Vegesack/Wesermarsch. Stolze 63 Jahre ist der Schlepper "Greif", ehemals "Luchs", auf der Unterweser unterwegs. Wenn es nach Achim Rengstorf geht, macht das 1958 gebaute Gefährt die 90 noch voll. Rengstorf ist einer von drei Geschäftsführern der Logistik- und Schlepp-GmbH (LSG), die den Schlepper gekauft hat. Der Clou: Die LSG wird von den hiesigen Werften Abeking & Rasmussen, Fassmer und Lürssen gemeinsam getragen. Die Idee: Mehr Flexibilität bei Schleppaufträgen und ein direkterer Draht zwischen den Fertigungsleitungen.
Doch von Beginn an. Als Gerüchte aufkamen, dass die "Greif" von der Schlepp- und Bergungsreederei Unterweser (SBU) verkauft werden soll, wurden die Schiffbauer hellhörig. Denn die Greif hatte stets gute Dienste geleistet und sich als ideal für die Bedürfnisse auf den Werften erwiesen. "Der Schlepper hat bei hoher Wendigkeit für unsere Anwendungen eine günstige Größe und einen niedrigen Tiefgang", erläutert Uwe Kessen, Bereichsleiter Technologie bei Lürssen. "Also entstand die Idee, den Schlepper 'Greif' zu kaufen und in Schuss zu bringen", ergänzt Alexander Skalicky von Abeking & Rasmussen. Da eine Werft allein den Schlepper kaum auslasten könne und die Beziehungen zueinander ohnehin gut seien, habe man Gespräche geführt, ob und wie das Vorhaben gemeinsam umsetzbar sei. Für Kauf und Reparatur sei ein "mittlerer sechsstelliger" Betrag gemeinsam investiert worden, sagt Rengstorf.
Die Renovierung haben die Verantwortlichen in die Ausbildungsbemühungen ihrer Werften integriert. Das Reparaturkonzept beispielsweise war Gegenstand der Bachelor-Arbeit von Niklas Haupt. Am rund dreimonatigen Umbau waren rund ein Dutzend Auszubildende beteiligt. "Manches, was hier zu reparieren war, ist an modernen Schiffen nicht mehr vorzufinden", begründet Skalicky. Ausgetauscht worden sind unter anderem die beiden Maschinen. "Wir verfügen nun über modernste Dieseltechnologie. Das ermöglicht uns eine Reduzierung des Kraftstoffverbrauchs von rund 35 Prozent", sagt Kessen. Beim Umbau spielte allerdings nicht nur Effizienz eine Rolle. So ist ganz bewusst auch die Silhouette der "Greif" mit dem markanten Schornstein erhalten worden. Gleiches gilt für die mechanische Steuerung und die historisch anmutenden Geräte auf der kleinen Brücke. Zudem ist der Schlepper asbestbereinigt worden. "Der Schlepper 'Greif' ist seit Jahrzehnten im Revier unterwegs. Wir haben auch ein Teil maritimer Unterweser-Tradition erhalten", sagt Skalicky.
















Er selbst hat sogar ganz persönliche Aktien beim Umbau im Spiel: Seine 15-jährige Tochter hat das Emblem entworfen, das nun den Schornstein ziert. Das Fabelwesen ist links und rechts des Schriftzuges LSG platziert. In der Mystik steht es für Stärke und Wachsamkeit. Das Emblem findet sich auf der Brücke auf den hölzernen Schutzklappen der Armaturen wieder.
Rund 180 Tageseinsätze pro Jahr sind für die "Greif" eingeplant. Bereedert wird der Schlepper dabei vom Nautischen Büro Bremen, das bei Einsätzen auch die Crew stellt. "Die Zusammenarbeit hat sich bewährt. Mit 24 Stunden Vorlaufzeit, ist der Schlepper 'Greif' verfügbar", sagt Kessen. Das sei ausreichend, da in der Regel ohnehin mit größeren Vorlaufzeiten geplant würde. Allerdings könne nun flexibler auf etwaige Verschiebungen in vorgesehenen Zeitplänen reagiert werden. Rund 95 Prozent dieser 180 Tageseinsätze werden von den Werften selbst bestritten. Mal werden Schiffe in oder aus den Docks bewegt, mal werden mit Hilfe eines Pontons Betriebsteile von einem Betriebsteil zum anderen verholt. Das sind die Haupteinsatzgebiete eines Schleppers auf den Werften. Es ist ausdrücklich vorgesehen, dass auch externe Firmen die "Greif" chartern. Beispielsweise bei den Häfen in Bremen sieht Skalicky Potenzial, weil die über keine eigenen Schlepper verfügen. Bei mittleren Schiffen sei ein Einsatz der "Greif" durchaus interessant.
Ob die LSG mittelfristig weitere Schlepper dazu holt, steht zurzeit noch in den Sternen. "Es ist nicht ausgeschlossen, aber es ist auch nicht das primäre Geschäftsziel", sagt Skalicky. Ohnehin soll sich das Angebot zunächst etablieren. Bis dahin wird die "Greif" allein am Stammliege-Platz an der Lürssen-Pier in Lemwerder liegen. Der Liegeplatz kommt nicht von ungefähr. "Wir haben den Schlepper 'Greif' in die Überwachung der Werftinfrastruktur eingebunden und darüber hinaus ist das der zentrale Platz zwischen den Werften", sagt Kessen.
Nach der Startphase zeigen sich die Verantwortlichen zufrieden. Die Beziehungen zwischen den Werften seien sogar noch einmal besser geworden - Konkurrenz hin oder her.