Früher hielt die Bimmelbahn an jeder Milchkanne. Um Tempo zu machen, wurden dann Haltestellen gestrichen. Jetzt will Niedersachsen 30 kleinere Stationen wiedereröffnen, an denen spurtstarke Triebzüge Pendler auch in kleineren Orten zusteigen lassen. Mit dabei ist auch Kirchlinteln (Kreis Verden).
Von den 30 Bahnstationen, so der Plan, werden zehn sogar kurzfristig wiedereröffnet. Nach einer Vorauswahl aus 38 möglichen neuen Haltepunkten sollten an den ersten davon bereits 2017 wieder Züge halten. Das jedenfalls kündigte Niedersachsens Verkehrsminister Olaf Lies (SPD) am Montag in Hannover an.
Die erwarteten Kosten von weit mehr als 30 Millionen Euro will zu drei Viertel das Land tragen, den Rest übernehmen die Kommunen und möglicherweise auch die Bahn. Geprüft wurden Halte, an denen mindestens 200 Menschen pro Tag ein- und aussteigen würden und an denen ein erneuter Stopp der Züge den Fahrplan nicht durcheinanderbringt.
In den vergangenen Jahrzehnten waren viele kleine Bahnhöfe geschlossen worden, an denen damals wenige Reisende einstiegen oder die weit von Siedlungen entfernt lagen. Zwischen den größeren Halten verkürzte sich dadurch die Fahrzeit – allerdings schrumpfte teils auch die Zahl der Reisenden in den Zügen weiter. Neue spurtstarke Triebzüge und ein Wiederaufbau der Bahnsteige direkt neben den Siedlungskernen lassen seit einiger Zeit den Neustart so mancher Station sinnvoll erscheinen, vor allem da mehr Pendler als früher wieder auf die Bahn setzen.
Außer Niedersachsen hat dies auch die Deutsche Bahn erkannt, die im Zuge einer bundesweiten Stationsoffensive derzeit die Wiedereröffnung von 350 Haltestellen untersucht. 60 davon lägen in Niedersachsen und 45 seien vom Land auch schon geprüft worden, sagte Lies. Mit der Bahn sei er über eine Beteiligung an den Investitionskosten im Gespräch. Der Landesanteil an der Neueinrichtung der Stationen stamme aus den Regionalisierungsmitteln für den Nahverkehr und belaste nicht den Landeshaushalt. Über die 30 nun ausgewählten Bahnhöfe hinaus könnten in Zukunft auch weitere wieder ans Netz gehen, sagte Lies.
Zu den in Kürze zur Reaktivierung anstehenden Bahnhöfen gehören Rosdorf an der Strecke von Göttingen Richtung Nordhessen, Osnabrück-Rosenplatz, Kirchlinteln (Strecke Bremen-Uelzen), Hildesheim-Himmelsthür (Hannover-Hildesheim) und Jaderberg (Oldenburg-Wilhelmshaven). Mehrere Halte sollen auch im Großraum Hannover, Braunschweig und Wolfsburg wieder ans Netz gehen
sowie mindestens drei weitere Stationen in den Landkreisen Leer und Cuxhaven. Bei den positiv bewerteten Stationen im Landkreis Leer werden voraussichtlich Bunde und Ihrhove realisiert. Von den Haltepunkten Spieka und Cappel-Midlum (Kreis Cuxhaven) wird nur einer aus fahrplantechnischen Gründen eingerichtet werden können. Welcher dies am Ende sein wird, soll der Landkreis als ÖPNV-Aufgabenträger entscheiden, heißt es in einer Erklärung des Ministeriums.
Neben Kirchlinteln werden auch dem Haltepunkt in Verden-Dauelsen Chancen auf eine Wiedereröffnung eingeräumt. Der Landkreis Verden erklärte jedoch auf Nachfrage, dass anders als in Kirchlinteln der geplante neue Haltepunkt in Verden-Dauelsen zwischen der Grundschule am Sachsenhain und dem Fußgängertunnel an einer Hauptstrecke liegt. „Es wird dort zunächst eine Betriebssimulation geben müssen“, sagte Karin Vesper, beim Landkreis zuständig für den öffentlichen Personennahverkehr. Über die Finanzierung müssten sich Stadt, Kreis und Land noch verständigen.
Dauelsens Ortsbürgermeisterin Jutta Sodys begrüßte die grundsätzlich positiven Signale aus Hannover. „Ich halte diesen Haltepunkt für ganz wichtig“, sagte sie gerade im Hinblick auf die nahe gelegenen Berufsbildenden Schulen (BBS). Sodys: „Im Rahmen der Machbarkeitsstudie 2012 wurden bereits Schüler befragt. Das Angebot würde dort mit Sicherheit gut angenommen werden.“