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Aktionsplan des Ministers Wie Lauterbach die Zahl der Hitzetoten halbieren will

Tausende Menschen sterben in Deutschland, wenn das Land unter extremer Hitze stöhnt. Nun will der Bundesgesundheitsminister die Zahl der Hitzetoten drastisch senken.
28.07.2023, 14:17 Uhr
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Von dpa

Mit mehr Hitzeschutz in Deutschland will Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) eine Halbierung der Zahl der Hitzetoten bereits in diesem Jahr erreichen.

Es sei von über 8000 Hitzetoten bundesweit im vergangenen Jahr auszugehen, sagte Lauterbach in Berlin. „Wir haben das Ziel, die Zahl der Sterbefälle in diesem Jahr zu halbieren, also unter 4000 zu halten“, kündigte Lauterbach an. Eine Auswertung des Robert Koch-Instituts habe ergeben, dass allein von Mitte April bis Mitte Juli dieses Jahres von 1500 Hitzetoten in Deutschland auszugehen sei.

Hitzeschutzplan verabschiedet

Der bereits angekündigte Hitzeschutzplan seines Hauses sei nun verabschiedet worden. Das neue Konzept umfasst laut dem SPD-Politiker verschiedene Vorhaben in Zusammenarbeit mit dem öffentlichen Gesundheitsdienst, den Hausärzten, den Krankenhäusern, den Pflegeeinrichtungen, den Kommunen und den Ländern.

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Verstärkt gewarnt werden solle die Bevölkerung über den öffentlichen Rundfunk. So habe er gemeinsam mit Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) die öffentlichen Rundfunkhäuser angeschrieben. Das Ziel: Informationen zu Hitzeschutz und Hitzewarnungen sollten verstärkt in den Nachrichten verankert werden. Hitzewellen würden dafür vorab vom Deutschen Wetterdienst identifiziert.

„Wir sind auch dabei, direkte Warnungen auszuspielen für extreme Hitzesituationen“, sagte Lauterbach. Dies solle über SMS-Nachrichten und die offizielle bundesweite Nina-Warnapp geschehen.

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Bei der Erhebung der Zahl der Hitzetoten wird verglichen, wie viele Menschen mehr in Wochen mit hohen Temperaturen sterben als in vergleichbaren Wochen. Das Barcelona Institute for Global Health war von mehr als 8170 hitzebezogenen Todesfällen im Sommer 2022 in Deutschland ausgegangen. In ganz Europa waren es der Erhebung zufolge mehr als 60.000.

Frankreich als Vorbild

Im engen Austausch sei man auch mit den französischen Behörden. Bereits zuvor hatte Lauterbach Frankreich als Vorbild für einen Hitzeschutzplan genannt. Im Nachbarland gibt es vier Warnstufen. In der höchsten sollen Kommunen den Zugang zu Schwimmbädern und Stränden erleichtern, Wasser verteilen oder den Sportunterricht an Schulen streichen. Der deutsche Hitzeschutzplan entspreche nun zu 80 Prozent dem, was auch in Frankreich gemacht werde, sagte Lauterbach.

Deutschlands Hausärzte wollen ihre Patientinnen und Patienten verstärkt auf die Notwendigkeit von Hitzeschutz ansprechen. „Um was es im Kern geht, ist neben dem Herstellen von einem Bewusstsein, dass Hitze eine Gefährdung für die Gesundheit darstellen kann in verschiedenen Situationen, dass es auch eine individuelle Ansprache gibt“, sagte der Vorsitzende des Deutschen Hausärzteverbandes, Markus Beier. So trinken laut Beier beispielsweise oft gerade chronisch kranke Ältere zu wenig - unter anderem, weil sie etwa glaubten, bei Herzschwäche solle man nicht zu viel trinken. Hier sei Aufklärung zentral.

Neben älteren Menschen und chronisch Kranken sieht Lauterbach Schwangere und Obdachlose besonders von steigender Hitze betroffen. Lauterbach verwies auch auf ein neues Informationsportal seines Hauses, mit dem vor allem Kommunen Hinweise zum Hitzeschutz finden können.

Zur Sache

Das planen Bremen und Niedersachsen

Das Land Bremen will bis Ende dieses Jahres einen Hitzeaktionsplan für die beiden Stadtgemeinden Bremen und Bremerhaven vorlegen, 2024 soll mit der Umsetzung begonnen werden, teilte der Senat im Juni mit. Im Blick seien vor allem Menschen mit einem erhöhten gesundheitlichen Risiko, die vor zu starken Hitzebelastungen geschützt werden müssten. Dazu zählen laut der Mitteilung ältere und pflegebedürftige Menschen, vor allem, wenn diese alleine leben, chronisch Erkrankte, Schwangere und Säuglinge, Beschäftigte, die körperlich im Freien arbeiten, Menschen in schlecht isolierten Gemeinschaftsunterkünften, Wohnungslose sowie Kinder und Jugendliche. Außerdem sollen Stadtteile und Quartiere identifiziert werden, in denen bei Hitze die Belastung besonders groß sei, etwa aufgrund schlechter Bausubstanz, einer hohen Bebauungsdichte oder fehlender Grünflächen.

Das Land Niedersachsen möchte seine Kommunen beim Aufbau von „blau-grünen Infrastrukturen“ unterstützen. Das kündigte ein Sprecher von Umweltminister Christian Meyer (Grüne) auf Anfrage des WESER-KURIER an. „Mit der Schaffung von Wasser- und Grünflächen, aber auch grünen Fassaden und Dächern sowie dem Pflanzen von Bäumen können wir das Klima in der Stadt verbessern und für Kühlung und Verschattung sorgen.“ Gerade die Kühlung der Städte werde in Zukunft immer wichtiger, besonders wenn es um den Schutz der besonders vulnerablen Gruppen gehe.

Niedersachsen hat bereits im Dezember 2021 eine umfassende Strategie zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels veröffentlicht. Diese enthält auch umfassende Leitlinien auch zu Hitzeaktionsplänen. „Zuständig sind in erster Linie die Kommunen. Aber wir lassen die Kommunen dabei nicht allein“, sagte der Sprecher. Das Land gebe Hilfestellungen und Förderungen für bestimmte Aspekte wie kommunales Wassermanagement, Begrünung oder bei gesundheitlichen Fragen. Es gehe langfristig darum, in den Städten das Klima besser zu regulieren. „Insbesondere  gepflasterte und versiegelte Flächen heizen sich und ihre Umgebung stark auf. Wir müssen unsere Städte daher natürlicher und damit auch resilienter gestalten.“ Daher appelliere man an die niedersächsischen Kommunen, Hitzeaktionspläne aufzulegen und umzusetzen. 

Zum Schutz älterer und kranker Menschen empfehlen Gesundheitsministerium und Landesgesundheitsamt allen Pflegeeinrichtungen und pflegenden Angehörigen in Niedersachsen das Hitzewarnsystem des Deutschen Wetterdienstes (DWD).  Per E-Mail-Newsletter können die Hitzewarnmeldungen des DWD kostenfrei abonniert werden.

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