Schwerin. Was tun mit einem solchen Mann? Rätselraten im Schweriner Landtag, wo man bis 2016 mit der pöbelnden NPD einiges erdulden musste. Aber das jetzt? „Widerwärtig“, meinte Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) nur, als sie von den bösartigen Tiraden des Abgeordneten Holger Arppe hörte. „Ein potenzieller Massenmörder“, kommentierte SPD-Fraktionschef Thomas Krüger den Fall. Es sei keinem Menschen in Mecklenburg-Vorpommern erklärbar, warum der auf Steuerzahlerkosten in einem Parlament sitze.
„Haarsträubend bis ekelerregend“, sagte sogar der AfD-Fraktionsvorsitzende Leif-Erik Holm über seinen Rostocker Kollegen, der nun holterdipolter Partei und Fraktion verließ, nachdem der NDR 12 000 Seiten Chatprotokolle Arppes öffentlich gemacht hatte. Ein Datenberg, der es in sich hat: randvoll mit Arppes Menschenhass, Rassismus, übelsten Sexual- und Gewaltfantasien gegen Andersdenkende und Ausländer, aber auch voller Spott und Verachtung gegen Parteifreunde. Ginge es nach der Mehrheit im Schweriner Parlament, müsste Arppe sein Mandat auf der Stelle zurückgeben und aus dem Landtag verschwinden. SPD und CDU haben den 44-jährigen Galeristen auch schon aufgefordert, genau das zu tun. Aber er denkt offenbar nicht daran und will partei- und fraktionsloser Abgeordneter bleiben.
Die Chatprotokolle, die dem NDR nach eigenen Angaben anonym zugespielt worden waren, geben einen erschütternden Einblick in die Gedankenwelt des Politikers. Über Linke und Grüne schrieb er im August 2015: „Das ganze rotgrüne Geschmeiß aufs Schafott schicken. Und dann das Fallbeil hoch und runter, dass die Schwarte kracht!“
In dem Chat steigerte sich Arppe in weitere Gewaltfantasien: Für die „widerlichen grünen Bolschewisten“ solle man eine „Grube ausheben, alle rein und Löschkalk oben rauf“. Einige Wochen später schrieb Arppe: „Ich habe jetzt eine Vision: wenn es hier in Deutschland gut läuft, werden wir am Ende so eine Art Apartheidstaat haben wie damals in Südafrika, wo die Weißen den Rest einfach nur irgendwie in Schach halten.“ Aber auch AfD-Politiker überschüttete er mit Häme und Verachtung. Alexander Gauland, Spitzenkandidat zur Bundestagswahl, beschimpfte Arppe in einem Chat 2014 als „Arschloch“ – ein Ausdruck, den er ein Jahr später auch für Leif-Erik Holm gebrauchte, den heutigen Landesparteichef. Über Beatrix von Storch, stellvertretende Bundesvorsitzende der AfD, meinte Arppe laut Chatprotokoll, sie „hätte auch mal ein Mann gewesen sein können“. Wörtlich: „Ich glaube, die steht auf ganz abgefahrene Sachen ... die Großherzogin von Oldenburg.“
Offensichtlich hatten Arppe und andere AfD-Mitglieder auch Kontakt zum Terrorverdächtigen Jan Hendrik H., dessen Rostocker Haus vor Kurzem von der GSG 9 im Auftrag der Bundesanwaltschaft durchsucht wurde. H. soll Waffen gehortet und Angriffe auf Linke geplant haben. Laut NDR und der Chatprotokolle war Arppe im Mai 2015 bei Jan Hendrik H. zum Grillen eingeladen. Danach berichtete er Freunden in der AfD: „Der Typ würde perfekt in unsere Reihen passen. Er hasst die Linken, hat einen gut gefüllten Waffenschrank in der Garage und lebt unter dem Motto: Wenn die Linken irgendwann völlig verrückt spielen, bin ich vorbereitet.“