Die Tochter des ehemaligen Vizepräsidenten Dick Cheney unterstützt den robusten Interventionismus ihres Vaters, setzt sich für das uneingeschränkte Recht ein, Waffen zu tragen, und lehnt Abtreibungen in den meisten Fällen ab. Als Nummer drei ihrer Fraktion im Repräsentantenhaus machte sich Liz Cheney für all das im Kongress stark. Und mit ihrer Wortgewalt galt sie als aufsteigender Stern am Firmament der Republikaner.
Als Joe Biden 2020 Kamala Harris zu seinem „Running Mate“ machte, kritisierte Cheney dessen Entscheidung als Richtungssignal. Harris habe sich mit ihrem Stimmverhalten im Senat „links von Bernie Sanders und Elizabeth Warren positioniert“. All das nimmt sie jetzt in Kauf. Am Mittwoch erklärte sie ihre Unterstützung für die Demokratin.
Dafür reiste Cheney in den Swing State North Carolina, wo sie in einer Rede an der Eliteuniversität „Duke“ ihre Entscheidung begründete. Sie habe lange und tief darüber nachgedacht, ob sie die Wahlen im November aussitzen oder wie der Ex-Senator von Pennsylvania Pat Toomey einen beliebigen Namen auf den Stimmzettel schreiben würde.
Cheney: Gefahr für die Demokratie
„Wegen der Gefahr, die Donald Trump darstellt, sei ein bloßer Protest keine Option für sie. Dieser sei eine Gefahr für die amerikanische Demokratie, wie er am 6. Januar 2021 beim Sturm auf den Kongress bewiesen habe. Cheney gehörte zu den beiden Republikanern, die sich an der Untersuchungskommission zur Aufarbeitung des Umsturzversuchs beteiligt hatten.
Zum enthusiastischen Jubel des Publikums erklärte sie dann: „Ich werde Donald Trump nicht wählen, ich wähle Kamala Harris.“ Deren Wahlkampfteam hatte Cheney über Wochen umworben. Mit ihrer Ankündigung gibt Cheney nach Ansicht von Analysten heimatlos gewordenen Konservativen grünes Licht, mit ihrer Partei zu brechen. Zudem spricht sie das knappe Viertel der Trump-Wähler von 2020 an, die Meinungsforschern gesagt haben, dass sie offen sind, für Harris zu stimmen.
Deren Wahlkampfteam witterte die Chance, die rund 15 Prozent der Republikaner anzusprechen, die bei den Vorwahlen gegen Trump gestimmt hatten. Auf dem Parteitag in Chicago überließ Harris prominenten Never-Trump-Abweichlern einen der begehrten Redeplätze. Die Demokraten feierten dort die Auftritte des früheren Kollegen Cheneys im Kongress, dem Ex-Abgeordneten Adam Kinzinger, der ehemaligen Pressesprecherin Stephanie Grisham, der Ex-Sicherheitsberaterin Olivia Troye und des stellvertretenden Gouverneurs von Georgia Geoff Duncan.
In einem offenen Brief riefen Ende August mehr als 200 Mitarbeiter der Regierungen von George W. Bush und George H.W. Bush sowie der Präsidentschaftskandidaten Senator Mitt Romney und John McCain zur Wahl von Harris auf. Natürlich gebe es eine Menge ideologischer Meinungsverschiedenheiten mit Harris und deren „Running Mate“ Tim Walz. „Aber die Alternative ist einfach unhaltbar“, heißt es in der gemeinsamen Erklärung, die vor Trumps antidemokratischen Plänen warnt.
Unter den prominenten Republikanern, die Trump nicht unterstützen werden, finden sich weitere ehemalige Mitglieder seiner Regierung. Darunter Vizepräsident Mike Pence, der erste Außenminister Rex Tillerson, Stabschef John Kelly, der kurzzeitige Kommunikationsdirektor im Weißen Haus Anthony Scaramucci sowie die Verteidigungsminister Mark Esper und James Mattis.
Großen Erfolg hat auch die Initiative „Republicans for Harris“, die von traditionellen Konservativen unterstützt wird. Prominent stellte der Parteitag den Bürgermeister von Mesa im Swing State Arizona, John Giles, vor. Er habe eine dringende Botschaft an alle Amerikaner, die sich in der politischen Mitte sehen. „Die Republikaner John McCains gibt es nicht mehr.“