Die beiden Angeklagten sollen zu einer Bande von Trickbetrügern gehören, die ältere Menschen am Telefon so sehr unter Druck setzen, dass sie den Gaunern freiwillig Geld und Schmuck aushändigen. Ein Delikt, das den arbeitsteilig und hochprofessionell vorgehenden Tätern in der Regel nur schwer nachzuweisen ist. Nicht so in diesem Fall: Zum Verhandlungsauftakt am Mittwoch vor dem Landgericht willigten beide in eine sogenannte Verständigung ein – ein Deal mit Staatsanwaltschaft und Gericht, der das Verfahren erheblich abkürzen soll: Die beiden Männer legen Geständnisse ab und erhalten dafür im Gegenzug die Zusicherung, dass ihre Strafe auf Bewährung ausgesetzt wird.
Beide sollen die Masche „falscher Polizist“ verwendet haben: Die Betrüger geben sich am Telefon als Polizisten aus und warnen ihre Opfer vor einem drohenden Einbruch. Dadurch verunsichern und verängstigen sie die Senioren so sehr, dass diese den falschen Polizisten Wertsachen wie Schmuck und Bargeld aushändigen, um sie vor den angeblichen Einbrechern zu schützen.
Die Polizei Bremen spricht hierbei von SÄM-Delikten (Straftaten zum Nachteil älterer Menschen). Die Täter machten sich dabei gezielt die mit zunehmendem Alter häufig steigende Vereinsamung sowie körperliche und geistige Leiden ihrer Opfer zunutze, erläutert Sprecher Nils Matthiesen. Über 800 SÄM-Delikte wurden im vergangenen Jahr angezeigt, wovon aber 60 Prozent bereits im Versuchsstadium scheiterten. Die Masche „falscher Polizist“ wurde 2016 in 288 Fällen registriert, 2015 waren es 95.
Schmuck in Mülltonne versteckt
Die Angeklagten, 29 und 25 Jahre alt, sind laut Staatsanwaltschaft Teil eines bereits 2015 aufgedeckten groß angelegten Betrugssystems, das seinen Ausgangspunkt in der türkischen Stadt Izmir hat. Von dort wird aus Callcentern täglich mit Tausenden von Anrufen versucht, Senioren in ganz Deutschland zu betrügen. Dem älteren Angeklagten wirft die Staatsanwaltschaft zwei Taten vor, begangen im Juli und August 2014. Er soll einer der Täter gewesen sein, die als falsche Polizisten eine 89-Jährige am Telefon vor einem Einbruch warnten. Sie wurde aufgefordert, ihren Schmuck zum Schutz in einem Mülleimer vor dem Haus zu verstecken. Dort werde ihn die Polizei sicherstellen.
Tatsächlich folgte die 89-Jährige diesen Anweisungen und deponierte ihren Schmuck aus Angst vor dem vorgespiegelten Einbruch in der Mülltonne. Der Angeklagte habe daraufhin die Abholung des Schmuckes organisiert, sagt die Staatsanwaltschaft.
Die zweite Tat spielte sich nach demselben Muster ab. Wieder hieß es, dass ein Einbruch unmittelbar bevorstehe, wieder wurde eine ältere Frau aufgefordert, Wertsachen auf dem Grundstück ihres Hauses zu verstecken, wo diese dann von einem „Kollegen in Zivil“ abgeholt werden sollten – in diesem Fall der zweite Angeklagte. Und wieder folgte das Opfer den Anweisungen der Betrüger, die dadurch Wertgegenstände und Geld im Wert von insgesamt 4000 Euro erbeuteten. Die Höhe der Beute im ersten Fall konnte die Staatsanwaltschaft nicht ermitteln.
Einen Hinweis darauf, welche Summen bei dieser Art von Trickbetrügereien im Spiel sind, lieferte am Mittwoch ein Detail der Verhandlung. Der 29-jährige Angeklagte erklärte sich auf Frage der Vorsitzenden Richterin damit einverstanden, dass nicht nur zwei bei ihm sichergestellte Tatfahrzeuge eingezogen werden, sondern auch Bargeld – in Höhe von 37 478 Euro.
Angesichts der zu erwartenden Strafen in diesem Fall brachte die Vorsitzende Richterin am Mittwoch eine Verständigung ins Spiel, worauf sich Staatsanwalt und Verteidiger einließen. Demnach wird das Urteil für den 29-Jährigen zwischen eineinhalb und zwei Jahren Haft auf Bewährung lauten und für seinen Komplizen zwischen sechs und 15 Monaten. Vorausgesetzt, sie legen Geständnisse ab, was einer der Verteidiger des älteren Angeklagten für die nächste Sitzung ankündigte. Der Prozess wird am 26. April fortgesetzt.