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Gastbeitrag zu Rüstungspolitik Bundeswehr darf sich nicht von der Industrie abhängig machen

Nicht fliegende Flugzeuge, nicht schwimmende Schiffe und Gewehre, die um die Ecke schießen: Bundestagspolitikerin Katja Keul über die Fehler der Bundeswehr.
22.03.2019, 20:28 Uhr
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Von Katja Keul

Man kann es nicht mehr hören: Flugzeuge und Hubschrauber, die nicht fliegen, Schiffe, die nicht schwimmen und Gewehre, die um die Ecke schießen. 2013 haben wir Parlamentarier im Euro-Hawk-Untersuchungsausschuss erstmals einen der Entwicklungsverträge mit der Industrie zu Gesicht bekommen und uns verwundert die Augen gerieben: Der Staat bestellt für eine halbe Milliarde die Entwicklung eines Gerätes ohne jede Gewährleistung. Die Industrie unterschreibt gerne. Am Ende hat es dann leider nicht geklappt. Die halbe Milliarde ward nicht wieder gesehen. Alle waren empört.

Große Hoffnungen lagen danach auf der neuen Ministerin und ihrer Staatssekretärin, die angetreten waren, um mal richtig aufzuräumen. Heute finden wir uns erneut in einem Untersuchungsausschuss wieder, weil private Berater ohne die erforderliche Ausschreibung, also gesetzeswidrig, beauftragt worden sind. Wenn doch die gesetzeswidrige Beratung wenigstens irgendwelche Ergebnisse gebracht hätte!

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Auch ein regierungsinterner Expertenrat hat soeben grundlegende Strukturreformen abgelehnt. Man wolle lieber mehr Leute einstellen und die alten Strukturen behalten. Und jetzt soll auch die Bundeswehr selbst größer werden nach dem Motto: „Mehr bringt mehr“. Das dürfte allerdings vorrangig für die Industrie und weniger für die Fähigkeiten der Streitkräfte gelten.

Es ist der Industrie schon lange ein Dorn im Auge, dass die Bundeswehr ihr Material selber repariert. Deswegen sollen unter anderem die Panzerwerkstätten der Heeresinstandhaltung privatisiert, sprich an den Hersteller Rheinmetall veräußert werden, der dann über ein lukratives Monopol verfügt. Es liegt aber weder im Interesse des Steuerzahlers, noch der Streitkräfte, wenn die Bundeswehr diese Fähigkeiten aufgibt und sich komplett von der Industrie abhängig macht.

Nicht viel besser sieht es bei den fliegenden Geräten aus. Auf die Frage, warum von 58 NH90-Hubschraubern nur 13 einsatzbereit sind, antwortete die Bundesregierung: „Die bisher mit der nationalen Industrie vereinbarten Instandhaltungsverträge erwiesen sich allerdings in Bezug auf Planbarkeit und Kapazität als nicht ausreichend und wurden im Jahr 2018 durch einen leistungsbasierten Instandhaltungsvertrag ergänzt.“

Als einfache Volksvertreterin übersetze ich das so: Je mangelhafter die Auslieferung, desto mehr kann ich hinterher bei der Instandhaltung rausholen. Wenn die Strukturen nicht mehr in der Lage sind, die hoheitlichen Interessen gegenüber den privaten Interessen auf Augenhöhe zu vertreten, muss man sie dringend verändern.

Zur Person

Zur Person

Unsere Gastautorin Katja Keul ist seit 2009 Bundestagsabgeordnete für Bündnis 90/Die Grünen. Die 49-Jährige ist Juristin und Sprecherin für Abrüstungs- und Rechtspolitik ihrer Fraktion.

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