Wo in den 1990er-Jahren Zeltunterkünfte für mehr als 45.000 Flüchtlinge aus Haiti und Kuba standen, soll nun das größte Abschiebelager der USA entstehen. Das weitläufige Gelände nahe dem Flugfeld von Guantánamo Bay liegt weit entfernt vom Bevölkerungszentrum der US-Marinebasis. Heute wird der öffentlich kaum bekannte Teil der Exklave auf Kuba nur noch vereinzelt für auf dem Meer aufgegriffene Migranten genutzt.
Ein Bericht der Menschenrechtsorganisation Refugee Rights dokumentierte im vergangenen Jahr menschenunwürdige Bedingungen in der bestehenden Einrichtung für Migranten. Die Regierung Joe Bidens hatte den Plan verworfen, diesen Teil im größeren Stil wieder zu aktivieren. Gitmo sei winzig und sehr abgelegen, hieß es damals.
Der neue US-Verteidigungsminister Pete Hegseth sieht das anders. „Dies ist der perfekte Ort“, erklärte er in einem Fox-Interview nach Unterzeichnung eines entsprechenden Dekrets durch US-Präsident Donald Trump. „Jenseits der Einrichtungen für Terrorverdächtige, die vielen bekannt sind, ist dies eine Marinebasis, die seit Jahrzehnten die Mission hat, Migranten und Flüchtlinge aufzunehmen.“
9/11-Drahtzieher sitzt noch ein
Nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 geriet Guantánamo zum Symbol für das umstrittene Vorgehen der damaligen US-Regierung im sogenannten Krieg gegen den Terror. Von den einst 800 Insassen sind heute noch 15 übrig. Unter ihnen befinden sich der Drahtzieher der 9/11-Anschläge, Khalid Sheikh Mohammed, und der mutmaßliche Planer des Anschlags auf die "USS Cole" der Navy, Abd al-Rahim al-Nashiri.
Von den verbliebenen Häftlingen sind drei für eine Überstellung geeignet, drei warten auf eine Überprüfung ihrer möglichen Freilassung, sieben stehen vor Gericht und zwei wurden bereits verurteilt. Die Pläne Trumps haben zunächst keine Auswirkungen auf deren rechtlichen Status.
„Wir haben 30.000 Betten in Guantánamo, um die schlimmsten kriminellen illegalen Ausländer zu inhaftieren, von denen eine Bedrohung für das amerikanische Volk ausgeht“, erklärte Trump am Mittwoch im Weißen Haus. „Einige von ihnen sind so gefährlich, dass wir ihren Heimatländern nicht einmal zutrauen, sie festzuhalten, weil wir nicht wollen, dass sie zurückkommen.“
Die Ankündigung erfolgte bei Unterzeichnung des „Riley Laken“-Gesetzes, das die Inhaftierung von Einwanderern ohne Papiere bereits bei kleineren Vergehen vorsieht. Das Gesetz trägt den Namen einer 22-jährigen Krankenpflegestudentin aus Georgia, die von einem Venezolaner ohne Aufenthaltsstatus ermordet worden war.
US-Heimatschutzministerin Kristin Noem kündigte die Aufhebung des temporären Schutzstatus für mehr als 600.000 Venezolaner an. „Wir können nicht länger zulassen, dass Menschen illegal einreisen und dann von einem Schutzstatus profitieren, der für echte Notfälle gedacht ist.“ Rechtsexperten erwarten, dass sich Gerichte damit befassen werden, da Ex-Präsident Biden den Status bis 2026 verlängert hatte.
Massenabschiebungen mit Herausforderungen
Die Trump-Regierung steht bei der Umsetzung ihrer Massenabschiebungen vor erheblichen Herausforderungen. „Wir arbeiten rund um die Uhr daran, die Kapazitäten zu erweitern“, erklärte Trumps Grenz-Zar Tom Homan. Guantánamo spiele dabei eine zentrale Rolle. Die Einwanderungspolizei könne für das geplante Lager die Zuständigkeit übernehmen. Momentan verfügt sie über Abschiebehaftplätze für etwa 40.000 Migranten, viele davon in privaten Gefängnissen. Mit der geplanten Nutzung von Guantánamo würde sich die Gesamtkapazität fast verdoppeln. US-Außenminister Marco Rubio wollte bei einem Besuch in El Salvador mit Machthaber Nayib Bukele über die Aufnahme venezolanischer Bandenmitglieder in dessen berüchtigtes Hochsicherheitsgefängnis verhandeln.
US-Bürgerrechtler wie etwa Vincent Warren vom Center for Constitutional Rights warnen davor, Migranten mit Terroristen gleichzusetzen. Er wertete Donald Trumps Anordnung als „düstere Botschaft“. Sie lasse „Migranten und Asylbewerber als neue terroristische Bedrohung erscheinen, die es verdient, in einem Inselgefängnis entsorgt und von rechtlichen und sozialen Diensten und Unterstützungen ausgeschlossen zu werden“ so Warren in der "New York Times".