Die Botschaft war klar: „Der Gebrauch chemischer Waffen ist inakzeptabel und stellt eine Verletzung internationalen Rechts dar“, heißt es in der gemeinsamen Schlusserklärung der EU-Außenminister, die am in Luxemburg zusammenkamen. Selten sind sich die Mitgliedstaaten derart einig. Doch mit dem mutmaßlichen Chemiewaffenangriff vor einigen Tagen war der syrische Machthaber Baschar al-Assad entschieden zu weit gegangen: „Es darf keine Straffreiheit geben, und die Verantwortlichen müssen zur Rechenschaft gezogen werden“, betonten die Chefdiplomaten am Montag.
Bereits am Wochenende hatte Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker klargemacht, dass die Weltgemeinschaft nicht länger zusehen werde: „Es ist nicht das erste Mal, dass das syrische Regime Chemiewaffen gegen Zivilisten einsetzt – es muss aber das letzte Mal sein.“ Dennoch verdeutlichten die Außenminister einmal mehr, „dass es keine militärische Lösung für den Syrien-Konflikt geben kann“.
Genau deshalb bemühte sich Bundesaußenminister Heiko Maas um eine Entschärfung der Lage: Es sei „notwendig, alles dafür zu tun, dass es zu keiner Eskalation kommt“, betonte er bei seiner Ankunft in Luxemburg. Gemeinsam mit seinem französischen Amtskollegen Jean-Yves Le Drian warb er für ein Konzept, mit dem man den „politischen Prozess wieder aufleben lassen“ könne.
Doch genau da liegt das Problem. Die bisherigen Anstrengungen, mithilfe der UN in Genf eine diplomatische Lösung zu finden, führten nirgendwohin. Europas Außenbeauftragte Federica Mogherini wandte sich deshalb am Montag direkt an die Verbündeten Assads: „Das syrische Regime hat sich ernsthaften Verhandlungen in Genf immer widersetzt. Wir rufen deshalb Russland und Iran dazu auf, sich ihren Einfluss auf Damaskus zunutze zu machen.“ Auch Maas betonte, dass eine Lösung „ohne Russland nicht möglich“ sei.
Dass es gelingen kann, den syrischen Machthaber zurück an den Verhandlungstisch zu holen, glaubte zumindest der britische Außenminister Boris Johnson nicht: „Ich fürchte, der syrische Krieg wird in seiner grausamen, widerlichen Art weitergehen.“ Den Einsatz von Kampffliegern der USA, Frankreichs und Großbritanniens, die in der Nacht zum Sonnabend mehrere syrische Entwicklungs- und Produktionsstätten chemischer Waffen in Syrien zerstörten, bewertete er dennoch als richtig: „Es war die Art und Weise der Welt, auszudrücken, dass wir genug von der Nutzung chemischer Waffen haben“, sagte er.
Während Großbritannien die Einbeziehung Russlands in eine dauerhafte Lösung – vor allem auch im Licht des Giftanschlags auf den russischen Ex-Spion Skripal – kritisch sehen dürfte, vertrat die österreichische Außenministerin Karin Kneissel einen ganz anderen Ansatz. „Man muss wirklich mit allen reden“, betonte sie – ganz so, wie ihr Amtsvorgänger und heutiger Bundeskanzler Sebastian Kurz es propagiert hatte. Das schließe ausdrücklich auch Machthaber Assad mit ein. Dafür aber dürfte Kneissel in der Runde ihrer Amtskollegen wenig Zuspruch finden.
Lösung des Konflikts ohne Assad
Bundesaußenminister Maas etwa lehnte das allerdings kategorisch ab: „Es wird eine Lösung geben mit all denen, die Einfluss haben in der Region. Dass jemand, der Chemiewaffen gegen die Bevölkerung einsetzt, ein Teil dieser Lösung sein kann, das kann sich wohl niemand vorstellen“, erklärte er. Ziel müssten ein „Waffenstillstand, Zugang zu humanitären Leistungen“, aber auch eine „Übergangsregierung, Verfassungsreform“ und schließlich Wahlen sein. Wie der politische Prozess wieder in Gang gebracht werden kann, dürfte bei der Brüsseler Konferenz in der kommenden Woche im Zentrum stehen. Titel der Konferenz: „Die Unterstützung Syriens und der Region“.
Am meisten Bewegung versprechen sich Politiker und Diplomaten derzeit von der französischen Friedensinitiative. Paris will Russland, die westlichen UN-Veto-Mächte und zentrale regionale Akteure an einen Tisch bringen. Die Gruppe aus den USA, Großbritannien, Frankreich, Saudi-Arabien und Jordanien solle mit dem Iran, Russland und der Türkei verhandeln, sagte Premierminister Édouard Philippe am Montagabend in der Pariser Nationalversammlung. Ziel der französischen Initiative ist nach Angaben von Diplomaten eine umfassende Resolution für eine landesweite Waffenruhe und einen gesicherten Zugang für humanitäre Helfer in Syrien.
Nach Auffassung der CDU-Spitze sollte Bundeskanzlerin Angela Merkel eine wesentliche Vermittlungsrolle mit Russland übernehmen. „Ich bin entschieden dafür, dass wir die Gesprächskanäle, die wir mit Russland haben, auch aktiv nützen“, sagte Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer nach Sitzungen der CDU-Spitzengremien in Berlin. „Das ist sicherlich auch etwas, wo die Kanzlerin eine entscheidende Rolle spielen kann.“ Das habe sie beim Konflikt mit Russland in der Ukraine bewiesen.
Die Bundesregierung sieht allerdings keine langfristige Lösung des Syrien-Konflikts mit Präsident Baschar al-Assad. In der Übergangsphase müsse man „mit den Realitäten umgehen“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. „Eine langfristige Lösung des Syrien-Konflikts ist nach unserer Vorstellung nur ohne Assad vorstellbar.“
Die EU-Staaten haben sich trotz starken Drucks der USA vorerst nicht auf neue Sanktionen gegen den Iran einigen können. Bei dem Außenministertreffen in Luxemburg scheiterten Deutschland, Frankreich und Großbritannien am Montag mit dem Versuch, die Zweifel von Ländern wie Italien am Sinn einer solchen Maßnahme auszuräumen. Die Verhandlungen sollen aber fortgesetzt werden. "Wir sind nicht einverstanden mit der Rolle, die der Iran in Syrien spielt", kommentierte Bundesaußenminister Heiko Maas nach dem Ende der Beratungen.
Das gelte für das ballistische Raketenprogramm des Landes, aber auch für dessen Beteiligung am Bürgerkrieg in Syrien. Die neuen Sanktionen sollen den Plänen zufolge gegen Personen, Organisationen und Unternehmen erlassen werden, die für die aus EU-Sicht konfliktfördernde Politik des Irans verantwortlich sind oder diese federführend umsetzen. Unter ihnen könnte auch die vom Iran maßgeblich unterstützte Schiitenmiliz Hisbollah sein, die im Syrien-Konflikt an der Seite von Machthaber Baschar al-Assad steht.