- Wie kam es zu der außergewöhnlichen Amtshilfe?
- Warum musste Dumas unters Messer? In der siebenköpfigen Schimpansengruppe gibt es zwei weitere – zeugungsfähige – Männer.
- Wie ist die OP verlaufen?
- Wie stehen die Chancen auf baldigen Nachwuchs?
- Beleg dafür wäre zwangsläufig die Schwangerschaft?
Freitag, der 13. – während viele Menschen vor diesem Datum zittern, sollte es für den Schimpansen Dumas im Zoo am Meer in Bremerhaven eine Art Glückstag sein. Für den Direktor der Urologischen Klinik am Klinikum Bremen-Mitte, Sebastian Melchior, war es der Tag eines außergewöhnlichen Einsatzes. Am vergangenen Freitag ist der Professor mit einem OP-Team in den Zoo gereist, um die Samenleiter von Schimpanse Dumas wieder miteinander zu verbinden. Diese waren vor 21 Jahren bei einer Sterilisation durchtrennt worden – jetzt die Rolle rückwärts.
Wie kam es zu der außergewöhnlichen Amtshilfe?
"Als die Anfrage kam, habe ich kurz gedacht, ob es irgendwo versteckte Kameras gibt", sagt Urologe Melchior. "Als wir erfahren haben, dass diese Schimpansen-Art vom Aussterben bedroht ist, waren wir uns relativ schnell einig: Wenn man die Möglichkeit hat, einen Beitrag dazu zu leisten, dass eine bestimmte Affenart nicht ausstirbt, sollte man die natürlich nutzen."

Für den Direktor der Urologischen Klinik am Klinikum Bremen-Mitte, Professor Sebastian Melchior, war der Einsatz im Tier-OP eine Premiere.
Für das Team aus Klinikleiter, Oberarzt und OP-Pflegekraft sollte es die erste Tier-OP sein, die im Zoo außerdem unter ganz anderen Voraussetzungen stattfinden würde. "Ansonsten ist nicht viel anders", betont der Professor. "Die anatomischen Voraussetzungen bei Schimpansen und Menschen sind relativ ähnlich." Der Körper der Affen sei insgesamt zwar etwas kleiner, die Hoden etwas größer als beim Menschen. Beim Eingriff gebe es keine wesentlichen Unterschiede.
Diese Ähnlichkeit hat unter anderem den Ausschlag für die Bitte um Amtshilfe gegeben, wie Zoo-Tierarzt und Kurator Fabian Müller-Trefzer betont. "Dazu kommen Routine und Expertise der Klinik-Urologen. Die Samenleiter, die man verbindet, sind unglaublich klein, das ist eine Fisselarbeit. Im Zoo kommt dieser Eingriff in der Regel auch nicht vor." Daher sei die Wahl auf die humanmedizinischen Kollegen gefallen.

Seit Oktober 2024 ist Fabian Müller-Trefzer neuer Tierarzt und Kurator im Zoo am Meer.
Warum musste Dumas unters Messer? In der siebenköpfigen Schimpansengruppe gibt es zwei weitere – zeugungsfähige – Männer.
Einer von ihnen ist Chico. "Er ist so alt, dass er inzwischen in der Gruppe gestürzt wurde", erklärt der Tierarzt. Der Senior werde toleriert, sei aber nicht mehr Chef. Der jüngere Ndutu werde von Dumas kurzgehalten. "Damit ist Dumas der Zuchtmann – und weil er noch alle Hormone hat, ist er auch der Meinung, dass er das noch kann." Der am 21. April 1995 geborene Dumas beanspruche die Schimpansen-Damen für sich. "Daher haben wir entschieden, ihn zur refertilisieren."
Weil Dumas immer wieder seine Mutter Jenny bestiegen habe, seien im Jahr 2003 seine Samenstränge durchtrennt worden. "Um Inzucht zu verhindern", erklärt Müller-Trefzer. "Man kann kastrieren oder sterilisieren. Risiko beim Kastrieren: Werden die Hoden entfernt, fehlt das Testosteron, was einen Einfluss auf die Stabilität der Gruppe haben kann." Daher habe man sich damals für das Sterilisieren entschieden. Vorteil sei, dass dies rückgängig gemacht werden könne. "Sind die Hoden entfernt, ist es vorbei", so der Tierarzt.
Wie ist die OP verlaufen?
"Vom mikrochirurgischen Eingriff her lief alles, wie geplant", berichtet Melchior. "Wir konnten die Samenleiter direkt wieder miteinander verbinden." Der Eingriff habe etwa drei Stunden gedauert.
Am OP-Tag sei Dumas bis abends noch müde gewesen. "Das ist okay, es war eine lange Narkose. Am Sonnabend war er wieder voll da, sodass wir ihn zur Gruppe gelassen haben", so Müller-Trefzer. Ein nicht ganz unkritischer Moment. "Immerhin könnten sich die anderen Männer überlegt haben: 'Jetzt, wo der Chef weg ist, könnte ich selbst mal Chef spielen.'" Rangeleien oder Schiebereien habe es nicht gegeben, Dumas sei nach wie vor der Chef. "Er macht so Schimpansen-Dinge wie Essen, sich mit seinen Kollegen prügeln und wieder mit ihnen verstehen. Alles unauffällig."

Etwa drei Stunden hat die Operation, bei der die Samenleiter wieder miteinander verbunden wurden, gedauert.
Wie stehen die Chancen auf baldigen Nachwuchs?
"Wenn die OP beim Menschen so läuft, wie sie hier gelingen konnte, liegen die Chancen auf eine spätere Zeugungsfähigkeit zwischen 70 und 90 Prozent", erklärt Melchior. Eine gute Ausgangslage. Dumas hat ein Auge auf Lizzy geworfen, eine von zwei Schimpansen-Ladys, die aus England stammen. "Letzten Endes müssen wir schauen, ob er Lizzy deckt – wobei er das regelmäßig vorher gemacht hat. Dabei ist bloß nichts passiert. Die spannende Frage ist jetzt, ob etwas passiert", so der Zoo-Tierarzt.
Beleg dafür wäre zwangsläufig die Schwangerschaft?
"Grundsätzlich ja – plus genetischem Nachweis, dass Dumas tatsächlich der Papa ist", betont Müller-Trefzer. Die Konkurrenz schlafe nicht. Der jüngere Ndutu – Jahrgang 2008 – sei im "Flegelalter" und habe Chef-Ambitionen. "Wenn der die Chance wittert, kann es sein, dass er mal schneller ist. Dumas kann seine Augen nicht überall haben."