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Garten in Bardewisch Georg Westermeyer erschafft sich ein Kleinod

Georg Westermeyer hat aus seinem Garten in Bardewisch ein Kleinod gemacht. Neben dem vielleicht größten Kastanienbaum der Wesermarsch besitzt er einen Walkiefer. Ein Erbstück seiner Seefahrerfamilie.
12.06.2021, 08:00 Uhr
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Georg Westermeyer erschafft sich ein Kleinod
Von Barbara Wenke

Bardewisch. In Georg Westermeyers Wohnzimmer stapeln sich Bücher über den Walfang. Der Bardewischer hat ein ganz persönliches Interesse an den Büchern. "In diesem hier", sagt der 84-Jährige, "ist der Name Westermeyer 51 Mal erwähnt." Georg Westermeyer stammt aus einer Seefahrerfamilie.

Zum Beweis schlägt der Senior in Hans-Nikolaus Schümanns "Chronik des Walfangs von der Weser" die Seite 46 auf. Sie beweist: Die Westermeyers aus Lesumbrok haben sich am Walfang beteiligt. Auf einem Zettel hat Georg Westermeyer weitere Seitenangaben notiert.

Westermeyer ist im Landstrich zwischen Lesum und Weser aufgewachsen. Sein Vater hat den Lebensunterhalt nicht mehr mit dem Walfang verdient, dennoch war die Familien-Vergangenheit bei den Westermeyers immer präsent – und ist sie immer noch. Damals wie heute zeugt ein Walunterkiefer im Garten von der Geschichte.

Englischer Autor erwähnt Westermeyers

Georg Westermeyer ist stolz darauf, dass es Fotos des Kiefers in ein Buch über das Werderland sowie in das englischsprachige Werk "Whales' Bones" (Wal-Knochen) von Nicholas Redman geschafft haben. Auch in einem Zeitungsartikel aus dem Jahr 1997 ist ein Foto von Westermeyers Elternhaus in Lesumbrok abgebildet. Nach Auskunft des Autors zeigt es "eine Landschaft, die nach Ansicht von Feng-Shui-Experten ausgeglichen macht."

Westermeyer hat den Walkiefer aus Lesumbrok mitgebracht. Wie vieler Männer es bedurfte, um die riesigen Knochen zu transportieren, erinnert der Bardewischer nicht mehr. Sie haben ihren festen Platz gefunden. Noch einmal umsetzen möchte er das Relikt aus der Wahlfängerzeit nicht.

Wie zu einem Rundbogen geformtes, verwitterndes Holz ragt der Unterkiefer vor Westermeyers präzise gemähtem Rasen in die Höhe. "Früher war das alles glatt. Jetzt verfällt der Kiefer immer mehr", stellt Westermeyer mit leichtem Bedauern fest.

1958 brachten Georg Westermeyer und seine Frau Ela die alten Unterkieferknochen mit nach Dunwarden, wo sie einen Hof gekauft hatten. Doch die Landwirtschaft "wollte nicht so richtig", erinnert sich Westermeyer mit einem spitzbübischen Grinsen. So gaben er und seine Frau den Betrieb wenig später auf und kauften sich das Anwesen in Bardewisch. Arbeit fand Georg Westermeyer zunächst auf der Bootswerft von Hinrich Braue in Bardenfleth und schließlich auf der Fähre von Georg Niekamp.

Täglich auf kleiner Fahrt

Mehr als drei Jahrzehnte blieb er der Fährverbindung zwischen Lemwerder und Vegesack treu. Jahre, in denen Westermeyer, dessen Großonkel mit dem Frachtsegler "Peter Rickmers" die Weltmeere befahren hat, täglich auf kleine Fahrt ging – zuerst als Kassierer, dann als Maschinist und schließlich als Schiffsführer. Noch heute kann Georg Westermeyer täglich in einem Steuerhaus Platz nehmen. Zu seiner Zeit auf der Braue-Werft hatte ein Kapitän seinen Fischkutter mit einer neuen Brücke ausstatten lassen. Westermeyer durfte die alte mitnehmen, entfernte die Front und hat sich ein windgeschütztes Plätzchen unter Dach im eigenen Garten geschaffen.

Der Senior erinnert sich an Heringslogger, die zu der Zeit als Schiffsführer an der Lesummündung festgemacht hatten. Heute liegt dort die "Schulschiff Deutschland". Und künftig? Würde Georg Westermeyer nach einer Idee gefragt, er hätte sie sofort parat: "Wenn das Schulschiff nach Bremerhaven gebracht wird, sollten sie dafür einen Walfänger dort hinlegen."

In Bardewisch erschufen sich die Westermeyers über die Jahrzehnte ein Kleinod. "Ich hatte Glück, dass ich Schichtarbeit hatte. Da hatte ich immer einen halben Tag Zeit." Dass sein Garten ein kleines Paradies ist, verdankt Westermeyer eigenem körperlichen Einsatz sowie der Natur. Auf seinem Grundstück, genau am Ufer der Hörspe, steht der seiner Meinung nach größte Kastanienbaum der Wesermarsch. "So einen sieht man sonst nirgends", ist der 84-Jährige überzeugt.

Rentnerbank mit Geheimfach

Auch das rückwärtige Ende seines Gartens wird von Wasser begrenzt. Ein Graben windet sich zwischen Hecke und angrenzender Wiese hindurch. Hier hat der Bardewischer eine hölzerne Kombination aus Tisch und Bank platziert. "Meine Rentnerbank", wie er sagt. In die Tischplatte sind Messingschilder mit Namen eingelassen: Georg, Frank und Karl. "Ich habe meinem Nachbarn Frank zum Renteneintritt einen Platz auf der Bank geschenkt", erzählt der Senior. "Da darf er sitzen – von Anfang Frühling bis Ende Herbst." Ebenso Westermeyers Bruder Karl.

In einem hohlen Baumstamm befindet sich eine Bar. Sechs kleine Henkelgläser sowie eine Flasche selbstgebrannter "Hö-Du-Barder-Ollenwater" finden darin Platz. An diesem Morgen ist es ruhig auf Westermeyers Rentnerbank. Die Räder des Windparks an der Sannauer Helmer stehen still und die seit Jahren geplante Bundesstraße 212, die irgendwann einmal den Norden der Wesermarsch mit der Hansestadt Bremen verbinden wird, ist noch in weiter Ferne. Georg Westermeyer nutzt die Ruhe, in einer seiner Lauben zu sitzen und die Bilder in seinen Walfängerbüchern zu betrachten.

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