerstagvormittag die Roggenmischbrote (Störtebeker Steven) überreicht, Brockmann Heringe mitgebracht. In diesem Jahr allerdings keine echten, sondern in Cellophan verpackte Schoko-Fische.
Brockmann hofft, dass die im Vorfeld des entfallenden Heringsessens eingegangen Spenden trotzdem dem vom Verwaltungsausschuss bestimmten Empfängerkreis zugutekommen, niemand sein Geld zurückerhalten möchte. Ursprünglich wollten die Verdener Jugendfeuerwehren das Geld in ihre Sommerfahrt investieren und die Offenen Hilfen der Lebenshilfe davon eine inklusive Rocknacht veranstalten. Ob die Veranstaltungen in diesem Jahr tatsächlich stattfinden, hängt natürlich vom weiteren Verlauf der Pandemie ab.
Das von Seeräuber Klaus Störtebeker propagierte Liekedeelen (Gleichteilen) ist in Zeiten der Krise aktueller denn je. Deswegen ruft Brockmann vor allen Dingen junge und gesunde Menschen dazu auf, die freiwilligen Tafelhelfer tatkräftig zu unterstützen. Nach Angaben des Dachverbandes der deutschen Tafeln (Tafel Deutschland) sind bundesweit bereits rund 90 Prozent aller Tafelhelfer im Seniorenalter. Und genau diese Freiwilligen zählen nun wegen ihres hohen Lebensalters zur Hochrisikogruppe. Das ist das eine Problem, das andere ist die Einhaltung des Mindestabstands während der Ausgabe. Achims Tafel-Chef Rainer Kunze hatte bereits vor einigen Tagen angekündigt, dass der Tafelbetrieb in der Weserstadt bis nach Ostern ruhen soll, das Tafelhaus in Achim samt Ausgabestellen in Bassen und Lunsen geschlossen bleiben. „Ob eine Tafel schließt oder nicht, hängt jeweils von den Gegebenheiten vor Ort ab“, sagt Anna Verres, Sprecherin von Tafel Deutschland. Empfehlungen spreche der Dachverband nicht aus. Nach ihrer Aussage hat derzeit gut die Hälfte der Tafeln in der Bundesrepublik ihren Betrieb eingestellt. Überrollt von der Coronakrise, versuchen viele Einrichtungen derzeit, eine Notbetreuung zu organisieren oder – falls angeboten – die Lieferdienste auszuweiten. „Wir haben gerade in den vergangenen Tagen sehr viel Solidarität erfahren, das macht Mut“, freut sich Verres. Um einen sogenannten „Einkaufstourismus“ zu verhindern, gilt der Tafelausweis jeweils immer nur für die örtliche Tafel.
Noch können die Verdener Tafelhelfer die Versorgung von bedürftigen Menschen sicherstellen. Bäcker Michael Baalk gibt allerdings unumwunden zu, dass er die Verdener Tafel bereits drei Tage lang schon nicht mehr mit Brot beliefern konnte. „Die Versorgung ist gesichert“, betont Verdens Tafel-Chef Michael Graf. Nach einem kurzen Lebensmittelengpass seien die Regale an der Ulanenstraße inzwischen wieder aufgefüllt worden. Am Montag nach Lätare werden in diesem Jahr zwar keine Brote und Heringe von prominenten Ehrengästen vor dem Rathaus verteilt, dafür jedoch vor dem Tafelhaus an der Ulanenstraße. In den Genuss der Störtebeker Steven und Schoko-Heringe kommen jedoch ausschließlich die Kunden der Verdener Tafel. Brockmann bittet die Nachbarn von alten und kranken Tafelkunden, die Einkäufe während der Coronakrise vertretungsweise für sie zu übernehmen – genauso wie es die Liekedeeler zu ihrer Zeit auch getan hätten.
Freiwillige Helfer, die automatisch über die Berufsgenossenschaft versichert sind, können sich unter der Rufnummer 0 42 31/6 77 38 76 bei der Verdener Tafel melden.