Stephan Weil hat Grund zum Feiern: Die SPD erhält die meisten Sitze im niedersächsischen Landtag. Außerdem scheint sie mit ihrem Traumpartner – den Grünen – alleine eine Regierung bilden zu können. Die Mehrheit der Sitze ist offenbar nicht sonderlich groß, aber groß genug.
Die größte Herausforderung für den Landesvater war in den vergangenen Wochen, sich von der Bundes-SPD abzusetzen. Die Energiekrise überschattet andere politische Themen, die Bundesländer können wenig in Eigenregie tun. Nicht von ungefähr hat sich Weil, derzeit an der Spitze der Ministerpräsidentenkonferenz, gemeinsam mit den anderen Länderchefs und -chefinnen bei der Bund-Länder-Runde mit dem Kanzler angelegt. Konfliktpunkt ist die Finanzierung des "Doppelwumms". Weils Amtsbonus dürfte ebenfalls eine gewichtige Rolle gespielt haben: Personelle Sicherheit in unsicheren Zeiten ist besser als nichts.
Bernd Althusmann, Spitzenkandidat der CDU, konnte nicht von seiner Position als stellvertretender Landeschef profitieren. Die CDU hatte eine schlechte Ausgangsposition: Weil hatte schon früh angekündigt, die Große Koalition nicht fortsetzen zu wollen. Schwarz-Grün kommt für die niedersächsischen Grünen nicht infrage. Die CDU hat also – wie in Bremen, wie im Bund – auch in Niedersachsen die undankbare Rolle der Braut ohne Bräutigam.
Weil hat Grund zum Feiern, aber nicht allen Grund dazu. Die SPD hat an Stimmen verloren, weniger als die CDU zwar, aber nicht sehr viel weniger. Gewinner des Abends sind die Grünen und die AfD. Deren zweistelliges Ergebnis bestätigt, was sich schon abgezeichnet hat: Die Sorgen, die Enttäuschung und die Unzufriedenheit der Bevölkerung mit dem Krisenmanagement wachsen. Auch die niedrige Wahlbeteiligung spricht Bände.
Im Jahr 2013 beteiligten sich noch weniger Berechtigte an der Wahl, aber ein Anteil von rund 60 Prozent ist dennoch ein Armutszeugnis für die Demokratie. Beinahe die Hälfte der Wahlberechtigten haben gar nicht oder AfD gewählt – das muss auch Wahlgewinnern zu denken geben.