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Sprengungen nehmen zu Polizei appelliert beim Schutz von Geldautomaten an Banken

Die Polizeistatistik bescheinigt Niedersachsen erneut eine sinkende Kriminalitätsrate. Allerdings nicht in allen Deliktsbereichen – so haben etwa Geldautomatensprengungen 2021 einen Höchststand erreicht.
17.03.2022, 18:07 Uhr
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Polizei appelliert beim Schutz von Geldautomaten an Banken
Von Peter Mlodoch

Deutlich weniger Wohnungseinbrüche, Ladendiebstähle und Fahrradklau, aber neue Höchststände bei Kinderpornografie und anderen Internet-Straftaten, Sprengungen von Geldautomaten sowie Attacken auf Einsatzkräfte. Obwohl die Gesamtzahl der Straftaten in Niedersachsen erneut sank, bereiten bestimmte Deliktsbereiche den Sicherheitsbehörden große Sorgen. Man werde solche Phänomene verstärkt ins Visier nehmen, kündigte Innenminister Boris Pistorius (SPD) bei der Präsentation der Polizeilichen Kriminalstatistik 2021 am Donnerstag in Hannover an.

55 gesprengte Geldautomaten registrierte die Polizei im vergangenen Jahr – so viel wie nie zuvor. In 27 Fällen erbeuteten die Täter dabei auch Bargeld. Nach acht Sprengungen konnte die Polizei Tatverdächtige ermitteln. Und der Trend setzt sich fort. Bereits 20 Mal schlugen die Banden, deren Herkunft die Polizei vor allem in den Niederlanden und Belgien verortet, im laufenden Jahr zu.

Passanten und Anwohner sind gefährdet

„Dabei wird vermehrt Festsprengstoff eingesetzt“, berichtete Landespolizeipräsident Axel Brockmann. Das erhöhe zusätzlich das „nicht kontrollierbare Gefährdungspotenzial“ für unbeteiligte Passanten und Nachbarn. Über die erbeuteten Summen wollte Brockmann keine Angaben machen, er sprach aber von einer „beträchtlichen Schadenshöhe“.

Minister und Polizeipräsident appellierten an Banken und Sparkassen, mehr für die Prävention zu tun. In den Niederlanden und Belgien seien die Geldinstitute gesetzlich verpflichtet, ihre Automaten besser zu schützen. „Das ist bei uns leider nicht der Fall.“ In Niedersachsen werde die Polizei jetzt aber zeitnah sämtliche Geldautomaten für eine individuelle Risikobewertung unter die Lupe nehmen. Es dürfe nicht sein, dass die Banken bei einer wirtschaftlichen Abwägung zwischen Schaden und Aufwand ihre Sicherheit und die der Anwohner vernachlässigten.

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Die Gesamtlage

Die Zahl aller Delikte sank 2021 auf 472.096 Fälle – fünf Prozent weniger und der niedrigste Wert seit Beginn der statistischen Erfassung. Die Kriminalitätsbelastung verringerte sich dadurch auf 5.899 Taten pro 100.000 Einwohner – so niedrig wie nie. Die Aufklärungsquote lag erneut bei über 64 Prozent. „Wir leben in einem äußerst sicheren Bundesland“, freute sich Minister Pistorius. Zwar hänge der Rückgang teilweise auch mit den Effekten der Corona-Pandemie zusammen. „Aber andererseits ist diese Entwicklung ebenfalls ein Nachweis für die hervorragende Polizeiarbeit in Niedersachsen.“ 

Cyberkriminalität

Die Delikte unter Nutzung des Tatmittels Internet stiegen gegenüber dem Vorjahr insgesamt um 5,5 Prozent auf 45.141 Fälle. Ein extremes Plus von 76 Prozent auf 3632 Taten verzeichnete die Polizei bei der Verbreitung von Kinderpornografie. Als Gründe nannten die Ermittler eine wachsende Bereitschaft auch der Provider, solche abstoßenden Bilder und Filme zu melden, sowie eine enge Zusammenarbeit mit US-Behörden und Bundeskriminalamt.

Auffällig war laut Brockmann allerdings auch der hohe Anteil jugendlicher Tatverdächtiger. Bei einem Großteil handele es sich um eine „unbedachte Weiterverbreitung über Messengerdienste“, betonte Brockmann und forderte eine bessere Förderung der Medienkompetenz von jungen Menschen.

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Warenbetrug

Neben Hackerangriffen und Datenklau nahmen auch Beleidigungen und Bedrohungen im Netz und in den sozialen Onlinediensten zu. Rückläufig war dagegen der Warenbetrug im Internet. Die Zahl der Fälle verringerte sich um 15,7 Prozent auf 14.316.

Häusliche Gewalt

Attacken innerhalb des familiären Umfelds erfasst die Polizei inzwischen gesondert. Insgesamt zählte sie 2021 über 24.000 Fälle. Bei 14.784 handelte es sich um Körperverletzungen; aber auch acht vollendete und zwölf versuchte Morde sowie 17 vollendete und 32 versuchte Totschlagsdelikte waren darunter. Vergewaltigungen, Bedrohungen, Stalking und Einsperren fallen ebenfalls in dieses Deliktsfeld.

Insgesamt gab es im vergangenen Jahr 370 Straftaten gegen das Leben, ein Rückgang von 11,3 Prozent. Davon endeten 182 Delikte für die Opfer tödlich, davon waren 51 Frauen. Immerhin stieg die Aufklärungsquote auf über 90 Prozent.

Wohnungseinbrüche

Lockdown, Homeoffice und eine immer bessere Sicherheitstechnik drückten die Zahl der Wohnungseinbrüche auf 5200 – 33,1 Prozent weniger als im Vorjahr und den niedrigsten Wert seit 1971, als die elektronische Aufzeichnung begann. Die Aufklärungsquote lag zwar nur bei 28 Prozent, aber auch das war ein Rekordwert.

Freudig stimmte die Ermittler auch, dass die Versuchsquote, also der Anteil der gescheiterten Einbrüche, bei 47 Prozent lag. „Das zeigt, dass Prävention, nachbarschaftliche Aufmerksamkeit und guter baulicher Schutz an Fenstern und Türen die wirksamsten Mittel gegen Einbrecher sind“, meinte Ressortchef Pistorius, ohne allerdings den Corona-Faktor zu verschweigen.

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Angriffe auf Polizei und Retter

Besorgt zeigte sich der Minister dagegen über die steigende Gewalt gegen Sicherheitskräfte. So gab es 3.628 Attacken gegen Polizeibeamte, 2,6 Prozent mehr als 2020. Die Zahl der Opfer erhöhte sich um 7,8 Prozent auf 8217. Bei Sanitätern und Feuerwehrleuten stieg die Zahl der Betroffenen sogar um 26,2 Prozent auf 357. „Wer Polizisten und Rettungskräfte angreift, greift unsere Gesellschaft an“, kritisierte Pistorius und kündigte weitere Anstrengungen beim Selbstschutz durch eine bessere Ausrüstung etwa mit Körperkameras an.

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