Das Angebot von CDU-Chef Friedrich Merz an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), gemeinsam über mögliche Änderungen der Asylgesetzgebung zu beraten, ist natürlich ein Stück weit vergiftet. Wäre der Kanzler den Lockrufen des Oppositionsführers gefolgt, hätte das die Aufkündigung der Ampelkoalition bedeutet. Im Koalitionsvertrag ist eindeutig festgelegt, dass dieses Bündnis trotz aller Meinungsverschiedenheiten gemeinsam im Bundestag abstimmt. Dass FDP und Grüne mit gespielter Empörung auf das Angebot von Merz reagierten, ist auch nur halbehrlich. Bei der Taurus-Frage hatten Abgeordnete der beiden Parteien keine Hemmungen, mit der Opposition zu stimmen.
Doch abgesehen von den üblichen parteipolitischen Ränkespielchen: Der Bundeskanzler war gut beraten, das Verhandlungsangebot des CDU-Vorsitzenden nicht abzulehnen, sondern die Runde um die beteiligten Ministerien und um die Vorsitzenden der Ministerpräsidentenkonferenz zu erweitern. Damit bindet Scholz sowohl seine grünen und liberalen Koalitionspartner ein, die Opposition wäre dagegen sowohl mit dem vorgesehenen Unterhändler Thorsten Frei als auch mit dem hessischen Ministerpräsidenten Boris Rhein prominent vertreten, letzterer hatte mit seinem lösungsorientierten Herangehen den Kompromiss bei der Bezahlkarte ermöglicht.
Daher stehen die Chancen gut, dass sich Bund und Länder schnell auf notwendige Gesetzesänderungen verständigen und zu Lösungen kommen, die das Ausmaß der irregulären Migration nach Deutschland begrenzen. Da ist ohnehin in erster Linie eine konsequente Umsetzung der bereits bestehenden Gesetze gefragt. Auch die Grenzkontrollen, die die Union zur Abweisung von bereits in Europa registrierten Asylbewerbern fordert, lässt Innenministerin Nancy Faeser (SPD) bereits seit Monaten durchführen. Angesichts der Zahlen von weit über 300.000 Asylbewerbern pro Jahr dürfte sich eine nationale Notlage jederzeit in Brüssel begründen lassen.
Sowohl die Ampelkoalition als auch die Union haben kein Interesse daran, das Thema Asyl und Migration in den Bundestagswahlkampf im kommenden Jahr zu schleppen. Das dürfte nur den Rechts- und Linksextremen in AfD und BSW helfen. Daher wären die Parteien der demokratischen Mitte gut beraten, dieses Thema endlich abzuräumen.