Das Harzer Rote Höhenvieh war fast ausgestorben, doch der Idealismus einiger Züchter hat die Nutztierrasse erhalten. Im Harz werden die Tiere nicht nur gebraucht. Sie sind eine Touristenattraktion.
Robust, genügsam, widerstandsfähig und langlebig: Das Harzer Rote Höhenvieh zählt zu den ältesten und ursprünglichsten Nutztierrassen. Das Rind lieferte den Bergleuten Milch, Fleisch und Muskelkraft. 1997 wurden die Tiere zur „gefährdeten Nutztierrasse des Jahres“ erklärt. Wolfgang Beuse züchtet die rotbraunen Rinder mit den hellen Hörnern mit schwarzer Spitze seit vielen Jahren. Auf dem „Bergbauernhof Klein-Tirol“ in Wildemann im Harz leben derzeit 34 Rinder und Kälber. Antibiotika und Hormone kommen Beuse nicht in den Stall. Er achtet strikt auf eine naturnahe Haltung – wie früher.
„Heidi, los melken“, brüllt Beuse in den Stall. Dort lassen sich die Harzkühe und der Bulle Stroh und Grassilage schmecken. Im Winter bleiben die Tiere im Stall, Anfang Mai gehen sie raus auf die Weide. Wenn der Züchter ruft, gehorchen die Damen. Gemächlich traben Heidi, Vera und Klärchen zur Melkmaschine. Die meisten Kühe müssen nicht zum Melken, sie haben Nachwuchs, den sie säugen.
Die Rinder stehen im Stall auf Stroh. „Ohne Stroh geht hier gar nichts“, betont Beuse. Die Kälber fühlen sich wohl, und auch für die ausgewachsenen Tiere sei es das Beste. Der Mist gehe ins Harzvorland auf den Acker, dafür kriegen wir das Stroh, berichtet der 67-Jährige. „Da auf dem Acker wächst alles wie verrückt“, sagt er und grinst.
Im Sommer trotten die Tiere morgens durch einen kleinen Bach auf die Weide. Dort fressen sie Gras, Beeren und Blätter. „Sie wissen genau, was sie brauchen“, sagt Beuse. Abends kommen die Rinder von allein wieder zurück. Allerdings fehlen die Jungtiere manchmal. Dann schickt Beuse seine Altkuh Fanni noch einmal los. „Man hört unten im Dorf, wie sie oben ruft“, berichtet er. Und eine halbe Stunde später trabe Fanni mit dem Nachwuchs im Schlepptau auf den Hof.
„Wir brauchen die Tierhaltung im Harz“, erklärt Jürgen Hirschfeld, Vorsitzender des Landvolks Braunschweiger Land. „Die Rinder grasen und halten die Flächen frei“, betont er. Sonst würde sich der Wald im Harz weiter ausbreiten. Es gebe mehrere Züchter, die versuchten, möglichst reinrassiges Harzer Rotes Höhenvieh zurückzuzüchten. Es habe etliche Kreuzungen mit anderen Rassen gegeben. Mittlerweile existierten im Harz wieder einige Hundert Harzkühe, so Hirschfeld.
Mit solchen Rassen sei es aber schwierig, wirtschaftliche Nutztierhaltung zu betreiben, da gehöre schon viel Idealismus dazu, weiß Hirschfeld. Deshalb sollten Züchter des Harzer Roten Höhenviehs in Zukunft von Projekten profitieren: „Wenn zum Beispiel neue Straßen gebaut werden, könnte als Ausgleichsmaßnahme das Geld in den Harz gelenkt werden“, sagt Hirschfeld. Denn das Harzer Rote Höhenvieh sei auch eine Touristenattraktion.