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Landtag Grüne über SPD-Personalien verärgert

Die von Ministerpräsident Stephan Weil (SDP) geplante Aufstockung bei den Landtagsvizepräsidenten gefährdet den Koalitionsfrieden noch vor dem Start.
02.11.2022, 17:53 Uhr
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Grüne über SPD-Personalien verärgert
Von Peter Mlodoch

Noch bevor Niedersachsens neue rot-grüne Koalition offiziell an den Start geht, gibt es hinter den Kulissen Ärger. Das von SPD-Ministerpräsident Stephan Weil initiierte Vorhaben, die Zahl der gut bezahlten Landtagsvizepräsidenten zugunsten der eigenen Fraktion von vier auf fünf aufzustocken, stößt bei den künftigen Partnern intern auf schwere Vorbehalte. „Das ist fatal. Das können wir den Bürgern doch nicht ernsthaft vermitteln“, schimpft ein Mitglied der neuen Grünen-Fraktion. Auch andere Abgeordnete schütteln den Kopf, halten sich aber lieber zugunsten des Koalitionsfriedens bedeckt.

Von einer „sachlich nicht gerechtfertigten Aufblähung“ spricht dagegen ganz offen der Steuerzahlerbund. „Wenn bei der politischen Führung aus rein taktischen Gründen draufgesattelt wird, hat das eine negative Signalwirkung auf das ganze Land“, kritisierte der Landesvorsitzende Bernhard Zentgraf im Gespräch mit dem WESER-KURIER. „Von der Bevölkerung werden in diesen Krisenzeiten schließlich auch Einschränkungen verlangt.“ Da sei ein solcher Schritt des Parlaments absolut kontraproduktiv. Für die prestigeträchtigen Vize-Posten gibt es einen 40-prozentigen Aufschlag zur normalen Abgeordnetendiät von derzeit 7.485 Euro monatlich.

Protokollarisch höchstes Amt im Land

Die SPD steht als größter Fraktion das Vorschlagsrecht für die Landtagspräsidentin zu. Die Genossen nominierten am Dienstag ihre Generalsekretärin Hanna Naber aus Oldenburg für das protokollarisch höchste Amt im Land. Gleichzeitig schlugen sie zwei weitere Abgeordnete als Stellvertreter vor: Sabine Tippelt aus Holzminden und Marcus Bosse aus Schöppenstedt bei Wolfenbüttel. In der jetzt ablaufenden Wahlperiode stellte die SPD dagegen nur einen der vier Vizeposten. Zwei besetzte die CDU, einen erhielten die Grünen.

Als Grund für die Verdopplung bei der SPD gilt der Parteiproporz, dem sich Landeschef Weil verpflichtet fühlt. Der Regierungschef musste bei seinem Personaltableau nicht nur auf eine möglichst paritätische Besetzung achten, sondern auch regionale Befindlichkeiten berücksichtigen. Insbesondere der Bezirk Braunschweig stellte angesichts der dort vielen direkt gewonnenen Mandate hohe Ansprüche. Dass der Wolfsburger Bundestagsabgeordnete Falko Mohrs in der neuen Regierung das Wissenschaftsministerium übernimmt, reichte offenbar nicht. Auch die Braunschweiger Abgeordneten in der Fraktion wollten bedacht werden – so fiel die Auswahl auf den bisherigen Umweltexperten Bosse.

Bisher vier Vizepräsidenten

Damit bei zwei SPD-Vizes CDU und Grüne wie bisher vertreten sind, muss also die Gesamtzahl auf fünf steigen. Darauf verständigten sich die Parlamentsgeschäftsführer am Mittwoch. „Wir wollen ein Präsidium, in dem die Kräfteverhältnisse des Landtags entsprechend abgebildet sind“, erläuterte der am Vortag in seinem Amt bestätigte SPD-Mann Wiard Siebels die neue Arithmetik. „Für die CDU hat sich die Zahl von zwei Vizepräsidenten seit 2017 bewährt“, ließ seine am Dienstag frisch gewählte neue CDU-Kollegin Carina Hermann aus Göttingen durch einen Sprecher ausrichten, ohne auf die SPD-Motive einzugehen.

Auch Grünen-Vertreter Gerald Heere, der in der nächsten Woche zum neuen Finanzminister berufen werden soll, fügte sich. „Wir akzeptieren das aufgrund der Kräfteverhältnisse mit Blick auf SPD und CDU“, meinte Fraktionssprecher Andreas Möser nüchtern. Die Grünen schicken voraussichtlich ihre bisherige Vizepräsidentin Meta Janssen-Kucz erneut ins Rennen. Die CDU hat bereits Noch-Agrarministerin Barbara Otte-Kinast und den bisherigen Parlamentsgeschäftsführer Jens Nacke nominiert.

Änderung der Geschäftsordnung

Für die Aufstockung ist allerdings noch eine Änderung der Geschäftsordnung des Landtags erforderlich. Dort sind bislang nur vier Vize-Posten vorgesehen. Ob dieser Schritt schon auf der konstituierenden Sitzung am nächsten Dienstag erfolgen kann, ist juristisch fraglich. Es ist durchaus denkbar, dass die Wahl der Stellvertreter auf ein späteres Parlamentsplenum verschoben werden muss.

Erschwert wird die Gemengelage durch die AfD. Deren Fraktion nominierte inzwischen ihren Parlamentsgeschäftsführer Klaus Wichmann aus Verden ebenfalls als Vizepräsidenten – wohl wissend, dass die anderen Fraktionen ihn gemäß interner Absprache durchfallen lassen wollen. „Wir halten es nicht für richtig, dass eine in Teilen rechtsextremistische Partei einen der Landtagsvizepräsidenten stellt“, erklärte die CDU-Fraktion. Das sehen SPD und Grüne genauso.

Zur Sache

Rückkehr zur Doppelspitze

Im Gegensatz zu den drei anderen Fraktionen haben die Grünen ihre Führungscrew noch nicht gewählt. Dies soll spätestens am nächsten Montag geschehen. Dabei ist nach dem Alleinvorsitz von Julia Hamburg, die neue Kultusministerin werden soll, wieder eine Doppelspitze vorgesehen: nämlich aus der Neu-Abgeordneten und Landesparteichefin Anne Kura und dem erfahrenen Verkehrsexperten Detlev Schulz-Hendel. Als Parlamentsgeschäftsführer ist der gebürtige Bremerhavener Volker Bajus im Gespräch. Für ihn spricht, dass er bereits zwischen 2013 und 2017 Abgeordneter in einer rot-grünen Koalition war.

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