Verden. Miriam Rathjen geht durch die Kleiderstube beim Bürgertreff. Frauen-, Kinder- und Männerbekleidung sind akkurat in Regale einsortiert. Einzelne besondere Schmuckstücke präsentiert sie an einer Kleiderstange in der Mitte des Raumes. Ein paar Kinderbücher, Schmuck und sogar eine Babywippe sind hier zu finden. „Die Kleiderstube ist mein Baby“, sagt Rathjen. Sie ist Mitglied beim Verein Kista, der in Langform „Keiner ist allein“ heißt. Durch die Einnahmen der Kleiderstube generiert der Verein seine Gelder. Immer dienstags und donnerstags öffnet sie von 14 bis 17 Uhr.
Heute ist Mitgliederversammlung beim Kista-Verein. Kista unterstützt den Bürgertreff am Hoppenkamp bei seiner Arbeit und bereichert mit eigenen Veranstaltungen und Angeboten das Miteinander im Wohngebiet. Auf der Tagesordnung steht heute die Planung der Ausflüge des Vereins. Einen Ausflug in die Soltauer Therme können sich die Mitglieder gut vorstellen. Denn die Angebote dort – Wellness, Schwimmen und eine Klangtherapie – werden den Bewohnern des Stadtteils sicher gut tun. Es sind die kleinen Dinge, mit denen Kista den Menschen eine Freude macht. Egal, ob mit Blumenkübeln, die jetzt die Straße schmücken, mit selbst zusammen geschusterten Palettenmöbeln oder eben mit einer günstigen Errungenschaft aus der Kleiderstube. Wobei von letzterer wirklich jeder profitieren kann. Schließlich benötige man für den Einkauf dort keinen Berechtigungsschein.
Ein besonderes Glanzlicht in diesem Jahr ist für Kista auch der Domweihumzug gewesen. Denn für diesen hatte der Verein eigens Figuren aus Pappmaché und Stroh gebastelt. „Die Bastel-Aktion war für die Kinder gedacht“, erzählt Monika Bleckwehl vom Verein. Denn anlässlich des 30-jährigen Geburtstags der UN-Kinderrechtskonvention wurden die Lütten gefragt, was sie als das wichtigste Recht ansehen. „Für die Kinder war das das Recht auf Familie.“ Daher haben die Figuren beim Umzug eine Familie dargestellt. Kein Wunder – denn oftmals haben die Kleinen zerrüttete Familien, zum Beispiel, weil sie ein Elternteil auf der Flucht verloren haben. Sogar einen Familiendackel hat es beim Domweihumzug gegeben. Und die Mama der Strohfamilie musste sich kurz vor dem Umzug noch einer „OP“ unterziehen. Sie bekam einen Busen, weil sie vorher zu flachbrüstig war. Den BH dafür hat spontan jemand ausgeliehen. „Das geht hier eben alles ganz unkompliziert“, sagt Claudia Grosser, die zweite Vorsitzende.
Mitgliedschaft kostenlos
Grosser hat den Weg zum Verein gefunden, weil sie einmal zum Seniorencafé in den Bürgertreff eingeladen wurde. „Es hat mir gefallen und ich bin hier dann hängen geblieben“, erzählt sie. Stephan Lusa, Kassenwart für Kista, ist über die Tafel auf den Verein aufmerksam geworden. Und Kleiderstuben-Mama Miriam Ratjen hat ein Zeitungsartikel zu Kista gezogen. Derzeit hat der beitragsfreie Verein 19 Mitglieder. „Wir freuen uns aber immer über neue Mitglieder“, sagt Christel Kijewski. Oder einfach über Leute, die sich engagieren. Denn Hilfe kann es nicht genug geben.
Das Quartier Verden-Ost wird von einigen Menschen als Problembezirk angesehen. „Der schlechte Ruf ist aber falsch“, findet die Kista-Truppe. Denn hier hält man zusammen.
Zurück bei Miriam Ratjen in ihrer Kleiderstube. Über die Jahre hat sie Freundschaften zu ihren Kunden entwickelt. „Mir macht das hier wirklich Spaß, ich kann gut mit den Leuten“, erzählt sie. Ein Blick zur Kleiderstange, an der besondere Stücke hängen: „Das passt zu dir“, rät sie. Ein Besuch im Bürgertreff macht also gegebenenfalls um ein Kleidungsstück reicher, aber in jedem Fall um eine Begegnung mit Menschen. Sei es nun beim Seniorencafé, beim Adventscafé, beim Sommerfest oder beim Spieletreff.