Darauf einigten sich die potenziellen Großkoalitionäre am Freitag in Hannover. Um das Land für die Digitalisierung in Schulen, Wirtschaft und Verwaltung zu wappnen, sollen auch die Studiengänge für Informatik kräftig mit zusätzlichen Plätzen und Professorenstellen aufgemöbelt werden. Nach zähem Ringen im Gebäude des Landessportbundes beschlossen die Delegationen unter Leitung von SPD-Ministerpräsident Stephan Weil und CDU-Chef Bernd Althusmann außerdem Zentren für Jugendstrafverfahren.
Eine örtliche Bündelung von Polizei, Staatsanwaltschaften, Jugendhilfe und Gerichten könne Prozesse beschleunigen und so für mehr Sicherheit der Bürger sorgen, erklärte der CDU-Generalsekretär Ulf Thiele. „Die Strafe muss der Tat direkt folgen.“ Derzeit warte man oft monatelang auf ein Urteil.
Dies führe bei Opfern und Polizisten zu großem Frust. Das neue Modell will die künftige Große Koalition zunächst nur in einem Versuch testen – offenbar ein Zugeständnis an die SPD, die rechtliche und praktische Zweifel an einem durchschlagenden Erfolg hegt.
Zusammenhalt der Gesellschaft nicht aus den Augen verlieren
Die Runde zeigte sich nach Angaben von SPD-Landesgeschäftsführer Georg Brockmeyer grundsätzlich bereit, die gesamte Justiz mit mehr Stellen für Richter, Staatsanwälte und auch Wachtmeister auszustatten. Konkrete Zahlen nannte er aber weder für diesen Bereich noch für die Hochschulen. „Alles, was ein Preisschild hat, werden wir erst am Ende der Verhandlungen diskutieren.“
Sämtliche Beschlüsse stünden unter dem Vorbehalt, dass der vom neuen Landtag zu beschließende Haushalt diese auch finanziell abdecken könne. „Die Bäume wachsen nicht in den Himmel.“ CDU-Mann Thiele verwies darauf, dass man bei allen Chancen der Digitalisierung nicht den Zusammenhalt der Gesellschaft aus den Augen verlieren dürfe. „Sonst stärken wir die Fliehkräfte an den Rändern.“
Wichtig sei es daher auch, die ärztliche Versorgung im ländlichen Raum zu gewähr-leisten. Dazu sollen nicht nur zusätzliche Studienplätze, sondern auch neue familienfreundliche Modelle der Diensteinteilung dienen. „Wir stehen vor der Herausforderung, dass 70 Prozent der Medizinstudenten weiblich sind.“
"Das war das Warm-up"
Einig waren sich die Parteienvertreter, den Sanierungsstau an den beiden Uni-Kliniken Hannover und Göttingen abzubauen. Strittig zwischen Genossen und Union ist allerdings noch, ob diese milliardenschweren Projekte weiter vom Wissenschaftsministerium betreut werden sollen. „Über Ressortzuschnitte haben wir noch nicht geredet“, meinte ein Unterhändler.
„Das war das Warm-up“, sagte Ministerpräsident Weil im Hinausgehen dem WESER-KURIER. „Wir haben mit den leichten Themen angefangen, die schwierigeren folgen nun nach und nach.“ Weiter wollten sich weder der SPD-Chef noch sein CDU-Kollege Althusmann äußern.
Nach Angaben von Delegationsteilnehmern hakt es wider Erwarten doch noch heftig beim Thema Innere Sicherheit und Polizei. Bei einem Geheimtreffen an diesem Sonnabend wollen SPD und CDU die Hürden allerdings wegräumen. Am Montag soll dann der ebenfalls immer noch umkämpfte Bereich Bildung folgen.
Bis Mittwoch wird durchgearbeitet
Dennoch sieht sich die Lenkungsgruppe nach den grundsätzlichen Einigungen bei Wissenschaft und Justiz auf Kurs. Man werde jetzt einschließlich des Wochenendes bis Mittwoch „durcharbeiten“, kündigte Brockmeyer an. Bis Ende nächster Woche könnte dann der Koalitionsvertrag stehen, gab er sich optimistisch. „Da sind wir auf einem guten Weg.“ Etwas zurückhaltender zeigte sich Ulf Thiele: „Wir haben uns ein paar zeitliche Spielräume gelassen.“
Schließlich müsse am Ende ein tragfähiges Ergebnis stehen. „Wir müssen die Kraft für große Veränderungen aufbringen, um das Land zukunftsfest zu machen“, forderte der CDU-Generalsekretär, warnte aber gleichzeitig vor einer dauerhaften Zusammenarbeit zwischen SPD und seiner Partei. „Eine Große Koalition muss die Ausnahme bleiben“, meinte er.