Krieg oder Frieden – aus Sicht des Weißen Hauses liegt die Entscheidung darüber weiterhin im Kreml. „Wir sind immer für Diplomatie“, erklärte Sprecherin Jen Psaki zu den Aussichten auf einen Gipfel zwischen dem US-Präsidenten Joe Biden und seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin. Die Bereitschaft bestehe, „bis zu dem Zeitpunkt, an dem eine Invasion beginnt“. Auch auf diesen Fall seien die USA vorbereitet. Putin müsse dann mit „schnellen und ernsthaften Konsequenzen“ rechnen.
Die erneuten diplomatischen Bemühungen, eine militärische Eskalation abzuwenden, sind das Ergebnis europäischer Vermittlungsbemühungen. Über das Wochenende hatte zunächst der französische Präsident Emmanuel Macron, am Montag dann auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mit Putin telefoniert. Macron informierte anschließend den US-Präsidenten. Es ging um die Fortsetzung der Gespräche zwischen Russland, der Ukraine, Deutschlands und Frankreichs im sogenannten „Normandie-Format“. Aber auch um ein Treffen zwischen Putin und Biden.
Macron drängte Putin als vertrauensbildende Maßnahme, Truppen von der Grenze zurückzuziehen. Darauf deutet nach Ansicht von Analysten bisher nichts hin. Während der Außenminister von Belarus, Wladimir Makej, gegenüber der Washington Post vor vier Tagen behauptete, nach Abschluss der Militärübung am 20. Februar werde „nicht ein einziger Soldat“ und „nicht ein einziges Stück an militärischer Ausrüstung“ aus Russland zurückbleiben, heißt es nun, die Truppen blieben auf unbestimmte Zeit im Land. Als Grund nannte die Regierung in Minsk die angeblichen Angriffe auf russische Separatisten im Donbass.
USA sehen Täuschungsmanöver des Kremls
Die behaupteten Angriffe ukrainischer Regierungseinheiten können von unabhängiger Seite nicht bestätigt werden. Wie es auch für die „Evakuierung“ der russischen Minderheit aus den umstrittenen Ostgebieten der Ukraine keinen anderen erkennbaren Anlass gab, als die Mobilisierung der von Russland unterstützten Separatisten. Aus Sicht der USA sind diese Aktionen Teil eines Täuschungsmanövers, mit dem der Kreml versucht, einen Vorwand für einen Einmarsch zu schaffen.
„Es läuft bisher alles nach dem Drehbuch für eine Invasion, wie wir es dargelegt haben“, erklärte US-Außenminister Anthony Blinken im US-Fernsehen. Als zusätzlichen Beleg dafür werten Analysten die Mitteilung aus dem Kreml, Putin wollte mit seinem Sicherheitsrat am Montag „die nächsten Schritte festlegen“, darunter eine mögliche Anerkennung der Souveränität der umstrittenen Regionen.
Gleichzeitig blieb Putins Sprecher Dmitri Peskow vage, ob es zu einem Gipfel mit den USA kommen werde. Es gebe „keine konkreten Pläne“. Wenn beide Seiten es für sinnvoll hielten, „kann jeden Moment eine Entscheidung dazu getroffen werden“. Die Weichen dafür könnten bei einem für diesen Donnerstag geplanten Treffen der Außenminister Blinken und Sergej Lawrow gestellt werden.
Der nationale Sicherheitsberater von Präsident Biden bleibt skeptisch. „Wir geben niemals die Hoffnung auf eine diplomatische Lösung auf, solange keine Raketen fliegen und Panzer rollen“, erklärte Jake Sullivan am Montag. Leider verringerten sich die Aussichten dafür „angesichts der russischen Truppenbewegungen von Stunde zu Stunde.“