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Hannover Klimawandel: Niedersachsen setzt auf den Weinanbau

Hannover. Im Hildesheimer Weinberg stehen Schere und Eimer bereit. Immerhin rund 300 Flaschen ergab die Lese 2014.
11.09.2015, 00:00 Uhr
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Von Ralf E. Krüger

Im Hildesheimer Weinberg stehen Schere und Eimer bereit. Immerhin rund 300 Flaschen ergab die Lese 2014. „Dieses Jahr wird es wohl ähnlich werden, die Trauben sehen gut aus“, sagt Mirco Weiß. Der Hobbywinzer ist einer von insgesamt sieben Pächtern des bischöflichen Weinbergs mitten in der Innenstadt, der 1995 für 50 Jahre verpachtet wurde. Ein Zehntel der Ernte geht als Pachtzins zum

Bischof. „Ein schöner trockener Weißwein“, schwärmt Weiß, der zum 1200-Jahre-Jubiläum von Hildesheim auch einen Jubiläumssekt plant.

Ab Anfang 2016 droht ihm jedoch Konkurrenz. Denn in Niedersachsen hat dank der Europäischen Union und auch des Klimawandels das Hoffen auf einen „Grand Cru“ der Nordlichter eingesetzt. Der Traum von möglichen Top-Gewächsen wird befeuert von einer EU-Regelung. Wenige Wochen nach der Klimakonferenz in Paris, bei der Ende dieses Jahres zahlreiche Staaten um das Weltklima ringen werden, erlaubt sie ab dem 1. Januar den kommerziellen Weinanbau im klassischen Agrarland Niedersachsen.

Auch wenn es offiziell zunächst nur fünf Hektar sind: Agrarminister Christian Meyer (Grüne) spricht von einem Neubeginn. „Wenn selbst Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern kommerziellen Weinbau haben, dann sind wir als südlicheres und bergigeres Land sicherlich auch geeignet“, meint er. „Von lieblich bis trocken scheint vieles möglich.“ Vor allem Steillagen im Weserbergland oder im Harz hält er für geeignet – „Château Harzblick“ also eher als „Château Wattblick“.

Immerhin gibt es bereits das erste Harz-Weingut. „Auf längere Sicht wird der Weinbau als Folge des Klimawandels voraussichtlich immer weiter nach Norden rücken“, heißt es aus Meyers Haus. Das sieht auch Frank Schulz vom Deutschen Weininstitut so: „Der Klimawandel ist in Deutschland angekommen. Von daher sind auch die Voraussetzungen gegeben, Weine in nördlicheren Gefilden herzustellen.“

Auch in Dänemark, Teilen Englands und Skandinavien gebe es ähnliche Versuche – nur in Holland mache die Staunässe die Ansätze zunichte. Zudem begünstigt der Klimawandel neue Rebsorten – wie etwa in Südafrika den Viognier, der dort zunehmend populär wird.

Winzer aus traditionellen Weinbaugebieten bleiben angesichts der neuen EU-Regelung eher skeptisch – sie sehen ihre angestammten Lagen entwertet. „Vegetativ sind die nördlichen Regionen oft drei bis vier Wochen zurück“, sagt etwa der Nahe-Winzer Johannes Kruger, dessen Sohn eine Lehre in einem Weingut auf der Nordsee-Insel Föhr machte.

Neuwinzer, die ihre Hoffnungen auf edle Tropfen aus dem künftigen niedersächsischen Weinberg setzen, müssen sich jedoch beeilen. Nach jetzigem Kenntnisstand müssen sie bis zum 1. März 2016 einen entsprechenden Antrag bei der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung . Dem Ministerium liegen bisher sieben Anfragen von Bürgern vor, die sich für den Anbau von Wein in Niedersachsen interessieren.

Gibt es Anträge für mehr als fünf Hektar, hängt es letztlich von der bundesweiten Antragssituation ab, ob das Land noch weitere Flächen bekommt. Denn der Anbau der Reben und die Verarbeitung der Trauben für erwerbsmäßige Zwecke sind – anders als bei Hobbywinzern – streng reglementiert und kontrolliert.

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