Heftige Regenfälle haben in der Nacht zum Montag zahlreiche Straßen und Keller in Südniedersachsen unter Wasser gesetzt. Am dramatischsten war die Lage im Friedländer Ortsteil Groß Schneen (Kreis Göttingen). Dort war das Wasser in eine Turnhalle eingedrungen, die seit Anfang August als Notquartier der völlig überfüllten Landesaufnahmeeinrichtung Friedland genutzt wird. Rettungskräfte brachten die rund 200 Flüchtlinge, unter ihnen auch zahlreiche Familien mit Kindern, in Sicherheit. Sie kamen zunächst in der benachbarten Carl-Friedrich-Gauß-Schule unter. Da auch dort das Erdgeschoss unter Wasser stand, konnten sie nur die Räume im ersten Stock nutzen. Am Montagnachmittag wurden sie dann in eine kurzfristig als Flüchtlingsunterkunft hergerichtete Turnhalle
in der Nachbargemeinde Rosdorf umquartiert.
Die erste Alarmierung gab es am Sonntagabend um 23.30 Uhr. Ein Keller war voll Wasser gelaufen. „Anfangs klang alles noch recht harmlos“, sagte Andreas Friedrich, Friedlands Bürgermeister, am Montag. Dann seien die Meldungen jedoch immer beunruhigender geworden.
Fassungslos beobachteten die Bürger der betroffenen Ortschaften, wie sich Sturzbäche von Wasser und Schlamm über Straßen und Grundstücke ergossen und in die Keller eindrangen. Selbst ältere Bürger hätten gesagt, dass sie noch nie so starke Regenfälle erlebt hätten, sagte Friedrich. Rund 140 Feuerwehrleute waren stundenlang – vor allem in den Gemeinden Friedland und Rosdorf – im Einsatz, um die vielen vollgelaufenen Keller auszupumpen und Straßen frei zu räumen.
Am härtesten traf es die rund 200 Flüchtlinge in der Turnhalle von Groß Schneen. Menschen, die überwiegend aus dem Irak und aus Syrien geflohen sind – viele junge Männer, aber auch Familien mit kleinen Kindern sowie ältere Menschen. Viele von ihnen haben auf der Flucht Schreckliches erlebt, sind traumatisiert. Nun mussten sie erleben, wie das Wasser unter ihren Betten immer höher stieg und ihr weniges Hab und Gut von Schlammmassen überspült wurde. Vor allem für die Kinder sei die nächtliche Evakuierung dramatisch gewesen, sagte Bürgermeister Friedrichs. Viele hätten bereits geschlafen und laut geweint, als die Rettungskräfte sie und ihre Familien aus dem Gebäude holten. Glücklicherweise habe es bis auf einen gebrochenen Finger keine schweren Verletzungen gegeben, so der Bürgermeister.
Die 200 Frauen, Männer und Kinder sollten ursprünglich in der Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in Friedland unterkommen. Da diese stark überfüllt ist, wurden viele Menschen auf Turnhallen verteilt. Eine der Turnhallen ist die von dem Unwetter betroffene in Groß Schneen. Friedland ist eine erste Anlaufstelle für die Flüchtlinge. Von dort werden sie auf die Kommunen verteilt. Der Leiter der Erstaufnahmeeinrichtung, Heinrich Hörnschemeyer, zeigte sich erleichtert, dass für die Flüchtlinge so schnell eine Notunterkunft in der Turnhalle der Nachbargemeinde Rosdorf geschaffen werden konnte. Auch im Erstaufnahmelager hatten Helfer mit Wassermassen zu kämpfen. Mehrere Zelte hielten den Unwettern nicht stand und mussten geräumt werden.
Hörnschemeyer appellierte an die zuständigen Stellen bei Bund und Ländern, die Unterbringungssituation zu verbessern. „Das Lager Friedland platzt aus allen Nähten“, sagte er. Allein am vergangenen Wochenende seien circa 200 Flüchtlinge in Friedland eingetroffen. Derzeit lebten dort mehr als 3000 Flüchtlinge auf engstem Raum, teils in Zelten. Weil es einfach keinen Platz mehr gebe, müssten manchen schon auf den Fluren übernachten.
„Ich denke, dass die Grenze dessen, was zumutbar ist, erreicht ist“, sagte Hörnschemeyer. 300 weitere Flüchtlinge sind in einem Hotel in Duderstadt untergebracht, 300 Flüchtlinge wurden in Turnhallen in Friedland und Rosdorf einquartiert. Diese Sporthallen werden aber demnächst wieder gebraucht, wenn nach den Ferien die Schule losgeht. „Dann wird sich die Situation weiter verschärfen“, so Hörnschemeyer.